Essen. . Der renommierte Verwaltungsjurist Janbernd Oebbecke sieht für die Initiative „Kulturgut“ keine Chance. Oberbürgermeister Reinhard Paß will sich dem anschließen - und die Sparpläne im Kulturressort jetzt umsetzen. Müssen die Initiatoren der Unterschriftenlisten ihre Hoffnung nun aufgeben?
Die Initiatoren des Bürgerbegehrens „Kulturgut“ können die Hoffnung begraben, dass ihre Unterschriftenlisten das Sparpaket der Stadt in Teilen aus den Angeln heben. So jedenfalls sieht es der renommierte Verwaltungsjurist und Direktor des Kommunalwissenschaftlichen Instituts in Münster, Janbernd Oebbecke, der gestern im Rathaus sein Rechtsgutachten offiziell vorstellte. Wie die WAZ Mediengruppe bereits berichtete, stärkt dieses Gutachten die Position und Entscheidungshoheit des Oberbürgermeisters und schwächt die des Rates, und das heißt als Folge: Es schwächt auch die Position von Bürgern, die über ein Bürgerbegehren Einfluss auf die Kommunalpolitik nehmen wollen.
Der Grund: In der Gemeindeordnung steht, dass ein Bürgerentscheid im Erfolgsfall „anstelle eines Ratsbeschlusses“ zu treten hat. Das bedeute für Oebbecke im Umkehrschluss: „Da, wo der OB zuständig ist, ist deshalb kein Bürgerbegehren möglich.“ Konkret heißt das für die in Essen strittigen Einsparpläne: Wo genau im Kultur-Etat gespart wird, welche Öffnungszeiten ein Stadtarchiv vorhält, was die VHS genau anbieten kann und sogar, welche Stadtteilbibliotheken ganz geschlossen werden, liege allein in der Entscheidungsmacht des OB.
Umsetzung der Sparbeschlüsse nach 2015
Er und kein anderer bestimme in allen Detailfragen der inneren Organisation der Stadtverwaltung, also etwa wo welcher Mitarbeiter eingesetzt werde. „Der OB leitet und verteilt die Geschäfte“, zitierte der Jurist aus der Gemeindeordnung. „Das ist dem Rat entzogen“. Dieser könne über die Verabschiedung des Haushalts seinen Einfluss geltend machen, auch beispielsweise bestimmen, wieviel das Kulturressort insgesamt zu sparen habe. Alles weitere sei dann aber Sache der Stadtverwaltung unter Leitung des OB.
Oberbürgermeister Reinhard Paß erklärte, er werde diesem Gutachten folgen und nun wie geplant nach und nach bis 2015 die Sparbeschlüsse umsetzen, was die „Kulturgut“-Initiative zu verhindern gedenkt. „Dem Rat werde ich aller Voraussicht nach empfehlen, das Bürgerbegehren für unzulässig zu erklären“, kündigte Paß an. Der Rat dürfte dem folgen - es sei denn, irgendwer zaubert noch ein Gegengutachten aus dem Hut.
Initiative steht Rechtsweg offen
Der Initiative Kulturgut stünde nach der nun absehbare Ablehnung ihres Begehrens natürlich der Rechtsweg offen . „Einen Erfolg halte ich aber für sehr unwahrscheinlich“, so Oebbecke. Die Gemeindeordnung lasse in diesem Punkt keinerlei Interpretationsspielraum.
Offenbart das Gesetz hier ein Demokratiedefizit? Die Essener Bürger, argumentiert Paß, hätten ihn schließlich direkt gewählt, und er walte nun seines Amtes wie es das Gesetz vorsieht. Beim nächsten Wahltag lasse er sich dann an diesen, seinen Entscheidungen messen. Paß: „Auch Bürgerbegehren können nicht beliebig sein.“