Essen. .

Nur durch seine Selbstanzeige war das Verfahren ins Rollen gekommen. Am Donnerstag verurteilte das Essener Jugendschöffengericht den 20-Jährigen, der in Essen und Oberhausen seine zwölfjährige Schwester sexuell missbraucht und misshandelt hatte.

Ein Familiendrama. Vor einem Jahr war die Mutter des Verurteilten mit ihrem Sohn in der Kanzlei des Strafverteidigers Volker Schröder erschienen. Sie habe den Verdacht, dass der Junge seine Schwester missbraucht hätte. Im Auftrag des Sohnes erstattete der Anwalt Selbstanzeige. Als die Kripo ihn vernehmen wollte, soll der Verdächtige sich verweigert haben, galt als untergetaucht. Vor fünf Monaten kam er in U-Haft.

Zeitgleich ermittelte die Kripo und ging den Verdachtsmomenten nach, die sich aus der Vernehmung der heute 16-Jährigen ergaben. In der Familie mit vielen Kindern soll der Bruder seine Schwester zwischen 2007 und 2010 regelmäßig mehrfach in der Woche vergewaltigt haben. Auf 189 Fälle kam die Anklage. Sein Sexualopfer soll auch eine weitere, jüngere Schwester gewesen sein. Doch sie schwieg, als die Polizei sie wegen dieser Vorwürfe vernehmen wollte.

Angeklagt war noch ein anderer Bruder

Belastet hatte die ältere Schwester auch ihren heute 17 Jahre alten Bruder, der sie nach Aufforderung durch den älteren Bruder ebenfalls vergewaltigt haben soll. Er bestritt das. Vor dem Jugendschöffengericht reichte die Aussage der 16-Jährigen nicht aus, alle Verdachtsmomente gegen ihre beiden Brüder zu untermauern. Die als minderbegabt geltende junge Frau wich von Angaben in der polizeilichen Vernehmung ab. Eine Verurteilung erschien fern.

Ein Deal klärte die Beweislage. Der 20-Jährige, der sich ja selbst angezeigt hatte, gestand acht Vergewaltigungen und bekam dafür zwei Jahre Haft mit Bewährung, 150 Stunden Sozialarbeit und ein Anti-Gewalt-Training. Sein Bruder wurde vom Vorwurf des Sexualdeliktes freigesprochen, bekam aber für eine weitere Tat einen Freizeitarrest.

Denn verurteilt wurden sie auch, weil sie ihre Schwester am 12. Februar in eine Falle am Oberhausener Hauptbahnhof gelockt hatten. Sie zogen sie in eine Ecke und forderten sie auf, nicht mehr auszusagen. Dann schlugen sie ihr auf die Hände. „Besonders verwerflich“ fand Richter Matthias Treppke dies. Er schien auch überzeugt, dass die verurteilten Taten nur die Spitze des Eisbergs waren, erzählen Beobachter aus der nichtöffentlichen Sitzung.