Essen. .

Wer Essen auf Rädern von Norden nach Süden erkunden will, hat ab sofort die Qual der Wahl. Gestern eröffnete Oberbürgermeister Reinhard Paß die „Naturroute“; nach der „Wasserroute“ ist es die zweite Radwanderstrecke, die den Emscherbruch mit dem Ruhrtal verbindet.

Niemand könne mehr behaupten, Essen sei keine fahrradfreundliche Stadt, sagte Oberbürgermeister Reinhard Paß, was auf die neue Nord-Süd-Verbindung sicher zutrifft. 16 Kilometer führt der Weg von der Zornigen Ameise am Ruhrufer bis zur Alten Mühlenemscher in Karnap. Elf Kilometer davon radelt man durchs Grüne, was so nicht zu erwarten war, führt doch auch die „Naturroute“ mitten durchs Stadtgebiet. Die übrige Strecke verläuft über verkehrsberuhigte Straßen, nur etwa einen Kilometer müssen Radler im Verkehr „mitschwimmen“. Ja, fahrrad- und familienfreundlich ist sie, die „Naturroute“, auch wenn es leider die ein oder andere Hauptstraße zu queren und einige Höhenmeter zu überwinden gilt. Für Kinder oder weniger geübte Radfahrer, heißt es dann: absteigen und schieben.

Zum Beispiel Am Hallo in Stoppenberg. Wer vom Ruhrtal gen Norden radelt, hat das Siepental bereits hinter sich gelassen, hat die A40 an der Schwanenbuschstraße überquert und Frillendorf über Nebenstraßen „durchkreuzt“. Grün & Gruga hätte sich dort als Bauherr einen direkten Weg gewünscht, so Chefplaner Hermann-Josef Steins, doch die Deutsche Bahn, der die Flächen gehören, habe leider nicht mitgespielt. So ist die Schleife durch Frillendorf ein Kompromiss. Bis zur Elisabethstraße, dort geht’s weiter durchs Hangetal vorbei an Brombeerbüschen und durch Birkenwäldchen bis zum Hallo. Dort heißt es, Punkte sammeln für die Bergwertung. Auch wer über genügend Puste verfügt, sollte sich, oben angekommen, Zeit nehmen, um durchzuatmen. Denn am „Gipfel“ hat Grün & Gruga einen malerischen Aussichtspunkt angelegt. Der Blick schweift in die Ferne an Zollverein vorbei bis zur Halde Haniel und zur Schachtanlage Prosper. Einfach gucken und staunen.

Auf jede Steigerung folgt eine Abfahrt

Auf jede Steigung folgt - obacht! - eine Abfahrt. Bald darauf taucht Zollverein auf. Jenseits der Gelsenkirchener Straße führt die Route am Ruhrmuseum vorbei über das Gelände des Welterbes und weiter durch Katernberg. Was für die meisten Radwegetrassen gilt, die in den vergangenen Jahren gebaut wurden, trifft auch hier zu: Radfahrern eröffnen sich neue Perspektiven, es sind spannende Ausblicke in Hinterhöfe und Gärten wie etwa am Hegemannshof. Industriekultur mag ein Kunstbegriff sein. Die alte Bergmannssiedlung ist der beste Beweis dafür, dass es dabei auch um Baukultur, um Lebensqualität geht.

Weiter führt der Radweg am Katernberger Bach entlang, den die Emschergenossenschaft bis 2014 zurück an die Oberfläche holt, an der Schurenbachhalde vorbei bis nach Karnap. Rechter Hand ein Minarett, linker Hand der Friedhof und dann die Alte Mühlenemscher, die wieder in einem natürlichen Bett plätschert.

Dieser nördliche „Ast“ der Strecke wird Radlern bekannt vorkommen, ist die Trasse doch Teil des Nordsternradweges des Regionalverbandes Ruhr. So ist auch die 1,9 Millionen Euro teure Naturroute ein Gemeinschaftsprojekt, ein Netzwerk im besten Sinne. 100 000 Euro steuerte die Emschergenossenschaft bei, 350 000 Euro die Stadt aus dem Programm „Neue Wege zum Wasser“. Nur vier der 16 Kilometer wurden komplett neu gebaut. Entstanden ist „eine sehr schöne Route“, schwärmt Jörg Brinkmann vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub. „Eine, von der wir vor Jahren nur träumen durften.“

Und wem das nicht genügt: Noch in diesem Jahr soll mit der „Stadtroute“ eine dritte hinzu kommen.