Essen. Im Kampf gegen die Ausbreitung der „Schweinegrippe” rät das Essener Gesundheitsamt der Landesregierung, die Sommerferien nur zu verlängern, wenn die Erkrankungsraten in den nächsten Tagen drastisch steigen sollten. Dann hält Leiter Dr. Rainer Kundt einen Zeitraum von zwei Wochen für sinnvoll.
„Schulen sind Massenbrutstätten für Krankheitserreger. Da kann es hilfreich sein, die Schulen dicht zu machen, um die nächste Welle zu brechen”, sagte Gesundheitsamtsleiter Dr. Rainer Kundt, der auch im neuen Experten-Rat der Landesregierung zu dieser heiklen Ferienfrage sitzt.
Zwei Wochen als sinnvoller Zeitraum
Zwei Wochen seien ein sinnvoller Zeitraum, weil von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit über eine Woche vergehen kann. „In 14 Tagen kann man sowohl die Erkrankten als auch die bereits Angesteckten erreichen, so dass diese ihre Viren nicht weitergeben könnten.”
Zum jetzigen Zeitpunkt sei aber eine Entscheidung, die Ferien auszudehnen, nicht zu treffen. „Dafür sind die aktuellen Fallzahlen zu niedrig. Wir müssen erst die Entwicklung der nächsten Tage abwarten, wenn die Urlauber heimkommen.” Dabei seien Schulschließungen nur sinnvoll, wenn „die Chance besteht, dass die Grippewelle zum Erliegen kommt”. Sonst werde das Problem nur verschoben.
In NRW sind derzeit knapp 3000 Menschen an Schweinegrippe erkrankt. Diese verläuft bisher milder als die „normale Grippe”. Allerdings befürchten Mediziner, dass der leicht ansteckbare und (noch) harmlose Virus in ein bösartiges mutiert. Die Landesregierung will die Entscheidung über eine Verlängerung der Ferien in der nächsten Woche treffen.
Betreuungsproblem für berufstätige Eltern
„Ich sehe das nicht auf uns zukommen, denn dann müssten die Patientenzahlen wirklich drastisch nach oben gehen”, beruhigt Schuldezernent Peter Renzel. Organisatorisch hätten die Schulen bei einer Ferienverlängerung keine Probleme, doch berufstätige Eltern ein großes Betreuungsproblem. „Wir könnten ja keine gemeinschaftliche Notbetreuung organisieren, denn dann könnten wir ja gleich die Schulen offen lassen.” Sollten die Ferien verlängert werden, sei die Grippelage so schlimm, dass dann die Schließung aller Kindergärten geprüft werde.
Unterdessen reagiert die Bevölkerung auf die „Schweinegrippe”-Nachrichten zunehmend nervöser. „Wir haben minütlich zu dem Thema Anfragen, wir sind zum Schweinegrippe-Amt geworden”, sagt Amtsarzt Kundt. Dabei sei die Schweinegrippe bisher eine harmlose Erkrankung. „An der normalen Grippe sterben jeden Winter bundesweit 8000 bis 9000 Menschen - an der Schweinegrippe ist hier noch niemand gestorben.”
Impfstoff nicht vor Oktober zu erwarten
Die Aufregung ist nach Ansicht von Kundts Stellvertreterin Angelika Fendel nur damit erklärbar, dass die Todesraten aus Mexiko höher waren als üblich. „Das liegt aber am dortigen maroden Gesundheitssystem. Das ist so teuer, dass nur Schwerstkranke einen Arzt aufsuchen - und von denen sind dann relativ viele an der neuen Grippe gestorben.”
Viele Bürger haben auch schon nach dem neuen Impfstoff gegen die Schweinegrippe gefragt. Doch dieser ist nicht vor Oktober zu erwarten. Das Gesundheitsamt plädiert dafür, dass die Hausärzte die Impfung vornehmen sollen, weil diese ihre Patienten besser kennen würden und Nebenwirkungen der Impfung besser abschätzen könnten.