Essen. . Erzieher sind in Kindergärten gewollt: Niedriges Gehalt und negatives Image hält jedoch viele von dem Beruf ab. Im gesamten Kita-Zweckverband im Bistum Essen arbeiten etwa 3000 Erzieherinnen und rund zehn Männer, schätzt Jörg Schmitz (50), Leiter der Kita Atlantis.

Er hat fünf Jahre gebraucht, um seinen Traumjob zu finden. Daniel Kerkhoff (29) wollte erst Bau-Ingenieur werden, hat dann Volkswirtschaft studiert – und beides abgebrochen. Heute betreut der Erzieher 25 Kinder zwischen drei und sechs Jahren in der Kita St. Anna in Altendorf und ist froh über seine Berufswahl.

Auf die hat ihn erst eine Freundin bringen müssen. Für ihn war die Arbeit in einer Jugendgruppe lange Zeit Hobby. Das beruflich zu machen, darauf „wäre ich selbst nicht gekommen“. Viele andere Männer offenbar auch nicht, denn im gesamten Kita-Zweckverband im Bistum Essen arbeiten etwa 3000 Erzieherinnen und rund zehn Männer, schätzt Jörg Schmitz (50).

Der Erzieher leitet die Kita Atlantis und hat einige Zeit gebraucht, sich für seinen Job nicht immer automatisch zu rechtfertigen. In seiner Altherren-Fußballmannschaft zum Beispiel. Jetzt fühlt er sich durch die Bundes-Kampagne, die mehr Männer in Kitas fordert, bestätigt. Kürzlich hat er sogar Stellenanzeigen von Kindergärten entdeckt, die Männer bevorzugen.

Schmitz hat zuvor im Jugendwohnheim gearbeitet und den Wechsel ausführlich mit seiner Frau besprochen. Er kennt das negative Image, dass Männer im Kindergarten als Weicheier gelten können. Das halte einige von dem Beruf ab: „Die Gesellschaft ist noch nicht so weit.“ Dabei sei er in der Kita kein Fremdkörper, auch wenn er die meiste Zeit am Schreibtisch verbringe. Er spielt mit den Kindern, deckt den Tisch und spült. Für das Rollenverständnis von Kindern übernehmen Erzieher einen wichtigen Part, denn Männer gehören zur Erziehung. Da gilt es, Klischees aufzubrechen, die vielleicht zu Hause suggeriert werden: Mama kocht und Papa spielt mit den Kindern Fußball.

"Wer sein Leben zielgerichtet plant, wird nie Erzieher werden"

Ein Mann in der Kita habe auch Vorteile: bei muslimischen Vätern zum Beispiel, die ihn ernster nehmen als die Kolleginnen. Die waren es übrigens, die sich für einen Mann als Chef entschieden haben. Das ist Jörg Schmitz nun seit 2002. Die Bewerbung eines Erziehers lag in der Zeit noch nicht auf seinem Tisch.

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Bei Arndt Sauer wohl. Er leitet die Kita St. Anna, in der außer ihm zwei Erzieher und ein Koch arbeiten. Sauer ist sicher, dass die völlig ungerechtfertigte Bezahlung Männer vom Erzieherberuf fern halte. 1200 bis 1400 Euro: „Wer sein Leben zielgerichtet plant, wird nie Erzieher werden.“ Ein schlechtes Image als Grund, daran glaubt er nicht: „Die Phase haben wir hinter uns.“

Daniel Kerkhoff hat sie nie gehabt, auch wenn er sagt, dass Erzieher durchaus etwas Frauliches haben oder Quereinsteiger seien. Seine Freunde reagierten allesamt begeistert. Seine Mutter sowieso: Sie ist Erzieherin. Und als Single kommt der Beruf richtig gut an. Auf die Frage, ob er Kinder habe, antwortete der Erzieher früher: „Ja, 25.“ Die hat seine Lebensgefährtin nun verdoppelt: Sie ist Lehrerin.

"Ein Mann in der Kita ist kein Allheilmittel"

Daniel Kerkhoff ist bewusst, dass er als Erzieher keine Familie ernähren kann und will weiterkommen. Jetzt plant er aber erst einen Männerstammtisch für Erzieher, damit sie sich austauschen können, auch über mögliche Probleme.

Das tauchte für den 29-Jährige nur im Anerkennungsjahr auf, das er in einer privaten Kita absolvieren wollte. Die Eltern lehnten ihn ab. „Das war die Zeit, als Missbrauchsfälle bekannt wurden“, zeigt der Erzieher Verständnis.

Die Erfahrung machte ihn jedoch vorsichtiger. Mädchen nimmt er nicht unbefangen auf den Schoß. Muslimischen Eltern sagt er auf Nachfrage aber ausdrücklich, dass auch er die Toiletten betritt. „Das geht gar nicht anders“, sagt Daniel Kerkhoff. Der übrigens kein Freund der Bundes-Kampagne ist. Die führe nur dazu, dass von Erziehern mehr erwartet werde, als sie erfüllen können. „Ein Mann in der Kita ist kein Allheilmittel.“

Anders sei es mit ihnen aber, das hört er. „Wie soll ich das merken?“ Er merke hingegen, dass Kinder von Alleinerziehenden manchmal eine stärkere Bindung zu ihm aufbauen. Und er freut sich in seinem Beruf, Kindern bei ihrer Entwicklung zu helfen. „Meine Freunde sind nach Feierabend oft kaputt, und ich bin einfach gut drauf.“