Essen. . Für den Kauf des Müllheizkraftwerks setzen die drei verbliebenen Karnap-Städte jetzt auf die Emschergenossenschaft und Private. Doch die Gespräche ziehen sich.

Der 2. Januar 2015 ist ein Freitag, und so viel scheint sicher: Auch an diesem Tag wird Essens Müllabfuhr wieder ihre Runden drehen. Aber wohin die orangefarbenen Wagen den Abfall dann bringen – das ist noch die große Frage. Denn zwei Tage zuvor läuft der so genannte Veraschungsvertrag aus, jener Kontrakt, der den fünf „Karnap-Städten“ Bottrop, Gelsenkirchen, Mülheim, Gladbeck und Essen seit 1963 das Recht einräumt, ihren Hausmüll im Karnaper Müllheizkraftwerk, gleich neben der B 224 zu verbrennen.

Diese buchstäblich naheliegende Lösung bietet sich auch für die Zukunft an, doch wie soll man das einstielen? Einfach die Verträge mit dem Energieriesen RWE zu verlängern, ist aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nämlich nicht erlaubt. Also steht seit mehr als zwei Jahren der Plan der Karnap-Städte im Raum, RWE das Müllheizkraftwerk kurzerhand abzukaufen.

Anfangs zierte man sich dort, mittlerweile gilt der Verkauf als eine von mehreren Möglichkeiten, die alte Müll-Partnerschaft fortzusetzen. Allerdings unter deutlich geänderten Vorzeichen: Mülheim und Gladbeck scheren aus dem Verbund der „Karnap-Städte“ aus, und dem verbleibenden Kommunen-Trio Bottrop, Essen und Gelsenkirchen fehlt es schlicht an Müll, um die Anlage mit ihren vier Brennöfen auszulasten.

Partnersuche mit Erfolgsaussicht

Auf der Suche nach neuen Partner scheint man zumindest in Ansätzen fündig geworden zu sein: In Rede steht, dass die Emschergenossenschaft sich beteiligt, um auf diesem Weg einen neuen Entsorgungsweg für den anfallenden Klärschlamm zu erschließen. Darüber hinaus denken die Beteiligten auch daran, private Dritte mit ins Boot zu holen.

Das Problem dabei: Gewerbeabfälle zu verbrennen, ist keine öffentliche Aufgabe, die damit verbundene Auslastung wäre zwar willkommen, könnte aber rechtliche Probleme aufwerfen: Ließe sich dann noch eine europaweite Ausschreibung der Entsorgungsleistung mit der Gefahr eines ausufernden Mülltourismus vermeiden? Seit Monaten zerbrechen sich Juristen und Berater darüber den Kopf, darunter etwa die Kölner Kanzlei Cornelius Bartenbach Haesemann & Partner, die im Grundsatz keine Problem sieht. Etwa indem im Zweifel nicht die Städte, sondern städtische Töchter das Kraftwerk in Karnap übernehmen: Schon hätte man die Ausschreibung geschickt umschifft.

In der Politik wäre eine solche Konstruktion nicht ohne Diskussion abzuwickeln, weil schon die Beteiligung der Stadtwerke am Kohleverstromer Steag auf zunehmende Kritik stößt. Soll die Stadt nun auch noch unter die Müllheizkraftwerks-Betreiber gehen?

Immerhin, das Betriebs-Know-How könnte man bei RWE einkaufen, und bei allen Strategien zur Müllvermeidung – ganz ohne die beachtlichen Hausmüll-Mengen wird man die Zukunft wohl kaum bestreiten können. Das Risiko ist also begrenzt.

Frage nach Kosten weiter ungeklärt

Die Frage ist nur: Was darf’s denn kosten? An dieser Stelle ist man mit RWE Generation, unter deren Namen das Kraftwerk mittlerweile firmiert, noch keinen Schritt weitergekommen. Gut möglich, dass alle Beteiligten bei dieser Frage, auf die Nachbarstadt Mülheim schielen. Nicht dass man dort ein Kraftwerk erwerben wollte, aber der ausgescherte Karnap-Partner schickt sich an, seine Hausmüll-Entsorgung auf eigene Faust auszuschreiben.

Und im Lichte der dort erzielten Entsorgungspreise wird man dann auch den möglichen Anlagenkauf in Essen durchspielen. „Wir brauchen“, sagt einer der Beteiligten, „zumutbare Konditionen, die man den Bürgern auch vermitteln kann“. Bei welchem Tonnenpreis man dann landet? Alles Spekulation. Nur dass die Müllgebühr nach 2014 spürbar steigen wird, gilt vielen als ausgemacht.

Bis zur Sommerpause, spätestens kurz danach muss sich erweisen, ob man beim Kaufpreis handelseinig wird. Ansonsten wird die Entsorgung ausgeschrieben. Und dann gibt’s wohl keinen Weg zurück zu Karnap. Es sei denn, die Anlage macht ein Angebot, das man nicht ausschlagen kann.