Die Hengsbach-Statue am Dom ist mitunter von zahlreichen Passanten umlagert - den wenigsten gefällt, was sie sehen. Dietrich Goldmann, Vorsitzender der Jury "Kunst im öffentlichen Raum", empfiehlt neues Nachdenken. Die Statue passe nicht ins Bild.
Man kann über die Statue von Kardinal Franz Hengsbach sagen, was man will, eines immerhin schafft sie: Menschen zum Reden zu bringen. Auch am Montag war wieder viel los im kleinen geschützten Hof vor der Domschatzkammer, wo mal kleinere, mal größere Gruppen von Passanten zufällig zusammentrafen, sich ein eigenes Bild von dem neuen Denkmal machten und teils intensiv diskutierten. Der Tenor dabei ist allerdings eindeutig: Den wenigsten gefiel, was sie sahen.
Auch Dietrich Goldmann ist klar festgelegt: „Das Kunstwerk wird der Persönlichkeit des Kardinals nicht gerecht, ich fühle mich mehr an eine Figur aus dem Wachsfigurenkabinett erinnert“, sagt der frühere Allbau-Chef, der inzwischen ehrenamtlich der Jury „Kunst im öffentlichen Raum“ vorsteht. Ein zweites Problem: Nach Ansicht Goldmanns passt das Werk der Künstlerin Silke Rehberg absolut nicht in den schlichten Rahmen des Hofes, der von der Südfassade des mittelalterlichen Münsters, dem neu gestalteten Eingang der Domschatzkammer und dem offenen Burgplatz geprägt wird. „Das ist ein Highlight in unserer Stadt geworden“, sagt Goldmann, der durch die Statue das Reizvolle an der Platzanlage gestört sieht. „Das ist schon ein Jammer.“ Dass das städtische Institut für Denkmalpflege kein Problem erkannte, als es um die Aufstellung ging, ist für Goldmann nicht leicht nachzuvollziehen.
Skulptur für Hengsbach
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„Ich plädiere für etwas mehr Gelassenheit“
Es gibt unter Kunst-Profis allerdings auch andere Stimmen. „Ich plädiere für etwas mehr Gelassenheit“, sagt der Künstler und SPD-Kommunalpolitiker Hanns-Jürgen Spieß. Denkmäler haben für ihn generell wenig mit Kunst und mehr mit Kunsthandwerk zu tun. „Die Statue erinnert mich an Figuren in bayrischen Kirchen“, meint Spieß, der nach einem ausgiebigen Rundgang am Burgplatz das Gesamt-Ensemble jedoch nicht beeinträchtigt sieht. „Insofern kann man das jetzt mal in Ruhe so stehen lassen.“
Johannes von Geymüller, Galerist und engagierter Begleiter der Essener Stadtplanung, wirbt ebenfalls um Verständnis: „Die Farbigkeit der Skulptur befremdet im ersten Moment und doch gibt sie der Figur Lebendigkeit und Nähe.“ Gezeigt werde ein „volksnaher Kardinal, sicher nicht die Vielfalt seiner Persönlichkeit als Organisator und Gestalter einer neuen Diözese“. Geymüller fühlt sich an Johannes Nepomuk, den böhmischen Brückenheiligen erinnert, der auch im süddeutschen Raum an vielen kleinen Dorfbrücken präsent ist. „Mir gefällt dieser Vergleich, denn auch Franz Hengsbach war ein prinzipienfester und kämpferischer Brückenbauer.“
Massenware von der Stange
Hanns-Jürgen Spieß hat nach eigenen Angaben weit mehr Probleme mit der Plastik für „Haus der Technik“-Gründer Heinrich Reisner, die nach langem Ringen seit einiger Zeit auf dem kleinen Platz zwischen dem HdT und dem Handelshof steht. Dies sei wirklich Massenware von der Stange. Auch für Goldmann ist diese Niederlage der Jury „Kunst im öffentlichen Raum“ noch heute schmerzlich. Gute Entscheidungen ergeben sich nach seiner Erfahrung dann, wenn möglichst viele engagierte und kundige Bürger lange über ein Kunstwerk debattierten - und zwar vor der Aufstellung. Wenn ein Werk einem solchen Diskurs standhalte, besitze es genügend künstlerische Kraft. Bei der Kardinals-Statue sei dies offenbar nicht ausreichend geschehen. Dem verantwortlichen Domkapitel würde Goldmann gerne empfehlen, noch einmal über die Entscheidung nachzudenken.
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