Essen. .

Allein am Samstag kamen 150.000 Besucher, insgesamt rechnet die veranstaltende Essen Marketing GmbH mit rund einer Viertel Million Besucher beim Stadtfest „Essen.Original“. Vor allem die norwegische Folk-Kombo „Katzenjammer“ zog viele Fans an.

Es ist und bleibt einfach das Stadtfest in Essen: „Essen.Original“. Von Freitag bis Sonntag füllten die Besuchermassen die Innenstadt wie lange nicht mehr. Allein 150.000 Menschen kamen laut Veranstalter den Samstag über, am Freitag sollen es mindestens 30.000 gewesen sein. Umjubelt war der Gig von „Katzenjammer“, das Quartett (über)füllte den Kennedyplatz. EMG-Prokurist Dieter Groppe fühlte sich an die guten alten Zeiten des Sommerschlussverkaufs erinnert. Dabei gab’s musikalisch einige Unbekannte, aber keine Ware vom Grabbeltisch, sondern gute Unterhaltung für jeden Geschmack, ob Metal, Schlager, Rock, Pop oder Klassik. Einschließlich der Gala der Philharmoniker am Sonntag rechneten die Organisatoren mit rund 200 bis 250.000 Gästen am Wochenende.

„Unsere Erwartungen wurden übertroffen“, sagte Groppe mit Blick auf den Zuhöreransturm. Auch die Entscheidung, dass Rock- und Pop-Programm, statt wie gewohnt freitags, am Samstag auf dem Kennedyplatz zu spielen, erwies sich als Glücksgriff. Und: „Schon spätnachmittags meldeten meine Mitarbeiter, dass es an allen Bühnen voll sei.“

Laut, lauter, Viehofer Platz: Vor der Turock-Bühne ging es stürmisch zu. Foto: Peter Wieler
Laut, lauter, Viehofer Platz: Vor der Turock-Bühne ging es stürmisch zu. Foto: Peter Wieler © WAZ

Von einem friedlichen Fest berichtete auch die Polizei, die Trunkenheitsdelikte, Streitigkeiten und Platzverweise aufzählte. Bewährt habe sich auch das Glasflaschenverbot. Elf Schnittverletzungen hat der Rettungsdienst laut Groppe verarzten müssen. Von 85 Einsätzen gingen 30 weiter ins Krankenhaus: Meist wegen zu hohem jugendlichen Alkoholgenusses.

„Wir wollen die Zeit bis zum nächsten Jahr nutzen, um mit dem Jugendamt und den Ordnungsbehörden zu überlegen, wie wir mit Prävention und Restriktion dem Alkoholkonsum der Jugendlichen entgegen wirken können“, sagte Dieter Groppe über ein Sorgenthema des Festivals. Dagegen sei das neue Konzept an der Viehofer Straße aufgegangen.

Eine große Unbekannte

Den richtigen Riecher hatte Sebastian Bau, künstlerischer Leiter des Programms, auch bei dem Headliner, dem norwegischen Quartett „Katzenjammer“: Der Kennedyplatz war rappelvoll, späterer Regen änderte dies nicht. Mit geballter Frauenpower am Samstag um Mitternacht waren die Verantwortlichen ein Risiko eingegangen, weil die Band für die meisten Zuhörer vorher eine große Unbekannte war: „Die sind neu. Mehr weiß ich nicht“, sagte Natascha aus Gelsenkirchen.

Die Norwegerinnen „Katzenjammer“ beeindruckten mit musikalischer Virtuosität. Foto: Ian Siepmann
Die Norwegerinnen „Katzenjammer“ beeindruckten mit musikalischer Virtuosität. Foto: Ian Siepmann © WAZ

Großer Jubel brandete auf, als die vier Mädels ihre Single „I will dance“ anspielten – sie stieg am Freitag in den deutschen Charts auf Platz 56. Mit ständigem Wechsel der Instrumente, kessen deutschen Sprechversuchen und folkrockigem Auftritt, der zum Mittanzen einlud, zog das Quartett die Essener auf ihre Seite. „Das ist eine gute Band, weil sie viele Musikstile miteinander vereint“, sagte Götz (29) aus Velbert. „Die sollen sich bei Auftritten gar die Instrumente zuschmeißen“, erzählte Janina aus Bottrop. Damit überraschten sie das Publikum zwar nicht, dafür aber mit einer prächtigen Zugabe.

Dass der Samstag der „Essen.Original“-Tag war, bewies auch der Zulauf an den anderen Bühnen. Unter den vielen vom Namen her weniger bekannten Künstlern versteckte sich so manche Überraschung. „Du bist Musik für mich“, sang etwa Varinia Akua mit starker Soul-Stimme am Pferdemarkt, während sie gleichzeitig in die Tasten ihres Pianos griff. Die 24-jährige Mülheimerin entpuppte sich als kleine Entdeckung – mit selbst geschriebenen Songs. „Ich hatte vorher Angst, es würde total leer sein“, gestand sie nach ihrer Original-Premiere. Etliche Zuhörer holten sich später Autogramme bei ihr. Doch wie bei vielen anderen kleinen Acts, von denen die Menschen gerne eine Zugabe gehört hätten, wurde mit Verweis auf den Zeitplan die Begeisterung gebremst. Nur die „Großen“ durften überziehen.

Männlein oder Weiblein

Verkehrte Welt herrschte Samstagabend auch auf dem gut gefüllten Willy-Brandt-Platz: Dort waren es die Travestie-Künste von France Delon, Paula Jackson, Grace Black und Cora Dee, die die Massen amüsierten. Glitzerfummel, Perücke, Make-up und mitsingbare Evergreens – das war ihr Rezept für den Abend. Besonders die freche France („Nicht von unten fotografieren, da sehe ich aus wie ein Pferd“), die die Show der Verwandlungskünstler moderierte, ließ die Comedians, die Freitagabend auf dem Kennedyplatz nicht so viele Lacher ernteten, mit ihren Pointen alt aussehen. „Das ist super und verbreitet gute Stimmung“, lobte Astrid Asmuth aus Bergeborbeck das musikalische Spiel mit den Geschlechtergrenzen.