Essen. . Karnevalistisches Stelldichein im Rathaus: Zum 13. Prinzentreffen samt närrischer Ratssitzung kamen zahlreiche Würdenträger. Politische Entscheidungen zugunsten des Brauchtums vertagte man – mal wieder.

Böse Zungen hätten wohl kein Problem damit, auch außerhalb der karnevalistischen fünften Jahreszeit das Rathaus – und insbesondere den dort tagenden Stadtrat – als „Tollhaus“ zu bezeichnen. Insofern dürfte die Zusammenkunft am Samstag für solche Gemüter eher der Normalzustand im Hause gewesen sein: Zum 13. Prinzentreffen samt närrischer Ratssitzung hatte das Festkomitee Essener Karneval wieder zahlreiche Tollitäten aus dem Rheinland, Westfalen und dem benachbarten Ausland eingeladen.

Rund 40 Würdenträger kamen, um mitzuerleben, wie Präsident Peter Sander für die Gemeinschaft der Essener Karnevals-Gesellschaften den Vertretern der Politik humoristisch die Meinung geigte und Änderungswünsche für Gesetze beantragte, die dem Brauchtum nicht zu Paß, äh Pass, kommen. Ein direkter Adressat fand sich auch: Ehrengast Justizminister Thomas Kutschaty, der sich brav alles anhörte. Fürs nächste Mal sollte man ihm dolle fünf Minuten Redezeit zugestehen – so viel bekamen die Politnarren Harald Hoppensack (SPD), Hans Schippmann (CDU), Rolf Fliß (Grüne) und Hans-Peter Schöneweiß (FDP), die in die Bütt gingen und überzogen. Wie sonst eben auch.

Ein sich ver-reimender OB

Zuvor hatte der OB die Narren begrüßt und dabei vor lauter Reimen („... der Justizminister // zieht gleich alle Register...“) irgendwann den Überblick verloren. Jedenfalls lachten sie, als Paß in einem Vers aus Prinzen Prinzessinnen machte und so keinen Wohlklang mehr (ver)dichtete. Sitzungspräsident Wolfgang Zinn sah es ihm aber nach, zitierte lieber Goethe („Lasst sie doch die Narren. Wenn keine Narren auf der Welt wären, was wäre dann die Welt?“) und gab das Wort an den Antragsteller.

„Gewisse Vorschriften, die zu unserem Vorteil wären, werden einfach nicht beachtet,“ eröffnete Sander seinen Reigen. Als Beispiele nannte er straffreie üble Nachrede bei Büttenreden, Tolerierung von Titelmissbrauch im Karneval, uniformiertes Auftreten bei gleicher Gesinnung, welches gemäß Versammlungsgesetz verboten sei, oder den Karneval verschreibungspflichtig in die staatliche Gesundheitsförderung aufzunehmen. Auch eine Narrenquote in der Politik forderte Sander und ersetzte auf einer Fotomontage den städtischen Verwaltungsvorstandes Sozialdezernent Peter Renzel mal eben durch sich selbst. Bierernst wurde es, als die Gebühren der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, kurz „Gema“ ihr Fett wegbekamen. Es drohten „Eintrittspreise auf Opernhaus-Niveau“ bei närrischen Veranstaltungen, orakelte er.

Zwar schloss sich die durch den Sozialdemokraten rot angehauchte Vierer-Bande der Ratsherren ideell mal mehr, mal weniger seinen Anliegen an, aber um Eigenvorschläge war sie nicht verlegen. Harald Hoppensack bot die Aussetzung des Nichtraucherschutzes während der tollen Tage an, während Hans Schippmann vorschlug, den Essener Karneval als sechste Sparte der TuP anzugliedern. Völlig ins Klo griff Rolf Fliß, der Papierverpackungen für Kamelle und Kompost-Toiletten für den Rosenmontagszug anmahnte. An Beifall für seine Öko-Regularien sparten die Narren.

Redner überzogen - mal wieder

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    „Seid ihr noch alle wach?“ fragte danach FDP-Fraktionschef Schöneweiß. Er eroberte vollends die Herzen der Jecken, als er deutlich machte, dass eher weniger Gesetze das Ziel sein müssten. Das half aber alles nichts: Zeit zur Abstimmung blieb nicht, die Erbsensuppe in der 22. Rathaus-Etage wartete...