Essen. Nach dem eskalierten Streit zwischen zwei libanesischen Großfamilien wurde ein Haftbefehl gegen einen 25-Jährigen erlassen. Seit der Groß-Schlägerei ermittelt eine Mordkommission. Zunächst schwiegen Angreifer und Angegriffene gegenüber der Polizei.

Nach der blutigen Familienfehde im Essener Stadtteil Altendorf hat ein Haftrichter am Donnerstagnachmittag einen 25-jährigen Libanesen in Untersuchungshaft geschickt.

Die Polizei hat nach der Tat eine zehnköpfige Mordkommission eingerichtet, um die Hintergründe der Tat zu untersuchen. Zunächst hatten alle Beteiligten über die Ursache des Streites geschwiegen.

Am Mittwochmittag waren zwei verfeindete Großfamilien auf offener Straße aneinander geraten und lieferten sich einen handfesten Streit. Ein Mann wurde dabei durch Messerstiche schwer verletzt. Die Polizei zählte fünf weitere Verletzte.

Die bisherigen Erkenntnisse: Drei Brüder (26, 17 und 29 Jahre alt) verschafften sich am Mittwoch gegen 13.30 Uhr gewaltsam Zutritt in die Wohnung einer Altendorfer Großfamilie. Dort randalierten sie und versprühten Tränengas. Abgesehen hatten sie es offenbar auf einen 25-jährigen Mann, der sich in der Wohnung aufgehalten hat. In dem entstandenen Chaos schlug einer der Eindringlinge mit einem massiven Rohr auf den 25-Jährigen ein und verletzte ihn schwer. Es kam zur Gegenwehr: Familienangehörige des Niedergeschlagenen sollen ihrerseits die Angreifer attackiert haben.

Schlägerei im Hausflur und auf der Straße

Die Schlägerei verlagerte sich danach in den Hausflur und anschließend vor das Haus im Holdenweg. Dort zog jemand beim Kampf ein Messer und verletzte den 26-jährigen Angreifer damit schwer. Trotz der Messerstiche versuchte der Verletzte noch, mit seinen Brüdern in einem Kleintransporter zu flüchten. Die Männer kamen nicht weit, bevor die Polizei sie in der Drügeshofstraße festnahm.

Die Verletzten beider Familien kamen nach der Auseinandersetzung in mehrere Krankenhäuser im Stadtgebiet. Der durch Stiche verletzte Mann wurde notoperiert. In einem Krankenhaus im Essener Norden gingen die Streitigkeiten später tumultartig weiter, als Angehörige der beiden Familien erneut aneinander gerieten. Die Krankenhausmitarbeiter verständigten die Polizei, die die Streithähne rasch trennte, bevor es zu weiteren Verletzungen kam.

Großfamilie seit Jahren im Fokus der Polizei 

Die Großfamilie der drei Brüder steht seit Jahren im Fokus der Polizei und der Ausländerbehörde. Mehrere Familienmitglieder saßen oder sitzen in Haft, unter anderem wegen Drogenhandels. 2010 machte die Stadt Schlagzeilen, als sie erstmals sechs teilweise vorbestrafte Familienmitglieder nach Syrien abgeschoben hatte. Die Ausländerbehörde hatte vor dem Verwaltungsgericht Recht bekommen mit ihrem Ermittlungsergebnis: Die Männer seien keine Libanesen, für die sie sich bei der Einreise ausgegeben hatten, sondern Syrer. Pikant: Die Stadt bestätigte auf WAZ-Anfrage, dass drei der vor zwei Jahren Abgeschobenen inzwischen wieder in Essen sind. Ein vierter soll sich in Duisburg aufhalten.

Integrationsdezernent Andreas Bomheuer mahnt derzeit zur Besonnenheit. Er hofft, „dass der eskalierte Streit nicht dazu beiträgt, vorhandene Vorurteile zu verfestigen. Gerade in den letzten Jahren ist die Bereitschaft unter den libanesischen Familien gestiegen, aktiv an unserem gesellschaftliche Leben teilzuhaben.“ (tap/ks)