Essen. Im Jahr 2009 wurde der Kulturausschuss mit dem für Integration zusammengelegt. Nun denkt man über eine Rücknahme nach. “Das Thema Integration ist weder im Kulturausschuss, noch in der Stadtgesellschaft angekommen“, konstatiert Grünen-Ratsherr Burak Copur.
Wie es mit der Arbeit im Kultur- und Integrationsausschuss weiter gehen soll, ist noch lange nicht entschieden – dass es aber so wie bislang nicht mehr geht, darin ist sich die Politik einig: Es ist nicht zusammengewachsen, was noch 2009 zusammengedacht wurde. Vor zwei Jahren löste man auf Betreiben der Grünen nach der Ratswahl den Ausschuss für Integration auf und legte ihn mit dem für Kultur zusammen. Heute sagt der Grünen-Ratsherr Burak Copur: „Integration hat im Ausschuss nicht die Stellung, die man sich wünscht.“ Noch deutlicher wird der Vorsitzende des Integrationsrates, Muhammet Balaban: „Der Ausschuss ist mit dem Thema Zuwanderung überfordert.“ Beide sind sich in der Analyse einig – und doch uneins über die Konsequenzen, die daraus zu ziehen wären. Doch der Reihe nach.
Als im Sommer 2009 die Zusammenlegung erfolgte, waren die Ziele klar: Zum einen sollte das Politikfeld Zuwanderung aufgewertet werden, indem man es aus seinem Nischendasein befreit. Zum anderen sollten Doppelstrukturen gekappt werden, die sich durch den parallel, im selben Bereich arbeitenden Integrationsrat ergaben. Wer in beiden Gremien saß, wie zum Beispiel Balaban, dem konnte es passieren, dass er an zwei verschiedenen Sitzungstagen eine nahezu identische Tagesordnung abarbeitete. Dahingehend war die Fusion erfolgreich. Doch die Kulturausschussmitglieder fremdeln mit dem Thema Zuwanderung – und üben sich in Selbstkritik.
"Integration noch nicht angekommen"
Bereits im September trafen sich die kulturpolitischen Sprecher der Fraktionen mit dem Vorsitzenden des Gremiums, Norbert Kleine-Möllhoff, und dem Dezernenten für Kultur, Integration und Sport, Andreas Bomheuer, um sich in einer „kritischen Nachbetrachtung“ der vorangegangenen Sitzung zu üben. Während man sich darauf verständigte, zukünftig die Arbeit etwa in puncto Wortmeldungen „disziplinierter“ anzugehen, wurde Linken-Ratsherr Hans Peter Leymann-Kurtz grundsätzlich: Er bezweifle, dass sich das Experiment der Zusammenlegung als „langfristig sinnvoll“ erwiesen habe.
Der in Integrationsfragen unermüdlich engagierte Burak Copur konstatiert: „Das Thema Integration ist weder im Kulturausschuss, noch in der Stadtgesellschaft angekommen.“ Ob es daran liegen könne, dass man es in der Integrationspolitik eben nicht nur mit Fragen der Kultur im weitesten Sinne zu tun habe, sondern auch beispielsweise der Sozialgesetzgebung, mag Copur nicht kommentieren.
Fest steht: Der Politikwissenschaftler, der von 2004 bis 2009 dem Integrationsausschuss vorstand, denkt inzwischen laut über eine Rückabwicklung der Zusammenlegung von Kultur und Integration in der kommenden Ratsperiode im Jahr 2014 nach. Copur hat diese Idee nicht exklusiv: Hans Aring von der SPD kündigt ebenfalls an, nach den kommenden Wahlen für den Rat, über das Thema diskutieren zu wollen. Ob es dann wieder einen eigenen Ausschuss für „Integration“ geben wird, sei jedoch offen.
Integrationsrat abschaffen?
„Darüber kann man nachdenken“, sagt auch Dezernent Bomheuer. Ebenso die kulturpolitische Sprecherin der CDU, Susanne Asche: „Wir werden über Integrationsrat und Integrationsausschuss neu nachdenken müssen.“ Burak Copur sagt, was „neu nachdenken“ bedeuten könnte: Damit es nicht wieder zu Doppelstrukturen kommt, schlägt er vor, den Integrationsrat abzuschaffen. Dafür solle der Rat wieder einen eigenen Integrationsausschuss bekommen und die Parteien sich mehr für Mitglieder mit Migrationshintergrund öffnen.
Eine Abschaffung des Integrationsrates lehnt dessen Vorsitzender Balaban freilich ab. Copurs Vorschlag werde sich nicht durchsetzen. „Bislang hatte in dieser Frage immer die Vernunft eine Mehrheit“, sagt Balaban. Essen brauche „eine Plattform für Nichtdeutsche, auf der sie sich artikulieren können“. Er fordert vielmehr eine Aufwertung des Integrationsrates. Und sagt mit Blick auf die wegen Wahlbeeinflussungen nötig gewordene Wiederholungswahl des Gremiums am 20. November: „Es hängt von uns ab.“