Essen.

Kaum stand die Hengsbach-Skulptur auf dem Domplatz, hagelte es Reaktionen. Die meisten, die sich melden, kritisieren das Werk von Silke Rehberg. Die Kritik reicht von „verblödeter Gesichtsausdruck“ bis „Karnevalsfigur“. Mit der Künstlerin sprach Redakteurin Dominika Sagan.

Frau Rehberg, finden Sie auch, dass der Kardinal verblödet schaut?

Zu den Reaktionen kann ich mich schwer äußern. Aber ich kann etwas zu meiner Ambition sagen. Ich war mit dem Porträt einer bedeutenden Person beauftragt. Beantwortet habe ich es mit einer Momentaufnahme, die ein Zehntel einer Sekunde darstellt. Ein Porträt kann immer nur einen Moment herausgreifen und nie alle Bilder der Person gleichzeitig treffen. Lächeln darzustellen, ist die schwierigste Aufgabe. Das habe ich vorher gewusst. Die Rezeptionsgeschichte sagt aber, dass Hengsbach lächelte, wenn er in die Öffentlichkeit trat. Es tut mir leid, dass die Darstellung offenbar nicht dem Bild entspricht, das viele von ihm hatten. Aber über einen Gesichtsausdruck kann man nicht demokratisch entscheiden.

Skulptur für Hengsbach

Foto: Walter Buchholz
Foto: Walter Buchholz © WAZ FotoPool
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Musste die grelle Farbe sein?

Den Kardinal in Schwarz-Weiß darzustellen, wäre verfehlt gewesen, denn katholische Gestalten sind farbig. Die Farbe gehört zu der lebensbejahenden Institution dazu. Ich weiß um die starken Reaktionen auf die Farbigkeit. Sie betont natürlich den Gesichtsausdruck, der bei einer Bronze-Statue zurück tritt. Oder kann jemand auf Anhieb beschreiben, wie der Wilhelm auf dem Pferd guckt, der auf dem Burgplatz steht?

Kommt die Kritik eigentlich bei Ihnen an?

Es rufen Menschen an, die mich beschimpfen. Aber dazu möchte ich nichts sagen. Ich bin als Künstlerin nicht wichtig in der Debatte, das Werk sollte das Thema bleiben.

Das sieht auch die Familie des Kardinals kritisch.

Sie haben sich bei mir gemeldet. Ihren Wunsch nach Kontakt kann ich nicht nachvollziehen. In welcher Weise sollte der denn stattfinden? Bei der Skulptur ging es ja nicht um den Onkel Hengsbach, also nicht um den privaten Menschen. Natürlich haben sie ihn ganz anders in Erinnerung, viel familiärer. Das heißt nicht, dass ich ihn provokant darstellen wollte. Ich hatte zum Kardinal Hengsbach ausreichend Infoquellen, Zeitzeugen und Bilder zur Verfügung. Er war ein entgegenkommender Mensch, der sich ganz in andere Menschen versetzen konnte. Das drückt die Figur aus. Wenn jemand die Figur anders sieht, dann ist das so. Ich kann niemanden vorschreiben, wie er sie sehen soll.

Denkmal für Franz Hengsbach

In der Düsseldorfer Kunstgießerei von Kolf Kayser entsteht die Skulptur des ersten Bischofs von Essen, dem späteren Kardinal Franz Hengsbach. Bildhauerin Silke Rehberg...
In der Düsseldorfer Kunstgießerei von Kolf Kayser entsteht die Skulptur des ersten Bischofs von Essen, dem späteren Kardinal Franz Hengsbach. Bildhauerin Silke Rehberg... © Pascal Hesse
und auch den Bischof in Bewegung zu zeigen.
und auch den Bischof in Bewegung zu zeigen. © Pascal Hesse
Zum ersten Bischof Essens ernannte Papst Pius XII. ihn am 18. November 1957. Mit dessen feierlicher Inthronisation am 1. Januar 1958 war das Bistum Essen errichtet. Für seinen Bischofsring wählte Hengsbach ein Stück Steinkohle, um auch auf diese Weise die Verbindung zur Bevölkerung seiner Diözese zum Ausdruck zu bringen.
Zum ersten Bischof Essens ernannte Papst Pius XII. ihn am 18. November 1957. Mit dessen feierlicher Inthronisation am 1. Januar 1958 war das Bistum Essen errichtet. Für seinen Bischofsring wählte Hengsbach ein Stück Steinkohle, um auch auf diese Weise die Verbindung zur Bevölkerung seiner Diözese zum Ausdruck zu bringen. © Martin Engelbrecht
Silke Rehberg greift dieses Symbol in ihrer Skulptur auf und auch...
Silke Rehberg greift dieses Symbol in ihrer Skulptur auf und auch... © Pascal Hesse
...wichtige Details aus seinem Bischofsleben, etwa das Kreuz, das Hengsbach stets um seinen Hals trug.
...wichtige Details aus seinem Bischofsleben, etwa das Kreuz, das Hengsbach stets um seinen Hals trug. © Pascal Hesse
Bevor die Skulptur fertig ist und Silke Rehberg gemeinsam mit Rolf Kayser den Feinschliff vornehmen kann, muss der Mantel aus 500 Kilo Bronze passgerecht zugeschnitten werden.
Bevor die Skulptur fertig ist und Silke Rehberg gemeinsam mit Rolf Kayser den Feinschliff vornehmen kann, muss der Mantel aus 500 Kilo Bronze passgerecht zugeschnitten werden. © Pascal Hesse
Der Bedeutungshorizont dieser Symbolik ist vielfältig: Das Arrangement erinnert an den Namenspatron Hengsbachs, den heiligen Franz von Assisi, der einen Wolf durch seine Predigt bekehrt haben soll. Ihm wurde daher nachgesagt, gute Kontakte zur Tierwelt zu besitzen, konnte Wolf und Lamm zusammenbringen. Hier wird ein zentrales El­ement der Lebensleistung von Franz Hengsbach erfasst, seine Integrationskraft, sein Willen, unterschiedlichste Menschen und gesellschaftliche Kräfte an einen Tisch zu bringen und zum Interessenausgleich beizutragen. Dieses Bild zeigt ihn 1977 vor dem Essener Dom.
Der Bedeutungshorizont dieser Symbolik ist vielfältig: Das Arrangement erinnert an den Namenspatron Hengsbachs, den heiligen Franz von Assisi, der einen Wolf durch seine Predigt bekehrt haben soll. Ihm wurde daher nachgesagt, gute Kontakte zur Tierwelt zu besitzen, konnte Wolf und Lamm zusammenbringen. Hier wird ein zentrales El­ement der Lebensleistung von Franz Hengsbach erfasst, seine Integrationskraft, sein Willen, unterschiedlichste Menschen und gesellschaftliche Kräfte an einen Tisch zu bringen und zum Interessenausgleich beizutragen. Dieses Bild zeigt ihn 1977 vor dem Essener Dom. © Hennes Multhaup
Die Meisterschülerin von Timm Ulrichs, Silke Rehberg, hat Arbeiten für den privaten und öffentlichen Raum geschaffen, in jüngerer Zeit ei­ne Reihe kluger wie einfühlsamer Porträt-Skulpturen berühmter Personen, wie Ferrari-Formel-Eins-Chef Jean Todt, FAZ-Kunstkritiker Eduard Beaucamp und Buchhändler Walther König. Porträts des Schauspielers Karl Markovics, des Philosophen Bazon Brock und von DJ Bob stellt Rehberg zusammen mit einer Hengsbach-Büste und Skizzen aus, die während ihrer Arbeit an der Skulptur entstanden sind.
Die Meisterschülerin von Timm Ulrichs, Silke Rehberg, hat Arbeiten für den privaten und öffentlichen Raum geschaffen, in jüngerer Zeit ei­ne Reihe kluger wie einfühlsamer Porträt-Skulpturen berühmter Personen, wie Ferrari-Formel-Eins-Chef Jean Todt, FAZ-Kunstkritiker Eduard Beaucamp und Buchhändler Walther König. Porträts des Schauspielers Karl Markovics, des Philosophen Bazon Brock und von DJ Bob stellt Rehberg zusammen mit einer Hengsbach-Büste und Skizzen aus, die während ihrer Arbeit an der Skulptur entstanden sind. © Kerstin Kokoska
Zu sehen sind sie bis Freitag, 14. Oktober, 10 bis 17 Uhr in der Domschatzkammer. Eintritt: vier, ermäßigt zwei Euro.
Zu sehen sind sie bis Freitag, 14. Oktober, 10 bis 17 Uhr in der Domschatzkammer. Eintritt: vier, ermäßigt zwei Euro. © Kerstin Kokoska
Vorab hat Silke Rehberg die Ausstellung in der Essener Domschatzkammer persönlich vorbereitet.
Vorab hat Silke Rehberg die Ausstellung in der Essener Domschatzkammer persönlich vorbereitet. © Kerstin Kokoska
Doch sie hatte Helfer: Helfer Christopher Bern richtet die Büste von Kardinal Hengsbach aus...
Doch sie hatte Helfer: Helfer Christopher Bern richtet die Büste von Kardinal Hengsbach aus... © Kerstin Kokoska
...bis sie gut steht, mit bestem Domblick.
...bis sie gut steht, mit bestem Domblick. © Kerstin Kokoska
Silke Rehberg hat auch den Ausstellungsmacher Henry Meyric Hughes in einer Skulptur verewig, die sie mit Dompropst Otmar Vieth in der Schatzkammer ausrichtet.
Silke Rehberg hat auch den Ausstellungsmacher Henry Meyric Hughes in einer Skulptur verewig, die sie mit Dompropst Otmar Vieth in der Schatzkammer ausrichtet. © Kerstin Kokoska
Und auch eine Wolf-Replik findet ihren Platz in der bischöflichen Schatzkammer.
Und auch eine Wolf-Replik findet ihren Platz in der bischöflichen Schatzkammer. © Kerstin Kokoska
Doch im Mittelpunkt steht der erste Ruhrbischof: Franz Hengsbach.
Doch im Mittelpunkt steht der erste Ruhrbischof: Franz Hengsbach. © Birgit Schweizer
Er reiste viel, vor allem in seiner Zeit als Militärbischof.
Er reiste viel, vor allem in seiner Zeit als Militärbischof. © Michael Jung
Und er traf Staatsmänner
Und er traf Staatsmänner © WAZ Fotopool
Offenherzig und zu Späßen aufgelegt galt Hengsbach als Mann des Volkes.
Offenherzig und zu Späßen aufgelegt galt Hengsbach als Mann des Volkes. © Schweizer
Als Kardinal war er aber auch ein gefragter Interviewpartner.
Als Kardinal war er aber auch ein gefragter Interviewpartner. © Michael Jung
Und mit Alfred Herrhausen (l.) und Rudolf von Bennigsen-Foerder (r.) gründete Franz Hengsbach den bis heute für die Region wichtigen
Und mit Alfred Herrhausen (l.) und Rudolf von Bennigsen-Foerder (r.) gründete Franz Hengsbach den bis heute für die Region wichtigen "Initiativkreis Ruhr". © WAZ Fotopool
Und Mutter Teresa, die er etwa 1980 traf.
Und Mutter Teresa, die er etwa 1980 traf. © Knut Garthe
Dieses Bild zeigt ihn vor seinem Bischofshaus.
Dieses Bild zeigt ihn vor seinem Bischofshaus. © Manfred Nolte
Und dieses in einem Flugzeug-Cockpit.
Und dieses in einem Flugzeug-Cockpit. © Michael Jung
Und auf diesem Bild gibt der erste Ruhrbischof den Takt vor.
Und auf diesem Bild gibt der erste Ruhrbischof den Takt vor. © Knut Garthe
Für die bischöfliche Aktion Adveniat war er häufig in Lateinamerika unterwegs.
Für die bischöfliche Aktion Adveniat war er häufig in Lateinamerika unterwegs. © WAZ Fotopool
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Kennen Sie solche heftigen Reaktionen auf Kunst?

Ja, bei Kollegen und auch bei mir. Für mich ist die große Aufregung aber auch ein Zeichen, dass der Kardinal gut getroffen ist. Stünde dort ein würdiger Herr, der seiner Person überhaupt nicht ähnelte, würden wohl alle an ihm vorbeigehen. Wir ärgern uns doch nur, wenn etwas haarscharf daneben ist.

Was würden Sie sich für den Kardinal auf dem Domplatz wünschen?

Man sollte der Debatte Zeit geben. Sie wird jetzt sehr emotional geführt. Es stehen nur Details wie ein herunterhängendes Augenlid im Fokus. Das interessiert in 100 Jahren niemanden mehr. Und der Gesichtsausdruck ist nur eine Qualität des Werkes. Noch hat keiner über die Position auf dem Platz gesprochen. Die ist durchaus einen Blick wert. Der Kardinal geht auf die Menschen zu. Die Figur ist mit dem Platz verbunden und sucht den Kontakt. Auf dem Platz ist nun etwas los, das war doch vorher nicht der Fall.