Essen. . Die Textil-Kette Peek & Cloppenburg nutzt den Abschied der Buchhandlung Thalia von nebenan, um ihre Verkaufsfläche aufs Baedekerhaus auszudehnen. Der Abschied von Thalia aus dem der Nationalbank gehörenden Gebäude wirft eine Frage auf: Täuschte der Buchhändler über die Miet-Optionen in der Immobilie?

Fünf Etagen prall gefüllt mit Mode, aber in der dritten, bei „Herren Premium“, ist seit zwölf Jahren Schluss: Ein Werbeschild versperrt neugierigen Kunden die Rolltreppe rauf in den vierten Stock von Peek & Cloppenburg an der Kettwiger. Wo einst das Traditionshaus Loosen seine Waren feil bot, konnte nach aufwändigem Umbau auch eine gläserne Dachpyramide die Mienen der Geschäftsleitung nicht dauerhaft erhellen: Die Kunden wollen nicht mehr so hoch hinaus, die vierte blieb dicht.

Und darum bleibt es eben nur auf den ersten Blick unverständlich, dass P&C im eigenen Haus Kapazitäten mehr oder weniger brach liegen lässt – und dennoch eine Erweiterung in der Horizontalen ins Auge fasst. Diese Chance bietet sich mit dem für Mitte Oktober angekündigten Abschied der Buchhandelskette Thalia aus dem Baedekerhaus nebenan. Die simple Idee: Peek & Cloppenburg setzt zum Durchbruch an.

Immerhin rund 10.800 Quadratmeter Verkaufsfläche kann P & C an seinem markanten Standort im alten Loosen-Haus schon jetzt bieten. Rund 500 Quadratmeter im Erdgeschoss kämen mindestens hinzu, der jetzige Eingang zum Buchladen würde geschlossen. Ob auch auf weiteren Flächen Buch- zu Moderegalen mutieren, bleibt vorerst offen.

Nicht möglich? Doch!

Dem Eigentümer des denkmalgeschützten Baedekerhauses, der National-Bank, dürfte durchaus gelegen kommen, dass sich die Mieter die Klinke in die Hand geben. Dabei war der Abschied von der Buchhandelskette Thalia offenbar keineswegs so zwangsläufig, wie er von der Hagener Unternehmenszentrale noch am Dienstag behauptet wurde.

„Die Fläche der Buchhandlung erwies sich mit rund 2.000 Quadratmeter langfristig als zu groß. Eine sinnvolle Flächenreduzierung oder Untervermietung war nicht möglich“, behauptete die zur Douglas-Gruppe gehörende Thalia Holding. Doch nach NRZ-Informationen gab es sehr wohl die Chance, sich kleiner zu setzen. Dem Vernehmen nach wurde der Mietvertrag erst im Sommer vergangenen Jahres um zehn Jahre verlängert. Der neue Mietpreis lag, so beteuern informierte Kreise, deutlich unter dem alten, dafür wollte die Nationalbank die zweite Etage selber nutzen. Ende Juni sollte sie von der Buchhandlung geräumt werden.

Von der NRZ mit diesen Informationen konfrontiert, musste Georg Stricker, Pressesprecher der National-Bank, achselzuckend passen: Der zuständige Mitarbeiter ist im Urlaub.

Thalia-Sprecherin Mirjam Berle stellt eine andere Alternative als den Verbleib im Baedekerhaus mit der kompletten Verkaufsfläche in Abrede: „Menschen, die Dinge zu wissen meinen, gibt es bei solchen Sachen immer“, so kommentiert sie den Verdacht, dass es Thalia am Ende doch weniger um die Rettung des Standortes im Baedekerhaus ging als um die Bereinigung der eigenen Standortliste. Immerhin zieht sich der Buchkonzern auch aus den Innenstädten von Köln, Dortmund und Bielefeld zurück.

Schon vor diesem Hintergrund dürfte es schwer werden, andernorts im Hause einen neuen Job zu finden. Dies habe man den Kollegen auch so auf den Weg gegeben: „Die Mitarbeiter“, sagt einer von ihnen, „sind nach der Kündigung komplett auf sich selbst gestellt.“

Infokasten:

In Internet-Debatten entlädt sich der ganze Frust über das Aus für den Buchhandel im Essener Baedekerhaus in wütenden Tiraden gegen Thalia.

Aber auch Buch & Kunst sowie die Essener Sutter-Gruppe bekommen ihr Fett weg: Am Ende, so heißt es, sei das Traditionshaus schlichtweg heruntergewirtschaftet worden.