Essen. .

Die Solarien-Abgabe rückte Essen bundesweit ins Blickfeld, doch eingeführt ist sie bis heute nicht. Das Land prüft nun schon seit Herbst, passiert ist nichts. Auch Kämmerer Lars-Martin Klieve wundert sich über die lange Genehmigungsdauer.

Es kommt nicht allzu oft vor, dass Essen es in die Hauptfernsehnachrichten schafft, deshalb kann sich Lars-Martin Klieve auch noch so gut an Claus Kleber erinnern. Der hatte im „heute-journal“ gerade den obligatorischen guten Abend gewünscht, als die TV-Nation im ersten Filmbeitrag schon in die Röhre guckte – da war es, das jüngste Objekt der Steuerbegierde, ausgemacht von findigen Finanzplanern, heute in Essen erfunden, morgen auf der ganzen Welt zu Hause, und Otto Normalverbraucher wusste Bescheid: „Guck an, in Essen erhebense schon Steuern auf Solarien.“

Das war irgendwann im Herbst 2010 und die Nachricht von der geplanten Vergnügungssteuer für gewerblich genutzte Solarien im Prinzip schon einige Monate alt. Nur die eigentliche Steuersatzung beschloss der Rat erst am 22. September vergangenen Jahres, und tags darauf ließ sich NRW-Innenminister Ralf Jäger mit dem gut gemeinten Rat vernehmen, dass man mit Steuererfindungen aller Art „die Schraube nicht überdrehen sollte“. Er werde mit Finanzminister Norbert Walter-Borjans mal über diese neue Essener Einnahmequelle reden müssen.

Mediales Interesse für Klieve „völlig überbewertet!“

Tja, und seither reden sie und prüfen und prüfen und prüfen, und wer mal nachfragt im Ministerium, wie lange denn da noch geprüft wird, trifft auf peinlich berührte Pressesprecher, die sich den Zeitverzug nicht erklären können – wie viel weniger also den nachfragenden Journalisten.

Kämmerer Lars-Martin Klieve wundert sich über die lange Genehmigungsdauer mindestens genauso wie über die mediale Begleitmusik in den Weltnachrichten des ZDF: „Völlig überbewertet“, zuckt er mit den Achseln. Ist an jenem Tag weltweit nichts Wichtigeres passiert? Schwiegen die Waffen in Afghanistan? Hatte Barack Obama sich Schweigepflicht verordnet? Angela Merkel keine Entscheidung getroffen?

Denn mit Verlaub, die Solariensteuer sollte gerade mal 150.000 zusätzliche Euro in die schwindsüchtige Stadtkasse spülen, „das ist ein Promille unserer Sparleistung“ sagt Klieve, der den fiskalischen Schattenwurf auf die künstlichen Besonnungsanlagen dereinst im „heute-journal“ gleichwohl tapfer verteidigte. Der aber seit dem Ratsbeschluss auch keine Veranlassung sieht, Kratzfüß zu machen, damit die Erfindung, die da jedes Solarium mit 20 Euro je Monat besteuert, vom Land genehmigt wird.

Bettensteuer könnte nächstes Jahr auch in Essen eingeführt werden

Denn die Steuerfreiheit der Kommunen, sie endet dort, wo neue Ideen umgesetzt werden, dann müssen Finanz- und Innenministerium ran und prüfen. Sowas kann durchaus schnell gehen, wie bei der Bettensteuer, der Finanzminister Norbert Walter-Borjans zügig seinen Segen gab, weil, naja, er es war, der die „Matratzen-Maut“ als Kämmerer in Köln eingeführt hatte.

Die Steuer ist mittlerweile sogar gerichtlich bestätigt und könnte nächstes Jahr auch in Essen eingeführt werden. Denn als das Viererbündnis die Abgabe auf Hotelübernachtungen 2010 ablehnte, signalisierte man zugleich eine Wiedervorlage für 2012. Mit einem Steuersatz von fünf Prozent auf die Übernachtungskosten brächte die Bettensteuer in Essen laut Schätzungen rund drei Millionen Euro ein. Das Zwanzigfache dessen also, was man sich von der Solariensteuer verspricht. In die Abendnachrichten kommt man damit allerdings nicht.