Essen. Das Verkehrsunternehmen Evag schafft weitere Niederflurbahnen an. Doch die können nicht auf allen Strecken fahren. Deshalb bekommt die Linie 107 bald eine „kleine Schwester“, die Linie 108. Sie verkehrt im südlichen Stadtgebiet.

Die als Kulturlinie bekannte Straßenbahn 107 bekommt eine kleine Schwester – die 108. „Wir schätzen, dass es in der zweiten Jahreshälfte 2014 soweit sein wird“, kündigt Evag-Sprecher Nils Hoffmann an. Die 107, die bislang von Bredeney im Essener Süden bis hoch in den Norden zur Zeche Zollverein und weiter nach Gelsenkirchen fährt, bekommt dann eine neue Streckenführung: Die nördliche Hälfte der Strecke, von Essen Hauptbahnhof bis Gelsenkirchen, bleibt beim Namen 107, die südliche Hälfte heißt bald 108.

Die neue Linie heißt 108

Diese 108 fährt von Bredeney über Hauptbahnhof und biegt künftig – neu – hinter der Haltestelle „Am Freistein“ nach Westen ab, Richtung Endstation Altenessen Bahnhof. Die alte 107 schwenkt dort Richtung Osten ab, nach Katernberg. „So entsteht eine völlig neue Linie“, sagt Nils Hoffmann. „Deshalb bekommt sie ihren eigenen Namen.“ Mehr Umsteiger werde es durch die Änderung nicht geben, prognostizieren die Evag-Planer.

Nötig wird die Änderung, weil die Evag neue Straßenbahnen bekommt: 27 sind bestellt worden für 70 Millionen Euro, die ersten beiden Testwagen sollen schon in einem Jahr durch die Stadt rollen. Die Wagen haben Niederflur-Technik, die Bahn hat also keine Treppenstufen. Das macht den Einstieg leichter und behindertengerechter.

Niederflur-Bahnen fahren bereits auf den Linien 103, 104, 105 und 109. Die neuen Wagen sollen nun alte Straßenbahnen ersetzen, die auf den Linien 101, 106 und 107 unterwegs sind. Sie wurden zwischen 1979 und 1983 gebaut.

Die Evag will erreichen, dass der Nahverkehr immer barrierefreier wird, also mögliche Hindernisse für Rollstuhlfahrer, Eltern mit Kinderwagen, Senioren mit Rollatoren wegfallen. Die neuen Bahnen haben hier eine enorme Bedeutung.

Bahnsteige für Niederflur-Bahn zu hoch

Doch die Niederflur-Bahnen können nicht im gesamten Stadtnetz fahren. Das liegt an den unterirdischen Haltestellen Saalbau, Rüttenscheider Stern und Martinstraße. Dort teilen sich sogenannte „Stadtbahnen“ (U11, 17, 18) die Gleise mit Straßenbahnen (101, 107). Stadtbahnen sind breiter und höher als Straßenbahnen. Sie brauchen 70 Zentimeter höhere Bahnsteige. Würde an den genannten Haltestellen eine Niederflur-Bahn halten, die Fahrgäste würden beim Einsteigen hineinfallen. Im Moment löst man das Problem, indem auf der Südstrecke Straßenbahnen mit Klapptritt-Stufen unterwegs sind, die nur bei Bedarf ausfahren.

An diesem Zustand wird sich im nächsten Jahrzehnt nichts ändern. Pläne, die gesamte Südstrecke bis Bredeney umzubauen, dass auch dort Stadtbahnen fahren können, wurden 2008 verworfen. Deshalb fahren auch künftig, auf der neuen Strecke der „108“, alte Wagen ohne die Niederflur-Technik. Die neuen Modelle ohne Treppen werden nur auf der Nordstrecke der 107 eingesetzt – zwischen den Hauptbahnhöfen Essen und Gelsenkirchen. Laut Evag werde man so dem Anspruch, möglichst viele Niederflur-Wagen einsetzen zu lassen, am ehesten gerecht.

Und was ist mit der populären „Kulturlinie 107“? „Sie bleibt erhalten“, verspricht Evag-Sprecher Hoffmann. Künftig aber wohl als „Kulturlinie 107/108“.