Essen. . Im Ruhrbistum gibt es seit mehreren Jahren schon die Möglichkeit, öffentlich oder anonym eine Fürbitte auf der Internetseite einzugeben. Schon kurz nach dem Aufstehen macht sich Pater Weber auf den Weg an seinen Computer und prüft, ob eine neue Fürbitte per Mail eingegangen ist.

„Lieber Gott ich muss dir mal schreiben. Wieder mal hast du mir nicht geholfen. Mein Gott, warum hast du mich verlassen; wo bist du?“, will ein Verzweifeltes Schäflein in finanzieller Not wissen. Antworten auf ih­re oder seine Fragen kann Pater Dietmar Weber, Prokurator der deutschen Ordensprovinz der Kamillianer, nicht geben. Und ebenso wenig seine Mitpadres im Kamillushaus in Heidhausen. Schließlich sind die Wege des Herrn noch immer uner­gründlich. Doch die Padres können für das in Not geratene Schäfchen beten und bitten, dass seine Anliegen an weitaus höherer Stelle erhört wird. Denn in diesem Monat, und somit über die Osterfeiertage, sind die Kamillianer mit dem Beten an der Reihe – bei den Online-Klosterfürbitten im Bistum Essen.

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Foto: Kerstin Kokoska © WAZ FotoPool

Seit mehreren Jahren gibt es schon die Möglichkeit, öffentlich oder anonym eine Fürbitte auf der Internetseite des Bistums einzugeben, ganz un­ter dem Leitsatz: „Wir sind sicher, beten hilft...“ Schon die Bibel kennt Fürbitten, die Bitte oder das Gebet für jemand anderen. Trotzdem war das „Gebet der Gläubigen“ über Jahrhunderte kein fester Bestandteil in der Heiligen Messe. Erst das Zweite Vatikanische Konzil (1962 bis 1965) nahm es wieder in die Messfeier auf. Zuvor wurden Fürbitten nur am Karfreitag gesprochen, was für Pater Weber heute wohl kaum denkbar wäre: „Wir sind sehr modern eingestellt.“ Dass die weltliche Art der Kommunikation moderner wird, befördert die moderne Fürbitte.

Schon kurz nach dem Aufstehen macht sich Pater Weber auf den Weg an seinen Computer, schaltet ihn ein und überprüft, ob über Nacht eine neue Fürbitte per E-Mail eingegangen ist. Da Anliegen nicht nur an den Orden geschickt, sondern auch öffentlich in das Online-Gebetbuch eintragen werden können, schaut er dort natürlich auch nach. Manchmal sogar mehrmals täglich.

2400 mal Fürsprache

Mehr als 30 Ordensgemeinschaften im Bistum nehmen Ängste und Sorgen, aber auch Dank und Freude mit ihr tägliches Gebet hinein und bringen diese vor Gott. „Ich drucke die Fürbitte aus und lege sie in un­sere Kapelle. Dort wird sie verlesen und wir beten für das Anliegen“, erzählt Weber. Es gehe darum, dieses mitzutragen; jemanden bei seinem Gebet zu unterstützen, ihn zu bestärken. Die Idee, eine Klosterfürbitte im Internet einzurichten, hatten die Ordensleute. Rund 2400 Mal wurde dieses Angebot in den vergangenen drei Jahren genutzt.

Die Gründe, warum jemand im Internet Fürbitten einträgt, sind dabei so verschieden, wie die Menschen selbst: Mal sind sie persönlicher, gesellschaftlicher, spiritu­eller oder weltlicher Natur. „Lieber Gott, meine Geldbörse wurde mir gestohlen. Seitdem bin ich wie unter Schock und völlig durch den Wind. Bitte hilf, dass ein ehrlicher Finder das Portemonnaie wiederfindet und mich benachrichtigt“, heißt es in einer Fürbitte. Eine andere soll den Ruhrbischof in seinem Tun bekräftigen: „Lieber Gott, mach, dass die Menschen den Bezug zur Kirche wiederfinden können. Bestärke Bischof Franz-Josef Overbeck in allen ihn auferlegten Aufgaben.“

Viele Fürbitten sind von der Hoffnung nach besseren Zeiten geprägt, vor allem, wenn es um Krankheitsfälle in der Familie oder im Freundeskreis geht. So ersucht ein Sohn oder eine Tochter die Ordensleute: „Bitte betet für meinen Vater. Er liegt mit einer schweren Blutvergiftung und Organversagen auf der Intensivstation und kämpft um sein Leben. Bitte schließt meine Mutter in euer Gebet ein. Sie braucht Kraft und Zuversicht.“ In ei­nem anderen Beispiel geht es darum, dass seine Leiden des Bittenden selbst ein Ende finden: „Herr, ich bitte dich um Heilung meiner Beschwerden und Probleme und das sind im Moment viele die mich quälen. Lieber Gott, Jesus und Heiliger Geist, sei mir gnädig.“

Zum dritten Mal beteiligen sich Pater Dietmar Weber und sein Orden den Klosterfürbitten. „Nicht jeden Tag geht eine E-Mail ein, manchmal sind es hingegen vier oder fünf“, sagt er. Die Kommunikation ist dabei stets einseitig. Die Fürbitte geht ein und wird in das Gebet einbezogen. „Doch wir schreiben nicht zurück“, sagt Weber. Wer akute Hilfe wünscht, könne sich jederzeit anonym, vertraulich und gebührenfrei die Telefonseelsorge ( 0800 111 0 -111 / -222) wenden. Für Pater Weber ist die Klosterfürbitte trotzdem ein voller Erfolg: „Denn wir können damit Menschen erreichen, die sonst vielleicht nicht zu uns finden, etwa junge Leute, die nicht in die Kirche gehen.“ Ob jemand katholisch, evangelisch, Muslim oder Jude ist, wird nicht abgefragt. Pater Weber: „Wer eine Fürbitte einreicht, kann damit rechnen, dass wir für ihn beten und ihm zur Seite stehen.“

Die Kamillianer wirken seit 1901 in Essen

Weltweit stehen 1100 Kamilli­aner im Dienst für Kranke, davon etwa 20 in Deutschland. In Heidhausen, der ersten Niederlassung der 1901 gegründeten Ordensprovinz, befindet sich das Provinzialat der deutschen Kamillianer, das Mutterhaus. Über Essen hinaus bekannt ist die Fachklinik Kamillushaus, in der Suchtkranke behandelt werden. Die Kamilli­aner betreuen die Pfarrei St. Kamillus mit der Kooperationsgemeinde Christi Himmelfahrt in Fischlaken. In den Altenheimen St. Augustinus, im Paul-Hannig-Heim und in der Ruhrlandklinik sind sie seelsorglich tätig. Die Gemeinde der katholischen Filipinos in der Diözese Essen betreuen sie auch.