Essen. Die Lesung der erst vor wenigen Tagen zur Literatur-Nobelpreisträgerin geadelten Schriftstellerin Herta Müller am Dienstagabend in Essen stößt auf ein rekordverdächtiges Publikumsinteresse. Die Veranstaltung wurde in die Lichtburg verlegt. Über 1250 Zuschauer werden kommen.

Der schon länger vereinbarte Auftritt der in Rumänien geborenen Autorin musste seit der Entscheidung des Stockholmer Nobelkomitees bereits zweimal in größere Säle verlegt werden und wird nun ab 20 Uhr in der 1250 Zuschauer fassenden Lichtburg (Kettwiger Straße) stattfinden. Bis zum Montagnachmittag waren sämtliche Karten verkauft worden.

Veranstalter können sich vor Anfragen kaum retten

Müller war darauf eingestellt, vor etwa 90 Interessierten in der überschaubaren „Heldenbar” im Grillo-Theater aus ihrem neuen Roma „Atemschaukel” zu lesen. Dies galt bereits als eine sehr gute Publikumsresonanz, die wohl auf ihre Nominierung für den Deutschen Literaturpreis zurückzuführen war. Noch 2002 hatten sich bei ihrem letzten Auftritt in Essen gut 40 Literaturfreunde für Müllers Werk interessiert. Nach der Nobelpreis-Kür konnten sich die Veranstalter von der kleinen Buchhandlung Proust am Handelshof und von der Literatur-Zeitschrift „Schreibheft” vor Anfragen kaum retten. Große Erleichterung herrschte deshalb bei Buchhändlerin Beate Scherzer, als Müller ihre Zusage für die Lesung in Essen bestätigte: Sie komme, selbst wenn ihr kurzfristig auch noch der Deutsche Literaturpreis zuerkannt werde.

Für Scherzer und den Schreibheft-Macher Norbert Wehr mutet der Müller-Coup selbst fast romanverdächtig an. Nach 19 Jahren hochkaratätiger Literatur-Veranstaltungen zumeist im Grillo drohte ihrer Essener Lesungs-Reihe das Aus. Die städtische Theater- und Philharmonie GmbH (TuP) hatte im Herbst 2008 die finanzielle Unterstützung gekündigt. Dank zahlreicher Solidaritätsadressen aus der Kulturszene und mit Hilfe der Alfred und Cläre Pott-Stiftung gelang es, die Autorentreffs ab 2010 als „Literatur im neuen Folkwang Museum” fortzusetzen. Deshalb sagt Scherzer: Wichtiger als der erwartete wirtschaftliche Erfolg der Müller-Lesung sei „der unglaubliche Image-Gewinn”.