In bester Partylaune feierten Schwule und Lesben ihren Christopher Street Day auf dem Kennedyplatz.Das Fest bot auch Raum für ernste Töne und erinnerte an die zahllosen HIV-Opfer in der Schwulenszene

Am Samstag gehörte der Kennedyplatz wieder ihnen: den Paradiesvögeln und schrägen Typen, den Jungs in Lederkluft und Mädels mit Blumenkränzen und allen, die das große Fest der gleichgeschlechtlichen Liebe mitfeiern wollten. Eine City im Ausnahmezustand.

Für Stimmung auf der Bühne sorgten unter anderen die lesbische Kabarettistin Erna Schmidtmann und der Liedermacher Wilhelm Leithold alias "Willow", eine Art Reinhard Mey mit schwuler Zielgruppe. Was gegen zwölf Uhr noch schleppend anlief, entwickelte sich im Laufe des Nachmittags zu einem ausgelassenen Volksfest, bei dem auch manche "Hete" auf ihre Kosten kam. Für Homosexuelle ist das Event nicht nur eine Gelegenheit, unter den Farben des Regenbogens ausgiebig zu flirten und zu feiern. Vielen geht es auch um die politische Signalwirkung, hier einfach nur präsent zu sein. Verstecken musste man sich lange genug. "Es ist ja schon ein Politikum, dass es den CSD überhaupt geben muss," so Dietrich Detmann, einer der Organisatoren.

Neben dem Spaßfaktor soll die Veranstaltung nach wie vor Aufklärungsarbeit über homosexuelles Leben in der Stadt leisten und das Thema Aids ins öffentliche Gedächtnis rufen. So stand das Straßenfest ganz im Zeichen der Aidshilfe. Satte 70 Prozent der Stände verkauften ehrenamtlich zugunsten der Organisation, darunter etwa die Leute vom "Cafe? Iks", ein Projekt der Aidshilfe Essen, bei dem sich HIV-Infizierte in einem zwanglosen Rahmen zum Erfahrungsaustausch treffen können. So erinnerte auch die stimmungsvolle Schweigeminute um 16 Uhr an die HIV-Infizierten, die ein Bestandteil der Szene sind und nicht vergessen werden sollen. Hunderte Luftballons mit dem roten Schleifchen stiegen als Zeichen der Solidarität in den Himmel empor.

Grund zu feiern hatte auch Bürgermeisterin Annette Jäger. Als erste Preisträgerin nahm sie den "Blütenfest-Award" für ihr unermüdliches Engagement für Schwule und Lesben in Empfang. Dass Essen in Sachen Homosexualität heute deutlich weltoffener und bunter ist als noch vor einigen Jahren, so der Tenor, sei zum großen Teil ihr zu verdanken. Das sei nicht immer so gewesen. 1996 lud Jäger zum runden Tisch ein, um die Chancengleichheit und Lebensverhältnisse für Essener Schwule und Lesben zu verbessern. "Ich fühle mich sehr geehrt. Vor allem ist es schön, die erste zu sein, die diesen Preis entgegen nehmen darf," so die Bürgermeisterin. Auch Christian Stratmann, der die Laudatio hielt, weiß ihre Verdienste zu schätzen: "Annette Jäger hat viele Entwicklungen durch ihr Engagement angestoßen, obwohl sie damals auch oft unterschätzt worden ist."

Mit dem Besucherandrang sind die Veranstalter insgesamt zufrieden. Für nächstes Jahr ist sogar eine Parade nach Kölner Vorbild im Gespräch.