Essen.

Stadt ist zufrieden mit wachsendem Interesse und Bekanntheit. Iris Heinrich hingegen ärgert sich über Bürokratie-Monster.

Nach einem schwierigen Start, läuft es: Die Stadt ist zufrieden mit der Entwicklung des Bildungspaketes. 20 733 Anträge liegen nun vor (Stand 15. August). Vor drei Monaten waren es lediglich 6000. Antragsberechtigt sind in Essen 41.000 Kinder, teilt ein Mitarbeiter der Sozialverwaltung mit.

„Die zunehmenden Anträge zeigen, dass das Bildungspaket jetzt bekannt ist“, zieht er eine positive Zwischenbilanz. Dafür haben sie Broschüren verteilt. Das Jobcenter hat Unterlagen zum Herunterladen ins Netz gestellt, schickt Anträge zu, um Hürden niedrig zu halten, sagt Jobcenter-Sprecherin Heike Schupetta. Dort liegen die meisten der eingereichten Anträge vor: knapp 17 000. Das Bildungspaket gilt zudem für Familien, die Sozialgeld, Sozialhilfe, Kinderzuschlag oder Wohngeld erhalten.

Für die Kinder gibt es finanzielle Hilfe für warme Mahlzeiten in Schulen oder Kitas, für Tagesausflüge, den Fußballverein oder Flötenunterricht. 2013 werde abgerechnet: Ab 2014 richte sich der Bedarf nach den Anträgen und Bewilligungen, die bis dahin erfasst worden sind. Wie viele Anträge bislang bewilligt worden sind, könne die Stadt nicht sagen.

„Ständig frage ich nach“

Iris Heinrich (42) aus Horst hat eine Zusage für die Klassenfahrt ihres Sohnes. Gleichzeitig hat sie Schulbeförderung (rund 29 Euro für das Schokoticket) und die Nachhilfe des 15-Jährigen wegen seiner Rechtschreibschwäche beantragt. „Ständig frage ich nach“, sagt sie. Meistens höre sie: „Ist in Bearbeitung.“ Sie habe die Bescheinigung der Deutschlehrerin abgegeben, habe ihren Kontoauszug vorgelegt, auf dem ersichtlich sei, dass sie das Schokoticket bislang bezahlt habe. „Jetzt brauche ich noch die Bestätigung, dass das Schulamt die Kosten nicht trägt.“ Die sei aber vor drei Jahren ausgestellt worden. Womöglich werde sie einen neuen Antrag stellen müssen.

Zu viel Bürokratie, findet die Mutter. Genau deshalb habe sie anfangs auf das Bildungspaket verzichten wollen. Der Klassenlehrer des Sohnes und ihr Lebensgefährte haben sie ermuntert: „Es steht dir zu.“ Iris Heinrich hat zwar eine Festanstellung in einer Kantine, in Teilzeit. 126 Stunden, mehr habe ihr Arbeitgeber nicht anbieten können. Für die 42-Jährige allemal besser als arbeitslos zu sein. Allerdings müsse sie bei 843 Euro Netto aufstocken.

Bürokratie-Monster Bildungspaket

Sie hat sich also für das Bildungspaket entschieden. Seitdem hat sie einen Ordner voll mit Unterlagen gesammelt. Und jede Menge Nerven verloren. Im Jobcenter fühlt sie sich oft abgewimmelt, alles laufe nur am Telefon oder per Post. Einen Brief hat Iris Heinrich inzwischen an Ursula von der Leyen geschrieben, in dem sie ihre Erfahrung schildert. Fazit: Das Bildungspaket sei ein Bürokratie-Monster.

„Wer sich das erste Mal damit beschäftigt, dem kann das schon schwer fallen“, sagt Heike Schupetta. Bei der Lernförderung sei es zum Beispiel aufwendiger, da der Nachhilfebedarf in mit der Schule abgestimmt werde. Es sei ein neuer Bereich mit schwierigem Verfahren, heißt es aus der Sozialverwaltung. Schwierig werde es auch, wenn die Versetzung nicht gefährdet sei.

1800 Anträge auf Lernförderung liegen vor. Die meisten Anträge gab es für die Mittagsverpflegung (6400), gefolgt von der Teilhabe (4700) und Klassenfahrten (4300). Für die ihres Sohnes an den Gardasee erhält Iris Heinrich 260 Euro.