Essen. . Nachdem Sturm Kyrill 2007 schwere Schäden angerichtet hatte, ging bei der Neupflanzung nicht alles mit rechten Dingen zu. Der Kommunalverband Ruhr scheiterte nun mit einer Klage, nachdem zugesagte Fördermittel ausgeblieben waren.

Orkansturm „Kyrill“ hat 2007 vor allem im Essener Süden für reichlich Kahlschlag gesorgt. Da war es eine dankenswerte Initiative des Kommunalverbandes Ruhr (KVR), die geschädigten Flächen mit etwa 47.000 jungen Setzlingen, 45.000 Rotbuchen und 2000 Eichen, wieder aufzuforsten. Zumal es dafür Fördergelder des Landes und aus Brüssel gab. Doch bei der Anpflanzaktion in den Stadtteilen Heidhausen, Fischlaken und Kettwig wurde schwer gepfuscht, wie am Mittwoch das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen feststellte.

Der KVR bekam deshalb vom Landesbetrieb „Wald/Holz“ eine bereits fest zugesagte Subvention von 15.000 Euro nicht überwiesen und musste als „unzuverlässiger Geldempfänger“ auch einen Förderstopp für die Jahre 2010 und 2011 schlucken. Weitere Beihilfen für geplante Baumanpflanzungen im Wert von mehr als 33.000 Euro blieben deshalb im Staatssäckel. Die Richter wiesen die Klage des KVR zu drei Vierteln weitestgehend ab. Der KVR, bzw. dessen Forstbedienstete, hatten in gravierendem Umfang gegen die Subventionsbestimmungen verstoßen. Die Prozessbeteiligten gingen davon aus, dass zwischen 20 und 44 Prozent der Bäumchen zu klein waren. Gefordert war eine Mindestgröße von 1,20 Meter. Dafür gab es pro Stück eine Förderung von 1,25 Euro. Mehrere tausend Bäumchen waren aber deutlich kleiner und hätten nur eine Subvention von 40 bis 60 Cent pro Stück gerechtfertigt.

Hinter großen Bäumen versteckt

Doch was stand hinter dieser Täuschung? War Kungelei, Bestechung oder gar Betrug im Spiel? Der Landesbetrieb jedenfalls erstattete Strafanzeige. Die Staatsanwaltschaft aber stellte das Ermittlungsverfahren gegen einen verantwortlichen Forstmitarbeiter des KVR ein. Ihm sei kein strafrelevanter Vorwurf nachweisbar, so die Anklagebehörde.

Mit dieser viel Arbeit sparenden Version hatten der Landesbetrieb wie auch das Gericht so ihre Probleme. Das Gericht sprach von vorsätzlich falschen Angaben, mit denen sich der KVR die Subvention erschlichen hatte. Für das Fehlverhalten der eigenen Beschäftigten ist er verantwortlich. Und wenn Angaben erwiesen falsch waren, dann haftet dafür der KVR, egal ob 20 oder 44 Prozent der Bäumchen nicht den Vorgaben entsprachen. Damit war korrekt, so die Richter, dass vom Land die Auszahlung der bereits zugesagten Förderung von 15.000 Euro verweigert sowie der KVR als Strafe zwei weitere Jahre von der Subventionsliste gestrichen wurde.

Fünf Jahre nach Kyrill

Förster Joachim Böhmer zeigt, wie es im Reichswald bei Kleve fünf Jahre nach dem Sturm Kyrill aussieht. Hier schaut er sich aufgeforstete Buchen an. Diese Vorher-Nacher-Bilder....
Förster Joachim Böhmer zeigt, wie es im Reichswald bei Kleve fünf Jahre nach dem Sturm Kyrill aussieht. Hier schaut er sich aufgeforstete Buchen an. Diese Vorher-Nacher-Bilder.... © Johannes Kruck/ WAZ FotoPool
...zeigen ganz deutlich den Unterschied. Diese Aufnahme entstand im Juni 2002,...
...zeigen ganz deutlich den Unterschied. Diese Aufnahme entstand im Juni 2002,... © Hans Blossey
...acht Jahre später sind die Kyrillschäden am Hennesee in Meschede im Hochsauerlandkreis noch immer deutlich zu sehen. Auch fünf...
...acht Jahre später sind die Kyrillschäden am Hennesee in Meschede im Hochsauerlandkreis noch immer deutlich zu sehen. Auch fünf... © Hans Blossey
...Jahre nach dem Sturm haben viele Waldflächen sich noch nicht erholt. Auch hier,...
...Jahre nach dem Sturm haben viele Waldflächen sich noch nicht erholt. Auch hier,... © Guido Raith/ WR
...auf einer Waldfläche zwischen Kallenhardt und Rüthen hat Kyrill seine Spuren hinterlassen. Genau wie in...
...auf einer Waldfläche zwischen Kallenhardt und Rüthen hat Kyrill seine Spuren hinterlassen. Genau wie in... © Hartwig Sellmann/ WNM
...Lüdenscheid und Herscheid. Unmittelbar nach Kyrill waren die geräumten...
...Lüdenscheid und Herscheid. Unmittelbar nach Kyrill waren die geräumten... © Hans Blossey
...Windwurfstellen wegen der Trockenheit im Sommer wie hier in Mühlenberg besonders waldbrandgefährdet. Als sich Kyrill 2008 das erste Mal...
...Windwurfstellen wegen der Trockenheit im Sommer wie hier in Mühlenberg besonders waldbrandgefährdet. Als sich Kyrill 2008 das erste Mal... © IKZ
...jährte, waren die Schäden noch deutlich sichtbar. (Aufnahme aus Balve) Die Folgen von...
...jährte, waren die Schäden noch deutlich sichtbar. (Aufnahme aus Balve) Die Folgen von... © Hans Blossey
...Orkan Kyrill rund um die Stillenbergskapelle. Die Aufräumarbeiten waren...
...Orkan Kyrill rund um die Stillenbergskapelle. Die Aufräumarbeiten waren... © WP
...auch zwölf Monate nach dem Orkan noch nicht abgeschlossen. Im Bild der Wald im Muttental in Witten-Durchholz. Eine große...
...auch zwölf Monate nach dem Orkan noch nicht abgeschlossen. Im Bild der Wald im Muttental in Witten-Durchholz. Eine große... © Arne Poll
...Waldfläche am Belkenberg nahe Haus Rhade fiel Kyrill zum Opfer. Noch immer...
...Waldfläche am Belkenberg nahe Haus Rhade fiel Kyrill zum Opfer. Noch immer... © Guido Raith/ WR
...waren Waldarbeiter damit beschäftigt umgeknickte Bäume zu stapeln und abzutranportieren.
...waren Waldarbeiter damit beschäftigt umgeknickte Bäume zu stapeln und abzutranportieren. © Franz Luthe/ WR
Der Fichtenwald hinter dem stadtischen Betrieb Grün und Wald in Mülheim existiert praktisch nicht mehr.
Der Fichtenwald hinter dem stadtischen Betrieb Grün und Wald in Mülheim existiert praktisch nicht mehr. © Ilja Höpping/ WAZ
Die Auswirkung des Orkan Kyrill auf die Umgebung von Schmallenberg ist deutschlich zu sehen: Ein abgeholzter Hang vor Schmallenberg.
Die Auswirkung des Orkan Kyrill auf die Umgebung von Schmallenberg ist deutschlich zu sehen: Ein abgeholzter Hang vor Schmallenberg. © Franz Luthe/ WR
Auch in Olpe Korbach gut sichtbare Schäden des Wintersturm Kyrill.
Auch in Olpe Korbach gut sichtbare Schäden des Wintersturm Kyrill. © Hans Blossey
Ebenso am Biggesee Olpe.
Ebenso am Biggesee Olpe. © Hans Blossey
Auch in Brilon sind ein Jahr nach dem Sturm, der am 15. Januar 2007 entstand, und sich nach dem nach dem 22. Januar 2007 auflöste.
Auch in Brilon sind ein Jahr nach dem Sturm, der am 15. Januar 2007 entstand, und sich nach dem nach dem 22. Januar 2007 auflöste. © WP
...wurden in Nasslagern wie diesem gestapelt. Der fünfte
...wurden in Nasslagern wie diesem gestapelt. Der fünfte "Kyrill"-Jahrestag ist für... © WR
...die Förster in NRW Anlass, in den Wäldern Bilanz zu ziehen:
...die Förster in NRW Anlass, in den Wäldern Bilanz zu ziehen: © Gerd Lorenzen/ WP
In der Nacht vom 18. auf den 19. Januar 2007 - tobte der bislang stärkste Orkan hierzulande mit Windgeschwindigkeiten von...
In der Nacht vom 18. auf den 19. Januar 2007 - tobte der bislang stärkste Orkan hierzulande mit Windgeschwindigkeiten von... © Michael Kleinrensing/ WP
bis zu 200 Stundenkilometern über Europa. Die schwersten Schäden (Im Bild der Blick auf den Mühlberg in Kreuztal) in den Wäldern
bis zu 200 Stundenkilometern über Europa. Die schwersten Schäden (Im Bild der Blick auf den Mühlberg in Kreuztal) in den Wäldern © Roland Abel
...richtete er in Deutschland und hier insbesondere in NRW an. Im Bild: Neuenrade Stadtwald im März 2007.
...richtete er in Deutschland und hier insbesondere in NRW an. Im Bild: Neuenrade Stadtwald im März 2007. © Rudi Rust
Der damalige NRW-Minsterpräsident Jürgen Rüttgers besuchte die Waldbauern im Sauerland. Durch den Orkan Kyrill haben sie sehr viel Wald veroren.
Der damalige NRW-Minsterpräsident Jürgen Rüttgers besuchte die Waldbauern im Sauerland. Durch den Orkan Kyrill haben sie sehr viel Wald veroren. © Bodo Goeke
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© Gerd Lorenzen/ WP
Im Weitmarer Holz in Bochum steht Stadtförster Lothar Kühnen an entwurzelten Buche. Bei der Wiederaufforstung fahren...
Im Weitmarer Holz in Bochum steht Stadtförster Lothar Kühnen an entwurzelten Buche. Bei der Wiederaufforstung fahren... © Karl Gatzmanga/ WAZ
...private Waldbauern, denen rund drei Viertel der NRW-Waldfläche gehören, und ihre den Staatsforst betreuenden Kollegen zweigleisig. Auf 55 Prozent der...
...private Waldbauern, denen rund drei Viertel der NRW-Waldfläche gehören, und ihre den Staatsforst betreuenden Kollegen zweigleisig. Auf 55 Prozent der... © WR
...betroffenen Flächen wurden Setzlinge gepflanzt. Der andere Teil soll sich durch natürliche Verjüngung...
...betroffenen Flächen wurden Setzlinge gepflanzt. Der andere Teil soll sich durch natürliche Verjüngung... © Gerd Lorenzen/ WP
...zu neuem Mischwald entwickeln - ausgehend von verbliebenen Laub- und Nadelbäumenie, die auf zerstörten Flächen als
...zu neuem Mischwald entwickeln - ausgehend von verbliebenen Laub- und Nadelbäumenie, die auf zerstörten Flächen als "Samenspender" für den jungen Wald dienen. © WR
Holzverlade-Bahnhof Scheuerfeld. Auf dem Scheuerfelder Bahnhof wird das von Kyrill umgelegte Holz mit der Westerwaldbahn abgefahren.
Holzverlade-Bahnhof Scheuerfeld. Auf dem Scheuerfelder Bahnhof wird das von Kyrill umgelegte Holz mit der Westerwaldbahn abgefahren. © Markus Döring
geholt wird. Auf über 1,5 Milliarden Euro belief sich der finanzielle Schaden. Bei vielen...
geholt wird. Auf über 1,5 Milliarden Euro belief sich der finanzielle Schaden. Bei vielen... © IKZ
...Waldbauern vor allem im Sauerland und Siegerland wurde die Arbeit einer ganzen Generation zerstört.
...Waldbauern vor allem im Sauerland und Siegerland wurde die Arbeit einer ganzen Generation zerstört. © Sonja Glaser-Stryak/ WAZ
(Bild: Weitmarer Holz)
(Bild: Weitmarer Holz) © Karl Gatzmanga/ WAZ
Essen-Kettwig, Waldbauern im Scheidtschen Wald
Essen-Kettwig, Waldbauern im Scheidtschen Wald © WAZ
Dachdecker haben nach Orkan Kyrill noch lange Sturmschäden zu beseitigen. In Nordrhein-Westfalen allein starben
Dachdecker haben nach Orkan Kyrill noch lange Sturmschäden zu beseitigen. In Nordrhein-Westfalen allein starben © Karl Gatzmanga/ WAZ
...bei den Aufräumungsarbeiten in den betroffenen Wäldern...
...bei den Aufräumungsarbeiten in den betroffenen Wäldern... © WR
...bis Mitte Januar 2008 weitere sechs Menschen, mehr als 700 Unfälle mit Verletzten wurden gezählt. Im Bild: Neuenrader Stadtwald im März. Forstarbeiter räumen auf.
...bis Mitte Januar 2008 weitere sechs Menschen, mehr als 700 Unfälle mit Verletzten wurden gezählt. Im Bild: Neuenrader Stadtwald im März. Forstarbeiter räumen auf. © Rudi Rust
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© Dietmar Wäsche/ WR
Einer Spinne gleich bewegt sich der Spezialharvester auf seinen langen
Einer Spinne gleich bewegt sich der Spezialharvester auf seinen langen "Beinen" am Hang © WR
In Hagen wurde die ehemalige Bahnfläche am Südufer des Hengsteysee als Nasslager für Holz für die Hagener Papierfabrik Stora Enso genutzt.
In Hagen wurde die ehemalige Bahnfläche am Südufer des Hengsteysee als Nasslager für Holz für die Hagener Papierfabrik Stora Enso genutzt. © WP Michael Kleinrensing
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Auch wenn kein konkreter Straftäter ermittelt werden konnte, löste der Vorgang bei Behörde wie Gericht großes Unbehagen aus. Denn man mag kaum an Zufall denken, wenn gleich fünf große Flächen von insgesamt 5,2 Ha so unorthodox bepflanzt werden. Forstexperten des Landes hatten sich gewundert, dass an den Rändern der Waldwege einige Reihen 1,20 Meter hoher Setzlinge angepflanzt wurden, dahinter sich aber großflächig kleine Baumreihen anschlossen. Das riecht geradezu nach Methode. Da sollte offenbar was nicht auffallen.

Unternehmer zahlte Geld zurück

Und nicht nur diese Fachleute fanden es verwunderlich, dass den KVR-Beschäftigten nach dem Abladen der 47000 Bäumchen nicht aufgefallen ist, dass viele hundert kleinwüchsiger waren. Und auch der Gartenbauunternehmer zögerte nicht, nach Bekanntwerden des Skandals sofort mehr als 4000 Euro freiwillig zurückzuzahlen. Eine Subvention von knapp 15.700 Euro darf der KVR hingegen aus formaljuristischen Gründen behalten. Die Maßnahme war 2009 bereits abgeschlossen worden. Erst 2010 war aber das Geld aus abrechnungstechnischen Gründen erst ausgezahlt worden. Doch da galt bereits der Subventionsstopp. Diese Sanktion hatte der Landesbetrieb selbst ausgesprochen, hätte den Betrag also erst gar nicht überweisen dürfen. (AZ.: 7 K 5680/10)