Essen. . Wer sich übers Knöllchen beschwert, bekommt eine individuelle Antwort von der Stadt Essen. Doch damit soll bald Schluss sein: Die Verwaltung will sparen. Freiwillige Standards und Dienstleisterqualität in der Verkehrsüberwachung und der Bußgeldstelle sollen abgebaut werden.

15 Euro fürs vermeintlich falsch geparkte Auto? „Das wollen wir doch erst mal sehen“, heißt’s nicht selten, wenn das städtische Ordnungsamt Post im heimischen Briefkasten hinterlässt und der Briefwechsel seinen Lauf nimmt: „Sehr geehrte Damen und Herren, mit ihrer Verwarnung bin ich nicht einverstanden, weil...“

Was darauf folgt ist eine individuelle Antwort aus dem Amt – wie auch bei anderen Vergehen, die eine Ahn­dung mit einem Bußgeld bis 35 Euro zulassen – Geschwindigkeits-überschreitungen innerorts bis zu 20 Kilometer pro Stunde, kleinere Vergehen bei der Hundehaltung und das unerlaubte Beseitigen von Abfällen, wenn es sich um Erstverstöße handelt. Und immer wird persönlich geantwortet. Doch damit soll bald Schluss sein, wenn es nach der Stadt geht. Zu teuer, ein zu hoher Personalaufwand, beklagt das zuständige Dezernat von Christian Kromberg.

Simples Standardschreiben als Antwort

Notwendig sei so etwas nicht, ein individuelles Antwortschreiben eine freundlich gemeinte Dienstleistung. „Wir wollen freiwillige Standards und Dienstleisterqualität in der Verkehrsüberwachung und der Bußgeldstelle abbauen“, sagt der Dezernent. Andere Städte würden so etwas schon lange nicht mehr anbieten; Essen sei da fast ein Exot.

Stattdessen gibt es künftig als Antwort ein simples Standardschreiben mit dem Hinweis auf die rechtlichen Verfahrensabläufe – wenn der Stadtrat im November für die „Aufwandsreduzierung bei der Überwachung des ruhenden Verkehrs“ aus dem Aufgabenkritikverfahren der Verwaltung stimmt.

Aufwand steht in keinem Verhätlnis

Alleine durch diese Maßnahme sollen ab 2015 zwei Stellen eingespart werden. Um jährlich 31,75 Millionen Eu­ro sollen die Personalkosten sinken, wenn das gesamte Sparpaket bewilligt wird. Aber zurück zu den individuellen Antworten, die es nicht mehr geben soll. Schaut man auf die Vielzahl von Ordnungswidrigkeiten, de­nen geringfügige Rechtsvergehen zu Grunde liegen, stehe der Aufwand in keinem Verhältnis zur Höhe der festgesetzten Geldbuße.

Häufig werde das Verwarngeldangebot durch Beschuldigte dazu genutzt, die Stadt vorm Einleiten eines formalen, kostenintensiveren Bußgeldverfahrens in eine Sachdiskussion zu bringen (Schreiben, Gespräche, Dienstaufsichtsbeschwerden als auch das Beschäftigen parlamentarischer Gremien), die nicht vorgesehen ist und dem Sinn und Zweck des Verwarngeldverfahrens entgegensteht. Die Behörde müsse sich personal- und zeitintensiv mit der Angelegenheit auseinandersetzen, obwohl genau dieses vom Gesetzgeber mit dem Verwarngeldverfahren verhindert werden sollte.

Einschränkung der Öffnungszeiten 

Nicht unerheblicher Verwaltungs- und Zeitaufwand seien erforderlich, die Schreiben gerichtsfest zu formulieren, wodurch folgende Schritte unabdingbar sind: Die Mitarbeiter müssen den Sachverhalt ermitteln, Beschuldigte und Zeugen anhören, vorgetragene Argumente bewerten, über den Erlass eines Bußgeldbescheides entscheiden, mögliche Rechtsbehelfsverfahren nach Einspruch des Betroffenen durchführen sowie die Verfahren an die Staatsanwaltschaft und die zuständigen Gerichte abgeben. Die gesetzliche Grundlage dafür schafft § 56 Ordnungswidrigkeitengesetz.

Was es außerdem bedeutet, wenn zwei Stellen wegfallen? Das Amt ist dann schwieriger erreichbar. Doch keine Sorge, „eine Einschränkung der Öffnungszeiten führt nicht dazu, dass Fälle nicht bearbeitet werden können“, betont Pressereferent Stefan Schulze.

Kein automatisches Erstatten

Stimmt der Rat der Maßnahme zu, sei ebenso Schluss mit einer weiteren „Kleinigkeit“, die jedes Jahr erheblichen Aufwand erzeugt: das automatische Erstatten überzahlter Verwarngelder. Denn häufig würden Beschuldigte, die ein Verwarngeld zahlen müssten (und einsichtig sind) dies auch tun – nur leider wider den erzieherischen Zweck, den die Stadt im Sinn hat. „Aus Trotz oder als Stichelei zahlen sie mehr – 1, 2 oder 5 Cent – und setzen damit einen Verwaltungsablauf mit einem hohen Ermittlungsaufwand in Gang“, wie Schulze betont. Die Stadt überweist den zu viel bezahlten Betrag „natürlich“ zurück – bald jedoch nur noch auf Antrag.

Sämtliche Vorschläge der Stadtverwaltung zur Personalkostenreduzierungen gibt’s im Aufgabenkritikverfahren der Stadt Essen, zu finden im Internet unter: www.essen.de