Essen.. RWE-Fans leben mit gemischten Gefühlen. An der Hafenstraße wächst das neue Stadion als Sinnbild für eine bessere Zukunft. Das bedeutet aber auch den Abschied vom alten Stadion. Im Bildband „Das Gefühl Hafenstraße haben zwei bekennende Fans die Emotionen der „Abriss- und Aufstiegssaison“ festgehalten - und außerdem vielen Dingen ein Denkmal gesetzt, die es so bald nicht mehr geben wird.
Tani Capitain, Sprecher der JugendhilfeEssen, und Konzertveranstalter Macus Kalbitzer sind RWE-Fans seit ihrer Kindheit in den 80er Jahren. „Ich habe Willi Lippens hier noch spielen sehen“, sagt Kalbitzer. Und Capitain sagt: „Es gibt ein Foto von mir und ,Kobra’ Jürgen Wegmann“. Capitain war aber auch einer jener Fans, die sich nach Insolvenz und Zwangsabstieg frustriert abgewandt hatten. Sie kehrten zurück, als sie immer öfter von der neuen Partystimmung im Stadion hörten: „Das Spiel ist egal, aber die Stimmung ist Klasse“. Das führte zum Zuschauerrekord von 12 512 Besuchern beim Derby gegen den ETB und dazu, dass Capitain und Kalbitzer „das Gefühl Hafenstraße“ wieder entdeckten.
Inszeniert sind die Fotos wie ein Fußballspiel
Die Fotoserie, die jetzt zum Bildband wurde, entstand in der Rückrunde 2011. „Wir wollten das eigentlich nur für uns machen“, sagen Beide. Aber als der Wiederaufstieg perfekt wurde, nahm auch die Buchidee Gestalt an. Die Bilder dokumentieren die Aufbruchstimmung an der Hafenstraße, aber auch der anstehende Abschied vom alten Stadion schmeckt durch. „Vieles, was wir an der Hafenstraße lieb gewonnen haben, wird es so nicht mehr geben“, sagt Kalbitzer. „Im neuen Stadion gibt es ein anderes Gefühl von Fußball gucken.“ Deshalb haben die Autoren ihr Vorwort so überschrieben: „Tschüss Georg-Melches-Stadion und: Danke!“
Inszeniert sind die Fotos wie ein Fußballspiel. „Wir haben diese Bilder in die Logik eines imaginären Spieltages gebracht.“ Aber, Achtung: „Da ist nicht eine einzige Spielszene drin!“, warnt Capitain vor falschen Erwartungen. „Wir haben uns erlaubt, den Blick nicht ausschließlich auf das Spielgeschehen zu richten, sondern das Stadion sowie Spieler, Fans, Betreuer und Unterstützer aus verschiedenen Blickwinkeln festzuhalten und so das ,Gefühl Hafenstraße’ zu vermitteln.“
Der Spieltag beginnt mit der Pommesbude an der Ecke und „diesem Kribbeln im Bauch“; es folgt der Aufmarsch der Fans, das Warmlaufen in der Vereinsgaststätte und schließlich die Rituale auf dem Rasen vor dem Anpfiff. Mit den Bildern von der Wiederaufstiegsfeier hätte das Buch ein natürliches Ende gehabt. Doch die Autoren legen noch mal nach und zeigen Bilder aus der „dritten Halbzeit“: Staus am Fan-Shop; Autogrammjäger; das leere Stadion, wenn das Flutlicht erlöscht. Und immer wieder Bagger, die den Neubau voran treiben.
Und dann ist immer noch nicht Schluss. Das „Bonusmaterial“ zeigt Fotos aus den Pressekabinen unter dem Hallendach, aus dem „Medienzentrum“, aus den so genannten VIP-Räumen, von Pressekonferenzen und die Arbeit der Fotografen auf dem Spielfeld.
„Rot-Weiss Essen lebt in erster Linie von den Menschen, die diesen Verein stützen“, schreiben die Herausgeber im Vorwort. Diesen Menschen haben sie ein Denkmal gesetzt. Und dem alten Stadion gleich mit.