Essen. .
Bevor beim Poetry Slam „WestStadtStory“ die zweite Saison los geht, duellieren sich Schüler und Lehrer – verbal versteht sich.
Es ist nicht der weltbekannte Zebrastreifen vor den Abbey Road Studios in London, den Thomas Petruskova, Tobias Hartmann, Gabriel Bieber und Jan-Michel Seglitz überqueren, wenn sie sich auf den Weg zur Weststadthalle an der Thea-Leymann-Straße machen. Und als Pilzköpfe, wie die Beatles genannt wurden, gehen die vier Essener ebenfalls nicht durch. Zumindest nicht auf den ersten Blick.
Denn kreativ wie die unvergessenen britischen Rocker sind der „Faceman“, der „Fotowikinger“, „Graf Zahl“, „Jay Nightwind“ und Felix Thran – das „Kamerakind“ – der im Bild fehlt, ebenso. Seit einem Jahr bringen die fünf Jugendlichen den Poetry Slam „WestStadtStory“ in der städtischen Halle auf die Bühne. Ehrenamtlich und ohne einen Cent Eintritt zu verlangen. „Wir appellieren an die Geldbeutel der Leute und freuen uns über jede kleine Spende, die wir natürlich in unsere nächsten Slams investieren“, sagt Bieber, der mit seinen 18 Jahren außerhalb der Ferien an der Gesamtschule Süd anzutreffen ist – so wie Thomas Hartmann, ebenfalls 18 Jahre alt.
NRW-Meisterschaften sollen in Essen stattfinden
Allen gemein ist, dass sie Gedichte lieben, gerne Veranstaltungen planen – Poetry Slams – und alles, was mit dem Wort und der Schrift zu tun hat, mögen. Und auch, dass sie lange Sommerpausen nicht so toll finden. Anderthalb Monate ist ihr Poetry-Slam-Saisonfinale nun her, das mehr als 150 Zuschauer in die Weststadthalle zog. Zusammen mit den anderen Slam-Bühnen aus der Stadt wollen sie kommendes Jahr die NRW-Meisterschaften irgendwo in Essen abhalten – wo genau, verraten die fünf Freunde noch nicht.
Denn vorher gibt’s noch einige andere Treffen, die es zu planen gilt. Etwa den „Megaslam“. Für ihn haben sie Jan Möbus gewonnen. Wer das ist und was er poetisch kann? „Unser Megamensch ist kein geringerer als der Vize-NRW-Meister“, stellt Tobias Hartmann den jungen Wortakrobaten vor. Am Samstag, 11. August, tritt Möbus mit seinen Texten gegen ein Team von acht lokalen und regionalen Poeten an. Das gesamte Publikum entscheidet, wer am Ende das poetische Rennen macht. „Bei vielen Slams ist das ganz anders“, weiß Seglitz, der als Projektassistent in einem klinischen Forschungsunternehmen seine Brötchen verdient. Oft würde eine Jury aus wenigen Profi-Slammern oder den Organisatoren den Gewinner küren. Doch das ist nichts für die Freunde. „Wer also Lust auf ein etwas anderes Teamduell und unterhaltsame Bühnenliteratur hat, ist bei uns genau richtig“, sagt Seglitz. Einlass in der Weststadthalle ist um 18 Uhr, Beginn um 19 Uhr – wie immer bei freiem Eintritt.
Ein weiterer Slam, bei dem die vier Planer noch auf Unterstützung angewiesen sind, ist das Duell Lehrer gegen Schüler, wenige Wochen vor Beginn der zweiten Saison. Die Pauker, erzählt der 29-jährige Frohnhauser Thomas Petruskova, könnten sich beim Slam, der auf den schönen Namen „Klassenkeile“ hört, gegen ihre und andere Schüler sowie Lehrer beweisen. „Wir suchen daher ganz dringend Schüler- und Lehrer-Gespanne von weiterführenden Schulen“, sagt Seglitz. Schüler, die keinen Lehrer an ihrer Schule finden, der mitmachen möchte, und Lehrer, denen es ähnlich ergeht, könnten sich auch melden. Warum ihr Slam „Klassenkeile“ heißt? „Uns ist nichts besseres eingefallen“, scherzt Seglitz.
Kluge Einfälle und geniale Texte
Dass sie kluge Einfälle und geniale Texte haben, können die Duellanten am Samstag, 8. September, auf der Bühne zeigen. Die Schüler treten ab 19 Uhr (18 Uhr Einlass) mit eigenen Texten an; Lehrer haben die Möglichkeit, fremde Texte zu verwenden. „Wie das halt in der Schule ist“, erinnert sich Thomas Petruskova (29), ebenso Projektassistent in der klinischen Forschung, an seine Schulzeit.
Bei „Klassenkeile“ gehe es nicht darum, Lehrer bloßzustellen. „Das Slam-Duell ist eine Chance zu zeigen, dass Literatur cool sein kann“, betont Seglitz. Der gemeinsame Auftritt könne Schüler und Lehrer viel mehr verbinden. Neben dem Hauptpreis „Ruhm und Ehre“ gibt es kleine Sachpreise.Mehr Infos zum Poetry Slam „WestStadtStory“ in der Weststadthalle, den Akteuren sowie Termine gibt’s auf: www.weststadtstory.de – wer beim Duell mitmachen möchte oder noch Fragen hat, wendet sich per E-Mail an: WestStadtStory@googlemail.com
Jan-Michel Seglitz – der Initiator
Auf den Bühnen der Poetry Slams ist der 27-jährige Frohnhauser Jan-Michel Seglitz besser unter seinem Künstlernamen „Jay Nightwind“ bekannt. Unter diesem Namen findet man ihn im Internet mit Kurzgeschichten, Rezensionen und Gedichten. Denn Schreiben ist seine Leidenschaft. Jay Nightwind tritt nicht nur gegen andere Dichter an, sondern setzt sich dabei besonders gerne und intensiv für „Charity-Slams“ ein, wie „Poeten gegen Analphabetismus“. An der Fernuniversität in Hagen studiert er Kulturwissenschaften mit dem Schwerpunkt Literatur. Seit 2011 organisiert er den Slam „WestStadtStory“. Das Konzept und der Name stammen aus seiner Feder. Außerdem betreibt er unter www.jaynightwind.blogspot.de einen Blog, auf dem Besucher eine Fotoserie über „Essener Ecken“ bewundern können. Bei „Essens Beste 2010/2011“ hat er den Kunst-Preis gewonnen.
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Eine Übersicht von Poetry-Slams in Essen und der Region
Nicht nur in der Weststadthalle bringen Poeten ihre Texte auf die Bühne. Poetry Slams sind überall in der Stadt angesagt:
Unter dem Motto „Grendslam“ treten Wortakrobaten im Grend Kulturzentrum, Westfalenstraße 311, auf – am 28. September sind es Max Kennel (Bamberg), Florian Cieslik (Frankfurt/Brasilien), Ninia LaGrande (Hannover), „Der Tom“ (Halle) und Gastgeber Frank Klötgen. Am 26. Oktober bringt ein Duo, bestehend aus Christian Meyer und Julius Fischer, sein Grandslam-Special „The Fuck Hornisschen Orchestra“ ins Grend. Am 14. Dezember findet der „Grandslam 30“ statt; welche Künstler genau teilnehmen, steht bisher noch nicht fest. Einlass ins Steeler Kulturzentrum ist jeweils ab 19 Uhr, Beginn ab 20 Uhr. Karten im Vorverkauf kosten 10 Euro, an der Abendkasse 12 Euro. Weitere Informationen gibt’s im Internet auf www.home.arcor.de/grendslam und auf www.grend.de sowie telefonisch: 851 32 10
Der 20. „Slamassel“ ist am 14. September um 20 Uhr im „Emo“, Julienstraße 39-41 (Toreinfahrt Innenhof), angesagt. Es treten auf: Der Künstler „Zwei Seiten“ aus Dortmund, „Zerrin Blumenkind“ aus Essen, „SaMuMulle“ aus Bochum und Dennis Krause aus Mannheim. Eintritt: 4 Euro. Weitere Slam-Termine sind der 26. Oktober, 16. November und 14. Dezember – gleicher Ort, gleiche Zeit. Mehr Infos gibt’s auf www.emo-essen.de und unter 79 06 01.
Andere regelmäßig stattfindende Slams sind der „PoetrySlam Heldenbar“ im Grillo-Theater und der „BahnhofSüdSlam“ im Bahnhof Süd. Weitere Infos dazu gibt’s im Internet unter www.heldennaechte.de und auf www.bahnhof-sued.de. Wer mehr über weitere Slams in der Region und ganz Deutschland wissen möchte, klickt im Netz auf: www.myslam.net