Essen. Essen hat keine einzige reine Post-Filiale mehr. Das ist ein Grund, warum Telefonbücher in Supermärkten ausliegen. Dabei ist auch in Essen ein Trend festzustellen - die Zahl der Einträge sinkt, weil immer mehr Kunden durch Anbieterwechsel verloren gehen.
Die Hauptpost am Willy-Brandt-Platz in der Innenstadt ist eigentlich keine Hauptpost. Sondern gehört, streng genommen, zum Filialnetz der Postbank, die sich wiederum mehrheitlich im Besitz der Deutschen Bank befindet. Die Hauptpost am Willy-Brandt-Platz ist also eigentlich eine Filiale der Deutschen Bank. Folgerichtig sagt deshalb Dieter Pietruck, Sprecher des Unternehmens Deutsche Post: „Auf die Geschäfte der sogenannten Hauptpost am Willy-Brandt-Platz haben wir keinen Einfluss.“
Vor zwei Jahren habe es in Essen noch fünf „Eigenbetriebe“ gegeben, so Pietruck. Mittlerweile gebe es 52 „Filialen“ – meist in Kombination mit Lotto-Toto-Läden. Wenn ein Geschäft noch wie eine reine Post aussieht – zum Beispiel die Hauptpost –, dann ist das in Wahrheit ein „Postbank-Finanzcenter“. Hinzu kommen noch 67 sogenannte „Verkaufspunkte“ im Stadtgebiet, an denen man keine Päckchen abgeben, aber immerhin Briefmarken kaufen kann. „Die Zahl der Anlaufstellen“, sagt Pietruck, „ist in Essen so groß wie nie. Das ist ja auch unser Konzept.“
Telefonbuch und Branchenverzeichnis
Trotzdem, beziehungsweise gerade deshalb, ist in diesen Tagen wieder ein Phänomen zu beobachten, das seit Jahren immer stärker zu werden scheint: Die druckfrischen Telefonbücher liegen gratis zur Mitnahme in immer mehr Läden aus. Doch der Eindruck täuscht: „Im vergangenen Jahr und im Jahr 2009 waren es genau die selben Verteil-Stellen“, erklärt Davina Nowak, Sprecherin des Essener Sutter-Telefonbuchverlags. Zurzeit liegen Telefonbücher und das Branchenverzeichnis „Gelbe Seiten“, gemeinsam abgepackt, wieder in Rewe- und Netto-Filialen, bei „Bäcker Peter“ und auch an „Jet“-Tankstellen aus. Ach ja, und in den Postfilialen gibt es sie natürlich auch noch.
Je nachdem, wie und wo die Bücher ausgelegt werden, ist die Nachfrage augenscheinlich schwankend: In manchen Märkten werden die Bücher lieblos in irgendeiner Ecke auf Euro-Paletten abgestellt, sie sehen dann aus wie bestellt und nicht abgeholt. Entsprechend bleiben die Bücher unberührt. Woanders deponiert man sie draußen, zwischen Streusalz und Adventskränzen. Andernorts sind sie direkt am Eingang positioniert und laden ein zur Mitnahme – dort sieht es so aus, als griffen tatsächlich viele Bürger zu.
Schwund bei Einträgen
„Wir wollen das Produkt so nahe wie möglich an den Kunden bringen“, sagt Gerhard Kinzl, Geschäftsführer der Kölner „Das Telefonbuch-Servicegesellschaft“, einer Tochterfirma des Herausgebers „DeTeMedien“. „Da spielt die Schließung von Post-Filialen natürlich eine Rolle.“
Die jüngste Ausgabe des Essener Telefonbuch fürs Jahr 2011/2012 hat übrigens 536 Seiten, das sind genau acht Seiten mehr als das Vorjahreswerk (528 Seiten). Früher jedoch war das Telefonbuch deutlich dicker: Selbst die Ausgabe 2007 hatte noch 588 Seiten). „Ja, es gibt einen gewissen Schwund bei Einträgen“, räumt Gerhard Kinzl ein. Das liege aber nicht daran, dass immer weniger Menschen einen Eintrag ins Telefonbuch wollten, sondern: „Es gehen Kunden auf dem Weg verloren.“ Er meint: Auf dem Weg von der Telekom weg zu einem anderen Festnetz-Anbieter.
„Auch andere Anbieter sind verpflichtet, Kunden nach einem Eintrag ins Telefonbuch abzufragen, aber: „Die scheinen sich nicht so genau daran zu halten“, mutmaßt Kinzl. Seine Firma sieht sich jedenfalls mit einer gehörigen Anzahl von Kunden konfrontiert, die sich beschweren, weil sie nach ihrem Weggang von der Telekom nicht mehr im Buch auftauchen - aber eben ungewollt. Anders ist das bei Leuten, die nur noch ein Handy und kein Festnetz mehr haben: „Da achtet man beim Handyvertrag auf alles mögliche, aber nicht aufs Kreuzchen beim Wunsch nach einem Telefonbucheintrag.“ Und die Zahl jener, die nur noch mobil telefonieren, steige permanent.“