Essen. Die neue Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Wickenburg wird wohl wohnlich, das lässt sich erahnen. Einziehen werden 50 Kinder und Jugendliche, bislang gab es an der Virchowstraße nur 40 Bettenplätze. Die Klinik wird auch Kinder aus Mülheim und Oberhausen betreuen.
Noch stehen nur wenige Umzugskisten im neuen Haus. Ein wenig Spielzeug, einige Therapiematerialien, die verloren wirken neben hoch aufgetürmten Stuhl- und Matratzenstapeln. Doch es lässt sich erahnen, die neue Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Wickenburg, sie wird wohl wohnlich. Soweit man sich in einer stationären Therapieeinrichtung mit 50 Bettenplätzen heimisch fühlen kann.
Entwachsen ist die LVR Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie dem zehnstöckigen Hochhauskomplex aus den 70er Jahren an der Virchowstraße. „Ohnehin muss das Haus geräumt und saniert werden“, sagt die kaufmännische Direktorin der Klinik Jane Splett-Bambynek. Nun werden in einem ersten Schritt Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 18 Jahren umziehen.
Rund 23 Millionen Euro kostet das Haus in Container-Bauweise, enthalten in der Summe sind 7,5 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II. Das Grundstück erwarb der LVR bereits vor 20 Jahren, doch bislang fehlte das Geld für den Neubau.
50 Bettenplätze
Einziehen werden 50 Kinder und Jugendliche, bislang gab es an der Virchowstraße nur 40 Bettenplätze. „Die Krankenkassen“, sagt Splett-Bambynek, seien großzügig gewesen. Zumal die Essener Klinik künftig auch Kinder aus Mülheim und Oberhausen, die bislang in Viersen behandelt wurden, betreuen wird. So sei das Personal um zwanzig Stellen aufgestockt worden, um demnächst noch mehr Patienten therapieren, betreuen, fördern zu können. Denn immer häufiger seien Kinder mit ihrer Umwelt überfordert, hätten gegen Reizüberflutung zu kämpfen und fänden dabei in sich wandelnden Familienstrukturen nicht immer Rückendeckung. Depressionen bei Sechs-Jährigen, Essstörungen bei Jungen wie bei Mädchen, Schulängste, die in der Verweigerung von Bildungsangeboten gipfeln, traumatische Erlebnisse, Versagensängste gilt es zu behandeln.
Rückzugsmöglichkeiten und soziale Kontrolle
Das Haus ist offen, wurde konzipiert nach den Anregungen der Mitarbeiter und den Therapieerfahrungen aus den letzten Jahrzehnten. So gibt es Rückzugsmöglichkeiten für Jugendliche. Und es gibt Zweibettzimmer für jüngere Kinder – mit außen liegenden Bädern. Soziale Kontrolle soll dies ermöglichen, damit die Betreuer sehen, ob ein Kind zu antriebslos ist, um die Körperhygiene zu bewältigen und es soll den Überblick über häufige Toilettenbesuche essgestörter Patienten vereinfachen.
Einen Shuttle-Service wird es geben für die Kinder, die auf dem Gelände der Uni-Klinik die Schule besuchen oder Angebote der Kinderklinik nutzen. Ein Transfer, der beibehalten werden soll auch „um die Nähe zum Lehr- und Forschungsstandort auf dem Uni-Klinik-Campus nicht zu verlieren“, sagt Splett-Bambynek.
Die Bettenplätze sind bereits alle vergeben, denn die Wartelisten für die stationäre Therapieunterbringung sind lang. Ähnlich sieht es im ambulanten Bereich, der an der Wickenburg eröffnen wird, aus. Spiel- und Familientherapie sowie Motopädie werden angeboten, denn auch danach suchen Eltern mit Kindern, die Hilfe brauchen, dringend.
„Essener Kontakte“ sollen Cafeteria-Betrieb übernehmen
Mit den Essener Kontakten ist Jane Splett-Bambynek im Gespräch, um im Erdgeschoss einen Cafeteria-Betrieb einzurichten. Bereiche, in denen man nett beieinander sitzen kann, gibt es zudem in den Innenhöfen.
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Einzig der Innenhof, der zum geschlossenen Klinikteil gehört, ist nicht für jedermann begehbar. Auch diese Abteilung ist mit hellen, freundlichen Jugendzimmer-Möbeln eingerichtet. Zugewiesen werden die Zimmer nach Indikation. Im Zweitbettraum kommen Kinder und Jugendliche unter, denen Sozialkontakte gut tun. Die Einzelzimmer sind denen vorbehalten, die leicht aggressiv reagieren. „Noch immer gibt es das Vorurteil, wir würden diese Kinder mit Medikamenten ruhig stellen oder ans Bett fesseln, doch das ist nicht der Fall“, sagt Splett-Bambynek. Vielmehr gebe man den Kindern Gelegenheit, Aggressionen auszuleben. „Dazu haben wir Räume mit gepolsterten Wänden eingerichtet“, erklärt die kaufmännische Direktorin.
Gelegenheit, das Haus zu besichtigen, bekommen Anwohner am Freitag, 13. Januar, dem Tag des Einzugs. Das Gros der Kinder wird jedoch - nach einem Wochenende bei den Eltern - erst am Sonntag erwartet.