Essen. Vier Familiencoaches beraten Eltern in Erziehungsfragen - und besorgen auch schon mal einen Hundesitter. Die Coaches sollen auch helfen, Inobhutnahmen des Jugendamts zu vermeiden. Sie schließen die Lücke zwischen Babybesuchsdienst und Kita.
Vier Familiencoaches beraten Eltern in Erziehungsfragen - und besorgen auch schon mal einen Hundesitter. Die Coaches sollen auch helfen, Inobhutnahmen des Jugendamts zu vermeiden. Sie schließen die Lücke zwischen Babybesuchsdienst und Kita.
Sie hatte sich kaum im Stadtteil bekannt gemacht, da war sie auch schon ausgebucht: Yvonne Hartung ist einer von vier Familiencoaches, die seit Jahresbeginn in Katernberg arbeiten. Sie sollen Familien mit Babys und Kleinkindern begleiten. „Der Bedarf ist da. Die einen kommen mit Erziehungsfragen, anderen geht es um die finanzielle Grundsicherung – und einen Betreuer für einen inkontinenten Hund haben wir auch vermittelt.“
Die kuriose Anfrage hatte einen ernsten Hintergrund: Ein Kind musste ins Krankenhaus, ein Elternteil übernachtete dort – und zu Hause war niemand, der sich um den Hund hätte kümmern können. Vielen Familien fehle ein Netzwerk für derlei Notfälle, auch da helfen die Coaches. „Manche Probleme sind in einer halben Stunde gelöst“, sagt Yvonne Hartung. „Andere brauchen eine längere Begleitung; da legen wir in einem Vertrag klare Ziele fest.“ Auf Wunsch der hilfesuchenden Eltern seien schon Spielgruppen, Elterncafés und ein Alphabetisierungskurs entstanden, „weil viele Eltern nicht schreiben können und ihnen so Informationen entgehen“.
Um den Betroffenen den Weg zu erleichtern, sind die Familiencoaches nicht beim Jugendamt angesiedelt, sondern bei den Familienzentren von Arbeiterwohlfahrt, Kita-Zweckverband, Verein und Kinder- und Jugendarbeit (VKJ) und Kinderschutzbund. Hartung etwa arbeitet in der Awo-Kita Schalthaus Beisen, „wo viele Mütter jetzt ihr viertes oder fünftes Kind bekommen“. Sie seien dankbar, wenn man ihnen helfe, ihr Familienleben neu zu strukturieren.
Lücke zwischen Babybesuchsdienst und Kita
„Diese Familien können leicht an ihre Grenzen stoßen“, sagt Werner Flügel vom Allgemeinen Sozialdienst des Jugendamtes. Im schlimmsten Fall komme es zu Verwahrlosung oder Misshandlung. Mehr als 200 Kinder musste das Jugendamt im Vorjahr aus ihren Familien nehmen. Die Coaches sollen helfen, solche Inobhutnahmen zu vermeiden. Sie schließen die Lücke zwischen Babybesuchsdienst und Kita: „Eine Zeit, in der bei Kindern so viel passiert.“
Das Angebot richtet sich aber auch an ältere Kinder, die keine Kita besuchen oder Probleme haben, denen die Erzieherinnen dort nicht gerecht werden können. In Katernberg gibt es 80 bis 100 Drei- bis Sechsjährige, die nicht in den Kindergarten gehen.
„Die Diagnose war ein Schock“
Und es gibt aufmerksame Mütter wie Andrea Aßmann, der erst in der Kita bewusst wurde, dass mit ihrem Sohn etwas nicht stimmt. „Er hat mit keinem Kind gespielt, war sehr schwierig, fiel auf.“ Er habe schon vorher nicht gesprochen, doch die Hörtests beim Kinderarzt fielen gut aus. „Meine ältere Tochter, die inzwischen zur Schule geht, hat auch erst spät angefangen zu sprechen.“ Also hatte sie sich keine großen Sorgen gemacht, bis die Erzieherinnen der Kita Blauer Elefant sie ansprachen. Jessica Laimann, die dort als Coach arbeitet, begleitete die Familie auf dem Weg zur richtigen Diagnose. Nach Untersuchungen im Sozialpädriatischen Zentrum des Elisabeth-Krankenhauses weiß Andrea Aßmann, „dass mein Sohn Autist ist“. Er besuche nun eine heilpädagogische Kita und mache Fortschritte. „Aber vielleicht wird er nie sprechen, obwohl er uns ja versteht.“ Die Diagnose sei ein Schock gewesen: „Doch jetzt weiß ich, was ich für ihn tun kann.“