Essen. Der gebürtige Essener Christoph Steegmans ist neuer stellvertretender Regierungssprecher der Bundesregierung. Heimatverbunden ist der FDP-Mann bis heute. Bis dato „verkaufte” der leidenschaftliche Modelleisenbahner die Arbeit der FDP-Bundestagsfraktion.
Über Bela Anda, der für Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) meist so wenig wie eben nötig sprach, wurde einmal fabuliert, er schaue aus wie eine Mischung aus Pierce Brosnan und dem jungen Sky Dumont. Christoph Steegmans wird das nicht widerfahren, erinnert er doch phänotypisch so gar nicht an geschniegelte Film-Beaus. Der gebürtige Essener, ein studierter Wirtschaftshistoriker, schielt. Und seine extreme Kurzsichtigkeit, minus 16 Dioptrien, hat ihm eine Brille beschert, die Gesprächspartner anfangs immer ein wenig irritiert zurücklässt. Steegmans (38) weiß das. Und nimmt es mit Humor auf eigene Kosten.
„Ich bin der einzige Mensch hier im Raum, der gleichzeitig in zwei Objektive schauen kann”, sagte er gestern, als das Fotografen-Klicken im Saal der Bundespressekonferenz am Spreeufer kein Ende nehmen wollte. Steegmans ist das neue Vize-Gesicht der Bundesregierung. Künftig wird er – als Vertreter der FDP – im Wechsel mit Regierungssprecher Ulrich Wilhelm (CSU) bis zu dreimal pro Woche vor der versammelten Bundespresse erscheinen, Rede und Antwort stehen, komplizierte Sachverhalte geschmeidig vortragen, wenn es die Detailtiefe erforderlich macht, an die Sprecherinnen und Sprecher der Fachressorts übergeben, mit vielen Worten wenig sagen und ansonsten die neue Bundesregierung generell in ein möglichst vorteilhaftes Licht rücken.
Humor und Menschlichkeit
Steegmans kann das. Der zweifache Familienvater, Sohn Constantin ist fünf, Tochter Katharina sieben, hat sich während der zähflüssigen Koalitionsverhandlungen, wenn er schon keine harten Fakten liefern durfte, so doch mit Humor und Menschlichkeit den Respekt der wartenden Hauptstadt-Journalisten verdient. Bis dato „verkaufte” der leidenschaftliche Modelleisenbahner die Arbeit der FDP-Bundestagsfraktion.
In die Politik und speziell in die FDP kam der ehemalige Mitarbeiter der NRZ-Lokalredaktion in Oberhausen zu Zeiten seines Studiums in Bonn. Um sich ein wenig Geld zu verdienen, bugsierte er auf Geheiß des Bundespresseamts Besuchergruppen durch die damalige Bundeshauptstadt. Irgendwann kreuzten sich die Wege mit dem damaligen FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle. In dessen Büro fing Steegmans als Hilfskraft an. Anders als der FDP-Parteisprecher Robert von Rimscha gilt Steegmans unter Journalisten als offen und herzlich im Umgang. Als Westerwelle ihn am vergangenen Sonntag nach dem FDP-Parteitag auf dem Flughafen Tempelhof fragte, ob er den Sprecher-Job haben wolle, musste Steegmans nicht lange überlegen. Der neue Vize-Sprecher, der gleichzeitig die Nummer zwei im Bundespresseamt mit seinen knapp 500 Mitarbeitern ist, wird allerdings nicht mehr so oft wie früher in seine Heimatstadt Essen kommen können.
Im Moltkeviertel wurde Christoph Steegmans 1971 geboren. Hier ging er bis zum Abitur aufs Burg-Gymnasium. Hier lernte er seine Frau Claudia kennen, die die BMV-Schule absolvierte. Hier leben seine Eltern und die Schwiegermutter. Was er heute an Essen am meisten vermisst? „Den Kreuzgang im Münster, dort war ich gern”, sagt Steegmans im Gespräch, „und natürlich Roskothen, das Spielwarenfachgeschäft am Kennedyplatz. Ich bin doch ein leidenschaftlicher Modelleisenbahner.” Seinen ersten Auftritt als Regierungssprecher erledigte Steegmans, sichtbar angespannter und weniger mitteilungsfreudig als sonst, ingesamt souverän. Er weiß: „Auf diesem Stuhl reicht ein Satz von mir aus, um jede Menge Mist anzurichten.”