Essen.. „Politik hat noch Beratungsbedarf.“ Drei Standorte sollen auslaufen oder zu Zweigstellen werden.

Die Entscheidung über die Auflösung dreier Förderschulen in Essen ist vertagt. Eigentlich sollte der Schulausschuss heute seine Empfehlung zu den Plänen der Verwaltung abgeben, am 30. Januar dann der Rat entscheiden. Doch „die Politik hat noch Beratungsbedarf“, so Schuldezernent Peter Renzel (CDU). Das Vorhaben, die Bernetalschule, die Ruhrtalschule und die Friedrich-Fröbel-Schule ab dem kommenden Schuljahr auslaufen zu lassen beziehungsweise zu Zweigstellen anderer Standorte zu machen, hatte viele kritische Fragen nicht nur der betroffenen Schulen, sondern auch von Mitgliedern des Schulausschusses hervorgerufen.

Schließlunspläne sind ein Schnellschuss

Die Schließungspläne mit dem Verweis auf sinkende Schülerzahlen und den Handlungsdruck aus Düsseldorf sind in ihren Augen ein Schnellschuss. Bevor man beurteilen könne, welche Förderschulen künftig nicht mehr benötigt werden, brauche es einen umfassenden Entwicklungsplan zur Inklusion. Der Ruf nach mehr Zeit zum Nachdenken wurde offenbar gehört. „Qualität geht vor Schnelligkeit“, sagt Peter Renzel. Nun soll das Thema erst im März wieder auf die Tagesordnung, dann mit einem Ergänzungsantrag zu den bisherigen Vorschlägen – Inhalt noch unbekannt.

Inklusion verändert Schullandschaft nachhaltig

„Die Verschiebung gibt uns Luft, rettet uns aber nicht“, sagt Ulrike Oberreuter, Leiterin der Bernetalschule. Ihr und ihren Kollegen ist klar, dass die Inklusion die Schullandschaft nachhaltig verändern wird. Je mehr Kinder mit besonderem Förderbedarf an den Regelschulen unterrichtet werden, desto weniger Förderschulen werden gebraucht. Gemeinsam haben die Leiter der zehn Essener Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen, emotionale und soziale Entwicklung Peter Renzel einen Brief geschrieben, in dem die Sonderpädagogen ihre fachliche Hilfe bei der Erarbeitung eines Konzepts für die ganze Stadt anbieten. Und: „Wir haben die Hoffnung, in diese Planungen wieder hereinzukommen“, sagt Ludger Dornebeck, Leiter der Ruhrtalschule, über die von den Schließungsplänen unmittelbar betroffenen Standorte.

Land und Kommunen sind uneins

In ihrer Skepsis an der derzeitigen Vorlage bestätigt sehen sich Förderschulvertreter und mancher Schulpolitiker durch die Tatsache, dass die Einführung des entscheidenden Landesgesetzes zur Inklusion nach hinten rückt. Hatte NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) ursprünglich angekündigt, den Rechtsanspruch auf gemeinsamen Unterricht bereits zum Schuljahr 2013/14 einzuführen, soll die flächendeckende Inklusion nun erst 2014/2015 beginnen, und selbst dieser Termin, so hieß es zuletzt, sei nicht in Stein gemeißelt. Der Grund: Land und Kommunen sind sich weiterhin uneins über die Finanzierung des pädagogischen Großvorhabens (siehe Infokasten).

Schuldezernent Renzel: Sorge vor „Inklusion nach Kassenlage“

Die flächendeckende Umsetzung der Inklusion wird teuer. Nötig sind zum einen Investitionen in bauliche Veränderungen – viele Schulstandorte sind derzeit nicht behindertengerecht ausgestattet. Vor allem aber wird zusätzliches sonderpädagogisches Personal nötig sein, das den gemeinsamen Unterricht begleitet.

"Der Schwarze Peter steht beim Land"

Über die Finanzierung sind Land und Kommunen uneins. Auch Essen pocht als Mitglied des Städtetags auf das Konnexitätsprinzip, nach dem das Land die Folgekosten seines eigenen Gesetzes tragen müsste. Ansonsten drohe in den Städten „Inklusion nach Kassenlage“, so Schuldezernent Peter Renzel. Die jüngsten Signale aus Düsseldorf, die Einführung des Rechtsanspruchs auf gemeinsamen Unterricht könne sich weiter verzögern, hätten ihn „überrascht“, so Renzel. „Der Schwarze Peter steht beim Land. Das Land muss ein Gesetz vorlegen, das uns handeln lässt.“