Essen. Das Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsinstitut (RWI) kritisiert: Oft werden in der Interpretation von Statistiken Korrelation und Kausalität verwechselt. Alle vier Wochen küren die Wissenschaftler die „Unstatistik des Monats“ - aktueller „Sieger“ ist die Studie aus San Diego, laut der Schokolade nicht dick macht.

Schokolade macht nicht dick. Viele Schoko-Fans sind sogar häufiger dünner als Menschen, die keine Schokolade essen. Das schrieben Zeitungen Ende März dieses Jahres und stellten eine neue Studie aus Amerika vor: Für die University of California in San Diego hatten 1018 Männer und Frauen zwischen 20 und 85 Jahren detaillierte Angaben über ihr Ernährungs- und Bewegungsverhalten gemacht. Alle Teilnehmer wurden gesundheitlich untersucht, gemessen wurde der Body-Mass-Index (BMI). Fazit der Studie: Schokolade ist kein Dickmacher. Eher das Gegenteil ist der Fall.

Kann das sein? Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) an der Hohenzollernstraße hat diese Studie jetzt zur aktuellen „Unstatistik des Monats“ gekürt. Alle vier Wochen hinterfragen die Essener Wissenschaftler eine neue und vermeintlich überraschende Erkenntnis aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft – um darauf hinzuweisen, wie leicht man mit der fahrlässigen Interpretation von Studiendaten zu völlig irreführenden Ergebnissen kommen kann.

Denn einen entscheidenden Satz in den Berichten über die Schoko-Studie – ihn überliest der flüchtige Leser leicht: „Diese Art der Studie“, heißt es irgendwo im Kleingedruckten, könne „einen ursächlichen Zusammenhang zwischen regelmäßigem Schokoladenkonsum und einem geringen Körpergewicht nicht belegen.“

Verwechslung von Korrelationen und Kausalitäten

Verantwortlich für den Trugschluss, Schokolade mache sogar womöglich dünn, ist die Verwechslung von Korrelationen und Kausalitäten. „Während eine Korrelation lediglich eine Beziehung zwischen Merkmalen beschreibt, handelt es sich bei der Kausalität um einen ursächlichen Zusammenhang, also Ursache und Wirkung“, schreiben die Forscher des RWI. Die Schoko-Studie habe lediglich ermittelt, dass viele der Probanden, die regelmäßig Schokolade essen, einen niedrigen Body-Mass-Index haben, also dünn sind. Obwohl die Studie ermittelt hat, dass diese Leute die Kalorien nicht an anderer Stelle einsparen und nicht mehr Sport gemacht haben, als andere, ist die Schokolade noch lange nicht der Grund für die Schlankheit der untersuchten Probanden.

Das RWI schildert mit einem Beispiel, was passiert, wenn man Korrelation mit Kausalität verwechselt: „Negative Korrelation“ bedeutet zum Beispiel, dass hohe Werte des einen Merkmals zusammengehen mit niedrigen Werten des anderen Merkmals.

Kein Zusammenhang

Also: Männer, die an Haarausfall leiden oder sogar eine Glatze haben, sind reicher als Männer mit Haaren. Denn es besteht eine hohe negative Korrelation zwischen dem Einkommen und der Zahl der Haare auf dem Kopf. „Daraus folgt aber nicht“, betont das RWI, „dass Männer durch Haarausfall ihr Einkommen erhöhen können, also ein kausaler Zusammenhang besteht.“ Die negative Korrelation komme durch eine dritte Variable zustande: das Lebensalter. Sie wirke hauptsächlich auf die beiden Merkmale ein. Zwischen den Merkmalen „Einkommen“ und „Haare“ besteht überhaupt kein Zusammenhang.