Essen.. Die Stadt möchte mit einem „Erhaltungsprogramm“ ab 2013 in die Hauptverkehrsadern investieren. Bis 2018 sollen jährlich fünf Millionen Euro in die Hand genommen werden, um die wichtigsten 340 Fahrbahn-Kilometer zu sanieren.

Das Essener Straßennetz hat wirklich bessere Zeiten erlebt. Essens Autofahrer poltern zwar nicht gerade über Schlagloch-Pisten von Kettwig nach Karnap, aber für „überaltert“ halten selbst Essens Oberbürgermeister Reinhard Paß und Baudezernentin Simone Raskob die insgesamt 1550 Straßenkilometer. Die Zahlen lassen auch kein anderes Urteil zu: 86 Prozent der Asphaltdecken haben bereits 30 Jahre auf dem Teerbuckel, fast jede dritte hat den Verkehr sogar mehr als 60 Jahre getragen – und damit die Altersgrenze für Fahrbahnen teils deutlich überschritten.

„Wir haben das etwas aus dem Blick verloren“, gibt Paß unumwunden zu und sieht „Handlungsbedarf“. Trotz der finanziell nach wie vor angespannten Lage, will die Stadt 2013 mit einem „Erhaltungsprogramm für die Hauptverkehrsstraßen“ starten und bis 2018 jährlich fünf Millionen Euro in die wichtigsten 340 Fahrbahn-Kilometer stecken.

Lange Arbeitsliste

Natürlich werden die nicht komplett bespielt, zurzeit stehen etwa 27 Abschnitte auf der Arbeitsliste, von Alfredstraße bis Wittenbergstraße, von Gladbecker bis Steeler Straße. Straßenbauexperten ermittelten den Sanierungsbedarf nach einer 800 Kilometer langen Rundreise mit einem speziellen Messwagen über alle Fahrbahnen der Stadt. Welche Abschnitte zuerst bearbeitet werden, darüber entscheiden der Zustand, aber auch anstehende Bauprojekte von Stadtwerken oder der Evag, die das Amt für Straßen und Verkehr einbinden will.

Andererseits wird der Straßenbau in Essen nicht gerade renaissanceverdächtige Umfänge annehmen: „Fünf bis sechs Kilometer“ rechnet Rainer Wienke, Leiter des Amtes für Straßen und Verkehr, „können wir mit den fünf Millionen im Jahr schaffen“. Das ist gerade so viel, dass der Anteil der stark geschädigten Straßen nicht weiter ansteigt.

Hier zeigen sich die Versäumnisse der zurückliegenden Jahre: Seit 2001 kletterte der Anteil der Fahrbahnen in sehr schlechtem Zustand von 4,4 auf immerhin 12,1 Prozent. Die Straßen seien nur ein weiteres Beispiel dafür, dass Essen von der Substanz lebt, räumt die Stadtspitze ein. Folglich hat sich das Bild bei Straßen in „sehr gutem bis gutem Zustand“ gewandelt: Hier notierten die Straßenbauexperten ein Abrutschen von 19 auf 7,9 Prozent.

Ohne die 3,5 Millionen aus dem Konjunkturprogramm für Straßen, ohne die Landesgelder aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz für neue Straßen (Beitz-Boulevard), für eine neue Verkehrsführung (Stadtwaldplatz) oder Projekte, die den „Verkehrswert“ einer Straße (Heisinger Straße) mit breiterer Fahrbahn oder Radwegen erhöhen, würde das Bild noch trister ausfallen.

Relativ guter Zustand

Wobei sich Essens Pisten im revierweiten Vergleich immer noch behaupten können: „Das Gemeindeprüfungsamt hat unseren Straßen 2008 einen relativ guten Zustand bescheinigt“, sagt Baudezernentin Simone Raskob. Die Landesprüfer hätten der Stadt aber auch ins Stammbuch geschrieben, dieses Niveau möglichst zu halten.

Ob dafür fünf Millionen Euro jährlich reichen? Vor dem Hintergrund der Haushaltslage sei das durchaus vertretbar, meint Oberbürgermeister Reinhard Paß, der das Erneuerungsprogramm noch durch die Haushaltsberatungen im Herbst bringen muss. Ein funktionierendes Straßennetz sei für eine moderne Großstadt und den Wirtschaftsstandort Essen „von herausragender Bedeutung“, will der OB gegenüber den Ratsfraktionen argumentieren. Zumal es hier auch um Werte gehe: Auf 377 Millionen Euro werden Essens 1550 Straßenkilometer taxiert, dieses Vermögen gelte es zu erhalten.

Eine gute Straßendecke hilft aber auch, Geld zu sparen. So gibt die Stadt im Jahr rund 900.000 Euro für die Sanierung aus: Hier ein paar Schlaglöcher nach dem Winter mit Kalt-Asphalt stopfen, dort eine neue Teerdecke aufbringen, dies alles hilft kurzfristig, die Verkehrssicherheit herzustellen, verbessert die Straßenlage aber nicht substanziell. Für die über 1200 Kilometer an Nebenstraßen wird es jedenfalls das gängige Verfahren bleiben, das stellte die Stadtspitze klar: „Es geht nur um die Hauptverkehrsstraßen.“