Essen.. Ein renommierter Verwaltungswissenschaftler soll der Stadt Essen einen Weg weisen aus einem moralischen wie finanziellen Dilemma: wie die geleisteten Mehrarbeitsstunden von Feuerwehrleuten nachträglich zu vergüten sind. Es geht um acht Millionen Euro.
Es ist eine durchaus gute Tradition, dass Arbeitgeber die Leistungen ihrer Beschäftigten tunlichst entlohnen sollten. Das hilft nicht nur dem Auskommen, sondern auch dem Betriebsfrieden ungemein.
Doch damit hat die Stadt gebrochen bei hunderten Feuerwehrleuten. Seitdem steht man ausgerechnet bei denen, die Tag für Tag ihr Leben für das der Bürger riskieren, tief in der Schuld – finanziell wie moralisch. Und seitdem schwelt der Konflikt. Auch wenn bis heute kein Flächenbrand draus geworden ist, so schlugen doch alle bisherigen Löschversuche irgendwie fehl. Heute, nach zum Teil über zehn Jahren, die ausstehenden Zahlungen rückwirkend zu leisten, macht die Sache nicht nur auf einen Schlag teuer, sondern auch noch außerordentlich kompliziert. Auf die nachträgliche Vergütung von Mehrarbeitsstunden warten immerhin rund 700 städtische Feuerwehrbeamte seit Jahren. Es geht um satte acht Millionen Euro für fünf fragliche Jahre.
In der Stadtverwaltung ist das Thema seit geraumer Zeit ein heißes Eisen. Jetzt soll ein emeritierter Verwaltungsrechtler die Kohlen aus dem Feuer holen. Der Berliner Prof. em. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis von der Humboldt Universität will voraussichtlich bis Ende des Monats ein Gutachten vorlegen, das einen gangbaren Weg zwischen der grundsätzlichen Auffassung des Europäischen Gerichtshof, dass niemand mehr als 48 Stunden arbeiten solle, und einem gerichtlich ungeklärten Rechtsanspruch auf nachträgliche Zahlungen weist.
So lange es den nicht gibt, dürfte die Stadt in ihrer jetzigen finanziellen Lage das Geld an ihre Beschäftigten gar nicht weiterleiten, selbst wenn sie es wollte. Sie sagt sogar, sie will. Doch eine solche Auszahlung ohne gesetzlichen Zwang gälte als freiwillige Leistung. Die Aufsichtsbehörden des Landes würden jedwede Entscheidung dieser Art schnell wieder einkassieren.
Die Parteien treffensich irgendwo in der Mitte
Also läuft zur Zeit alles auf ein Vergleichsangebot hinaus. Was immer heißt: Die Parteien – Beschäftigte und Kommune – treffen sich irgendwo in der Mitte. Aber auch: Die in Rede stehende Auszahlungssumme wird nach aller Erfahrung deutlich unter dem liegen, was für die geleistete Mehrarbeit tatsächlich zu bezahlen wäre. Feuerwehrbeamte kennen heikle Situationen, in denen sie eine Entscheidung treffen müssen: In diesem Fall für oder gegen den Spatz in der Hand oder die Taube auf dem Dach. Einige dürften das Angebot annehmen, andere hingegen ablehnen und dagegen klagen. Dann wird die Stadt dagegen halten müssen. Wie hoch dieses Prozessrisiko für die Kommune ist, soll der Verwaltungswissenschaftler Battis in Kürze darlegen können.
Feuerwehr zeigt Explosion
Dann allerdings ist allenfalls die erste Hürde genommen: Bevor die Feuerwehrleute am Ende vielleicht ihr Geld bekommen, sind einige weitere zu nehmen. Nicht nur der Kämmerer und die Bezirksregierung müssen grünes Licht geben, auch der städtische Personalrat hätte einem wie immer gearteten Vergleichsangebot zuzustimmen.
Das will wohl überlegt sein: Denn wer’s annimmt, verzichtet für alle Zeit womöglich auf die Hälfte des Geldes, das ihm eigentlich zusteht, selbst wenn es ihm in zwei oder drei Jahren höchstrichterlich zugesprochen werden sollte.