Essen. Lars Faltyn (10) ist einer der wenigen seiner Art in einer absoluten Mädchendomäne: Er liebt Pferde, will professioneller Dressurreiter werden und besuchte am Wochenende die „Equitana“ nicht etwa, um seine Mutter zu begleiten.
Das Leben ist ein Ponyhof. Jedenfalls für sämtliche Mädchen so zwischen fünf und fünfzehn. In deren rosaroter Plüschwelt liegt nämlich alles Glück der Erde auf dem Rücken der Pferde. Dass man sich aber durchaus mit der Behauptung vergaloppieren kann, dass der Reitsport einzig und allein aus pferdeverrückten Wendy-Abonnentinnen besteht, beweist Lars Faltyn. Der Zehnjährige war am Samstag einer der wenigen seiner Art, der nicht seine Mama auf die „Equitana“ begleiten musste, sondern umgekehrt.
Ponyreiten, Western-Shows, zig Stände rund ums Striegeln, Putzen und Betüddeln der Vierbeiner – in den Messehallen an der Norbertstraße werden dieser Tage wieder (Mädchen)Träume wahr. Zugegeben sind es doch gemeinhin die leuchtenden Augen weiblicher Besucher, in die man dort blickt. Doch bei Lars Faltyn verrät schon seine Mütze mit Hufeisen-Stickerei, dass er nicht von Mama mitgeschleppt wurde. „Ja er reitet und steht auch dazu“, stellt diese nämlich direkt mal klar, so als müsse sie das Hobby ihres Sohnes irgendwie verteidigen.
Eine unüblicher Berufswunsch
Muss sie aber nicht. „Fußball war nix für mich“, sagt der Realschüler aus Borken achselzuckend. Geigespielen habe er auch mal versucht, aber als ihn seine Mutter vor zwei Jahren das erste Mal mit zum Reiterhof nahm, fühlte sich der damals Achtjährige direkt aufs richtige Pferd gesetzt. „Ich will Dressurreiter werden“, ist er sich sicher. Und als der Fünftklässler genau das kürzlich in seinem Steckbrief unter „Berufswunsch“ eintrug, staunten die Klassenkameraden nicht schlecht. „Die haben schon blöd geguckt, aber das macht mir nichts“, sagt Lars. Mit seinen Freunden, die in dieser Kategorie „Polizist“ und „Actionheld“ favorisieren, über Pferde zu reden, „nein, das ist sinnlos“, lacht der Schüler. Zwei Mal in der Woche nimmt er zusammen mit Schulpferd „El Chico“ am Unterricht im Reitverein in Heiden teil, viele Stunden seiner Freizeit verbringt er am Stall.
Dass er in einem Alter, in dem Mädchen doof sind, die meiste Zeit mit solchen verbringt, liegt in der Natur der Sache: „Von bundesweit rund 720.000 Reitsportlern in Vereinen sind über 70 Prozent weiblich“, weiß Mike Seidensticker von „Reed Exhibitions“, dem Veranstalter der „Weltmesse des Pferdesports“, der Equitana. Der habe sich in den vergangenen Jahrzehnten zur Frauendomäne entwickelt, „Jungen sind in der absoluten Minderheit“, so der Veranstalter. Das bestätigt auch Thomas Blass, der den Rahmannshof in Überruhr seit Jahren auf der Messe vertritt. Knaben verirren sich kaum an seinen Stand in Halle 10, ebenso auf seinem Gestüt mit 80 Pferden: „Bei uns sind 90 Prozent Mädchen am Stall“, so Blass, „Jungs fangen wenn überhaupt erst später an, und dann meist Leistungsorientiert.“ Mädchen fänden die Tiere meistens hauptsächlich „süß“.
Vertrauen will erarbeitet sein
Auch Lars ist der einzige (reitende) Junge in seinem Verein, der insgesamt rund 500 Mitglieder hat. Auch für ihn zählt der Reitsport, die Arbeit mit dem Tier, an sich: „Zum Knuddeln hab ich meine Kaninchen.“ Beim klassischen Reitstil, geht es um Körperhaltung und Konzentration – und um die Kontrolle über das Tier. Weil er eine gute Haltung hoch zu Ross mache, sei Dressur genau das Richtige für ihn, damit will er später Geld verdienen. Eine Dressurausrüstung, die mit mehreren Hundert Euro zu Buche schlägt, kann er sich (noch) nicht leisten. Noch teilt er Helm, Stiefel, Handschuhe mit Mama.
Seine Faszination erklärt der Zehnjährige so: „Das Tolle ist, dass man sich das Vertrauen seines Pferd erarbeiten muss, und sowas wie eine Freundschaft aufbauen muss.“ Das sei eben nicht wie Fußballspielen, wo man nur einem schnöden Ball hinterherjagen muss.
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