Essen. . Vor einem Jahr öffnete die Weststadthalle als Ersatz für das Jugendzentrum. Doch statt Gratulationen zum Einjährigen macht sich in der Politik Kritik breit und die Forderung, das „Konzept Weststadthalle“ auf den Prüfstand zu stellen.
Die Weststadthalle an der Thea-Leymann-Straße, der Ersatz fürs alte Jugendzentrum Papestraße (JZE), feiert seinen ersten Jahrestag. Ein Ort für Essens Nachwuchs soll(te) sie werden und ein Veranstaltungsort mit Wohlfühlcharakter. Doch statt Gratulationen zum Einjährigen macht sich in der Politik Kritik breit und die Forderung, das „Konzept Weststadthalle“ auf den Prüfstand zu stellen. So fühlt sich Ratsfrau Janina Herff, die für die Linken im Jugendhilfeausschuss sitzt, in ihrer Kritik bestätigt: „Wo bleibt die versprochene und angesichts der weitgehend kommerzialisierten Freizeitangebote zentrale Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche? Die Halle eignet sich dazu nicht.“ Aus ihrer Sicht sei sie nicht nahe genug am Lebensmittelpunkt der Kinder und Jugendlichen. „Nach wie vor brauchen wir, auch angesichts der großen Kinderarmut in Essen, ein zentrales Kinder und Jugendzentrum, das diesen Namen verdient.“
Kein Jugendzentrum, sondern eine Eventhalle
„Immer die gleiche alte Leier vom Jugendzentrum. Die Weststadthalle will kein Jugendzentrum sein, sondern ist eine Eventhalle“, tut Heinz Buschmann vom Projekt- und Veranstaltungsmanagement der Weststadthalle den Einwurf ab. „Wenn man sagt, das JZE wäre ein offenes Jugendangebot gewesen, ist das einfach nicht zutreffend. Das war’s seit den 1990er Jahren nicht mehr“, betont Christina Bäuerle, die das städtische Jugendamt leitet und somit für die Weststadthalle zuständig ist. Mit einer Lounge, dem „Weststadt-Horizont“ habe man versucht, einen neuen offenen Treff zu schaffen, „als Testballon“, und ist vorerst gescheitert. „Das Café wurde nicht im erwarteten Umfang angenommen“, sagt Bäuerle. Seit September ist die Gastronomie, betrieben von der Jugendhilfe Essen, für den Publikumsverkehr dicht. Nur für Events im Hause knipse man das Licht an und kümmere sich um den Schankbetrieb. „Aber das Horizont ist nur ein Baustein, der zehn Prozent des Konzepts ausmacht“, sagt Bäuerle.
Marcus Kalbitzer, der für die Auf Carl gGmbH Konzerte organisiert, kennt die Weststadthalle seit Jahrzehnten: „Die Halle scheint schwierig am Markt positionierbar zu sein, sicher auch aufgrund ihrer nicht fußläufigen Lage im Schatten des Colosseums.“ Ist absehbar, dass eine Veranstaltung, die Kalbitzer für die Zeche Carl organisiert, zu viele Besucher anzieht, bucht er gerne in die Weststadthalle um – etwa am 31. Oktober. Er sehe „dringenden Definitionsbedarf“, wie das Konzept in der Halle künftig aussehen soll.
18.000 Besucher im ersten Halbjahr
„Eine Halle in dieser Größenordnung überfordert das Jugendamt und seine Mitarbeiter. Dafür sind sie einfach nicht ausgebildet und das ist nicht ihr Geschäftsfeld“, sagt ein Kenner der Materie, der seinen Namen nicht nennen will. Christina Bäuerle will davon nichts wissen: „Wir sind auf einem guten Weg, ich bin mit der Entwicklung zufrieden.“ Im ersten Halbjahr dieses Jahres habe man es geschafft, 18.000 Besucher in die Halle zu holen – zu Konzerten oder um Angebote der Jugendarbeit im Bereich Interkultur, politische Bildung oder Medienarbeit wahrzunehmen.
Einer, der oft in der Weststadthalle zu Besuch ist, ist Jan-Michel Seglitz (27). Zusammen mit sieben Jugendlichen hat er den Poetry-Slam „WestStadtStory“ ins Leben gerufen – der am 16. November das nächste Mal in die Halle lockt. „Wir sind total begeistert von den Möglichkeiten, die wir dort haben.“ Die Künstler und das Publikum, das von Slam zu Slam immer größer wird, würden sich in der Halle wohlfühlen. Und wer weiß: Womöglich kommen bald noch ein paar Jugendliche mehr in die Weststadthalle – wenn man es denn endlich schafft, ein paar Hinweisschilder in der Innenstadt und an der U-Bahn-Station Berliner Platz anzubringen, ein Jahr nach der Eröffnung. „Dass dies bisher nicht passiert ist, sind nicht wir schuld“, kommentiert Bäuerle. Die Gründe lägen anderswo in der Veraltung – wo, lässt sie leider offen.
Derweil arbeite man im Jugendamt an einem Bericht, den man dem JHA im November vorlegen werde, zusammen mit einem Konzept, das die zentralen Aufgaben der Kinder- und Jugendarbeit in Essen unter einem Dach zusammen bringen soll. „Für die Weststadthalle gibt’s darin ebenfalls einige Pläne“, so Bäuerle. Welche, verrät sie erst im November.
Neuer Betreiber
Im „Weststadt-Horizont“ soll der Betreiber wechseln: Ab dem 1. Januar 2013 soll die Fördergesellschaft Folkwang Musikschule gGmbH den Betrieb übernehmen, als Tochter des Verein der Freunde und Förderer der Folkwang Musikschule. Die Details würden noch verhandelt, so Geschäftsführer Martin Vogelsang. Bevor der Vertrag unterzeichnet werde, müssten Stadt und Vereinsgremien dies genehmigen.
Die nächsten Termine
Am Samstag, 27. Oktober, präsentiert der Stadtverband Essener Jugendverbände (SEJ) die Benefiz-Hala „Azuka“ (Alle zusammen, keiner allein) zugunsten der Essener Elterninitiative für krebskranke Kinder – ab 19 Uhr mit X-Factor Gewinnerin Edita Abdieski, Faiz Mangat (früher Brosis) und anderen Künstlern. Beginn: 19 Uhr. Karten kosten 19 Euro an der Abendkasse.
„Contemporary Noise Sextet“ aus Polen und „The Eye of Time“ aus Frankreich stehen am Sonntag, 18. Oktober, ab 20 Uhr auf der Bühne im Weststadt-Horizont. Eintritt: 10 Euro.
Der Kabarettist und Autor Marc-Uwe Kling steht am Mittwoch, 31. Oktober, auf der Bühne. Veranstalter ist die Auf Carl gGmbH. Es gibt nur noch Stehplätze (Karten kosten 15 Euro); Karten für Sitzplätze sind ausverkauft. Beginn: 20 Uhr.
Am Freitag, 2.November, geht die Partyreihe „Straßenmusik“ in die nächste Runde. Drei Künstler und sieben DJs wollen die ganze Nacht lang für ausgelassene Stimmung sorgen. Eintritt: 12 Euro an der Abendkasse. Beginn: 23 Uhr
Am Dienstag, 13. November, stellt sich der junge Autor Tim Stevens ab 18 Uhr im „Lese(r)Raum“ vor. Der Eintritt ist frei.