Hengsbach-Skulptur - "Es rufen Menschen an, die mich beschimpfen"
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Essen.
Kaum stand die Hengsbach-Skulptur auf dem Domplatz, hagelte es Reaktionen. Die meisten, die sich melden, kritisieren das Werk von Silke Rehberg. Die Kritik reicht von „verblödeter Gesichtsausdruck“ bis „Karnevalsfigur“. Mit der Künstlerin sprach Redakteurin Dominika Sagan.
Frau Rehberg, finden Sie auch, dass der Kardinal verblödet schaut?
Zu den Reaktionen kann ich mich schwer äußern. Aber ich kann etwas zu meiner Ambition sagen. Ich war mit dem Porträt einer bedeutenden Person beauftragt. Beantwortet habe ich es mit einer Momentaufnahme, die ein Zehntel einer Sekunde darstellt. Ein Porträt kann immer nur einen Moment herausgreifen und nie alle Bilder der Person gleichzeitig treffen. Lächeln darzustellen, ist die schwierigste Aufgabe. Das habe ich vorher gewusst. Die Rezeptionsgeschichte sagt aber, dass Hengsbach lächelte, wenn er in die Öffentlichkeit trat. Es tut mir leid, dass die Darstellung offenbar nicht dem Bild entspricht, das viele von ihm hatten. Aber über einen Gesichtsausdruck kann man nicht demokratisch entscheiden.
Skulptur für Hengsbach
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Musste die grelle Farbe sein?
Den Kardinal in Schwarz-Weiß darzustellen, wäre verfehlt gewesen, denn katholische Gestalten sind farbig. Die Farbe gehört zu der lebensbejahenden Institution dazu. Ich weiß um die starken Reaktionen auf die Farbigkeit. Sie betont natürlich den Gesichtsausdruck, der bei einer Bronze-Statue zurück tritt. Oder kann jemand auf Anhieb beschreiben, wie der Wilhelm auf dem Pferd guckt, der auf dem Burgplatz steht?
Kommt die Kritik eigentlich bei Ihnen an?
Es rufen Menschen an, die mich beschimpfen. Aber dazu möchte ich nichts sagen. Ich bin als Künstlerin nicht wichtig in der Debatte, das Werk sollte das Thema bleiben.
Das sieht auch die Familie des Kardinals kritisch.
Sie haben sich bei mir gemeldet. Ihren Wunsch nach Kontakt kann ich nicht nachvollziehen. In welcher Weise sollte der denn stattfinden? Bei der Skulptur ging es ja nicht um den Onkel Hengsbach, also nicht um den privaten Menschen. Natürlich haben sie ihn ganz anders in Erinnerung, viel familiärer. Das heißt nicht, dass ich ihn provokant darstellen wollte. Ich hatte zum Kardinal Hengsbach ausreichend Infoquellen, Zeitzeugen und Bilder zur Verfügung. Er war ein entgegenkommender Mensch, der sich ganz in andere Menschen versetzen konnte. Das drückt die Figur aus. Wenn jemand die Figur anders sieht, dann ist das so. Ich kann niemanden vorschreiben, wie er sie sehen soll.
Denkmal für Franz Hengsbach
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Kennen Sie solche heftigen Reaktionen auf Kunst?
Ja, bei Kollegen und auch bei mir. Für mich ist die große Aufregung aber auch ein Zeichen, dass der Kardinal gut getroffen ist. Stünde dort ein würdiger Herr, der seiner Person überhaupt nicht ähnelte, würden wohl alle an ihm vorbeigehen. Wir ärgern uns doch nur, wenn etwas haarscharf daneben ist.
Was würden Sie sich für den Kardinal auf dem Domplatz wünschen?
Man sollte der Debatte Zeit geben. Sie wird jetzt sehr emotional geführt. Es stehen nur Details wie ein herunterhängendes Augenlid im Fokus. Das interessiert in 100 Jahren niemanden mehr. Und der Gesichtsausdruck ist nur eine Qualität des Werkes. Noch hat keiner über die Position auf dem Platz gesprochen. Die ist durchaus einen Blick wert. Der Kardinal geht auf die Menschen zu. Die Figur ist mit dem Platz verbunden und sucht den Kontakt. Auf dem Platz ist nun etwas los, das war doch vorher nicht der Fall.
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