Essen. Skateboard-Urgestein Titus Dittmann stellte seinen Film „Brett vorm Kopp“ im Glückauf-Haus vor - und weckte damit bei vielen Essenern Erinnerungen. Da wurden mit Flanellhemden bedeckte Schultern geklopft und Kinder vorgestellt, die im Begriff sind, in die (von Skateschuhen breiten) Fußstapfen ihrer Eltern zu treten.

Bei dem ein oder anderen glitzern graue Haare unter Kappe oder Kapuzenpulli. Kreuzbänder und Meniskus spielen bei vielen auch nicht mehr so mit wie vor zehn, zwanzig Jahren: „Das Brett musste ich wegen meiner Knie irgendwann an den Nagel hängen“, sagt etwa Christian Turra (35). Was das Publikum im Glückaufhaus an diesem Abend eint, ist dabei weit mehr als eine gemeinsame Skater-Vergangenheit: „Es ist eine Lebenseinstellung“, bringt es Tim Klötzing auf den Punkt - gemeinsam mit Ollie Noack Geschäftsführer der Werbeagentur Breitengrat. Sie haben mit Titus Dittmann den Mann nach Essen geholt, der die Skaterszene in Deutschland aufbaute.

Rampen hinterm Autohaus

Die Film-Biografie „Brett vorm Kopp“ zeichnet ein beeindruckendes Bild vom Leben des mittlerweile 64-Jährigen, dessen Name längst eine Marke für sich ist. „Wer sein Lebensziel früh erreicht, der hat es wohl nicht hoch genug gesetzt“, sagt Dittmann, der mit den Monster-Masterships über zwei Jahrzehnte lang einen der weltweit wichtigsten Skateboard-Contests organisierte, eines der größten Unternehmen für Skateboard-Zubehör aufbaute und heute mit seiner Stiftung „Skate Aid“ das Sportgerät, das eine ganze Generation prägte, als Werkzeug der Entwicklungshilfe in Ländern wie Afghanistan nutzt.

„Ein richtig oldschooliges Kino“, freut sich Titus Dittmann, als er den im Stil der Fünfziger hergerichteten Saal betritt. Essen hat für ihn in den vergangenen Jahrzehnten keine unbedeutende Rolle gespielt, die Skaterszene war und ist hier sehr aktiv. „Anfang der Achtziger war ich zum ersten Mal hier, Klaus Peter Reintges hatte damals auf dem Hof des Autohauses seiner Eltern einen Platz mit Halfpipes und Rampen aufgebaut“, erinnert sich Dittmann.

Heute ist Reintges selbst Geschäftsführer des Autohauses. Den ureigenen Individualismus der Skaterszene, den verbirgt aber auch der Anzug des ehemaligen deutschen Skate-Meisters an diesem Abend nicht. Ebenso wenig wie bei seinem Kumpel Friedrich Brus, den seine Freunde früher nur „Fridde“ nannten. Heute ist der Essener Anwalt und Notar und unterstützt als Vorstandsvorsitzender von Skate Aid e.V. das Ansinnen Dittmanns, die Welt mit Brettern besser zu machen. „Ich fahre auch selbst noch ab und an. Dafür wird man nie zu alt, es sei denn, die Gesundheit spielt nicht mehr mit“, verrät der 41-Jährige.

"Skateboarden ist mehr als ein Sport"

Der Kinoabend hat etwas von Familienzusammenführung: „Viele der Leute hier habe ich zum letzten Mal in den Neunziger im Skatehouse gesehen“, sagt Tim Klötzing, dessen Mutter mit der Skatehalle an der Max-Keith-Straße damals einer ganzen Szene ein Zuhause gab. Mit Flanellhemden bedeckte Schultern werden geklopft, über alte Skater-Glanz-Zeiten an der Freiheit geplaudert und Kinder vorgestellt, die im Begriff sind, in die (von Skateschuhen breiten) Fußstapfen ihrer Eltern zu treten. „Skateboarden ist mehr als ein Sport. Musik, Kleidung, Einstellung - das gehört alles dazu. Außerdem bringt es Menschen zusammen. Und Titus ist eben der Ur-Vater, der Film absolutes Pflichtprogramm“, sagt Sandro Neldner (39).

Die Falten Dittmanns verziehen sich nach dem Film zu einem breiten Lachen. Irgendwie sind die minutenlang applaudierenden Zuschauer - zumindest im ideologischen Sinne - alle seine Kinder.