Essen. . Nach dem Willen der Bezirksvertretung II soll die Rüttenscheider Brücke bald „Philipp-Müller-Brücke“ heißen. Dagegen regt sich Widerspruch, auch bei den Grünen. Der Namensgeber war ein Jung-Kommunist, der 1952 bei einer für illegal erklärten Demonstration gegen die deutsche Wiederbewaffnung an der Grugahalle durch den Waffengebrauch eines Polizisten zu Tode kam.
Es klingt wie ein missglückter Aprilscherz, ist aber offenbar ernst gemeint: Das Links-Bündnis in der Bezirksvertretung II, bestehend aus SPD, Grünen und Linken, will die Rüttenscheider Brücke umbenennen. „Philipp-Müller-Brücke“ soll das Bauwerk künftig heißen, benannt nach einem Jung-Kommunisten, der 1952 bei einer für illegal erklärten Demonstration gegen die deutsche Wiederbewaffnung an der Grugahalle durch den Waffengebrauch eines Polizisten zu Tode kam.
Bereits am vergangenen Samstag nutzten linksextremistische Gruppen die 60-jährige Wiederkehr dieser Nachkriegstragödie, um in Rüttenscheid eine von Beobachtern als bizarr empfundene Demonstration abzuhalten, inklusive DDR-Verklärung und spätstalinistischem Personenkult. Die DDR hatte zu ihren Lebzeiten Philipp Müller zum Idol erkoren und als Kronzeugen gegen die westdeutsche Demokratie benutzt.
Nun wollen die Stadtteilpolitiker sich mit der Brückenumbenennung einreihen, um Müller zu ehren - und ernten Entsetzen, teils auch in den eigenen Reihen. „Ich persönlich lehne eine Brückenumbenennung kategorisch ab“, sagt Bürgermeister Rolf Fliß und stellt sich damit gegen seine eigenen grünen Parteifreunde in der BV II. Gleichzeitig streckt Fliß die Hand aus: Er strebe Gespräche über die Frage an, „welche Form der Erinnerung angemessen ist“. Gedacht ist offenbar an eine Mahntafel, die das Linksbündnis in der Rüttenscheider Bezirksvertretung ohnehin vorsieht - allerdings zusätzlich zur Umbenennung.
Demonstration mit 150 Leuten
Strikt gegen eine Politisierung der Rüttenscheider Brücke ist auch der „Arbeitskreis Rüttenscheid“. „Wir erheben massiven Protest“, sagt Sprecher Ulrich Straeter. „Es ist ein Unding, solch einen gewachsenen Namen, der eine topografische Lokalisierung möglich macht und der auch in 50 Jahren noch seine Rolle erfüllen wird, umzubenennen.“
Gleicher Ansicht ist die Interessengemeinschaft Rüttenscheid: „Natürlich ist schrecklich, was passiert ist, aber so bewegend, um gleich eine Brücke mit einem Traditionsnamen umzubenennen, ist das Ereignis nicht gewesen“, meint IGR-Vorsitzender Rolf Krane. Zur von der DKP organisierten Erinnerungsdemo am Samstag kamen jedenfalls nur 150 Leute. Die SPD-geführte BV-Mehrheit will den Essenern offenbar erinnerungspolitisch auf die Sprünge helfen.
"Bezirkliche Betreuung"
Zusätzlich wollen SPD, Linke und Grüne einen alten Plan wieder aufgreifen und in ihrer Sitzung am 24. Mai auch einen Antrag zur Umbenennung der Von-Seeckt-Straße und der Von-Einem-Straße im Südviertel stellen. Beide Benennungen erfolgten während der NS-Zeit, Hans von Seeckt und Karl von Einem waren hohe Offiziere der Reichswehr, die der Weimarer Demokratie fernstanden. Die BV möchte die bis 1937 geltenden Namen Irmgardstraße (anstelle „von Seeckt“) und Ortrudstraße (anstelle „von Einem“) wiedereinführen.
Nach Auskunft der Stadt, ist die BV dazu berechtigt, ohne dass der Rat der Stadt zustimmen müsse, da es sich um Straßen von „bezirklicher Bedeutung“ handele. Auch der Rüttenscheider Brücke dürfe die BV einen neuen Namen geben. Allerdings wollen die Stadtteilpolitiker hier zunächst nur eine „Empfehlung“ an den Rat abgeben.