Essen. .

Die Bürgerschaft Essen Stadtmitte rüttelt an der Vergabepraxis für Verkaufsstände und sieht sich durch Gerichtsurteil bestätigt. Die für Wochenmärkte zuständige EVB verweist hingegen auch auf mögliche Folgen für die Märkte in den Stadtteilen.

Als Gesangslehrerin verfügt Gertrud Maetz-Winterscheidt schon von Berufs wegen über einen langen Atem. Ausdauer stellt die Vorsitzende der Bürgerschaft Essen-Stadtmitte auch in ihrem Bemühen unter Beweis, den Wochenmarkt an der Porschekanzel zu beleben. Zwei Mal pro Woche bauen Händler an der Marktkirche ihre Stände auf. Es ist ein überschaubares Angebot, weshalb die Bürgerschaft seit nunmehr sechs Jahren mit dem Wunsch an die Stadt herantritt, ihr doch bitteschön das Aufstellen weiterer Stände zu genehmigen. Weil aber alle Versuche ins Leere liefen, zog der Verein vors Verwaltungsgericht - und konnte dort jetzt einen Teilerfolg verbuchen. Einer, der an der bisher geübten Praxis, was das Genehmigen von Marktständen in der Innenstadt angeht, gehörig rütteln dürfte.

Ob Maetz-Winterscheidt ihrem Ziel, die Innenstadt durch weitere Marktstände eine Gulaschkanone zu bereichern, tatsächlich näher gekommen ist, bleibt dahin gestellt. Ganz so einfach aber, so urteilte das Gericht, könne die Stadt es sich nicht mehr machen. Wenn sie der Bürgerschaft die gewünschte Sondernutzungsgenehmigung schon verweigere, müsse sie dies zumindest plausibel begründen. Konkret verlangt das Gericht einen „straßenrechtlichen Bezug“.

„Ich will in den Stadtteilen keine Händler verlieren“

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Von DerWesten

Nicht, dass der Verwaltung da nicht etwas einfallen würde. Schon die Sorge um Gulaschflecken auf dem Straßenpflaster könnten als Begründung genügen. Das Urteil werde noch geprüft, heißt es im zuständigen Amt für Verkehrs- und Baustellenmanagement. Bei der Stadt macht man aber keinen Hehl daraus, dass man das bisherige Angebot für ausreichend hält. Die für Wochenmärkte zuständige Essener Verwertungs- und Betriebs GmbH (EVB) denkt dabei auch an jene Märkte, die in Karnap oder Kray ums Überleben kämpfen. „Ich will in den Stadtteilen keine Händler verlieren“, sagt EBV-Geschäftsführer Wolfgang Fröhlich, weil in der Innenstadt das attraktivere Geschäft winkt. Wie aber will die Stadt der Bürgerschaft verweigern, was sie anderen in der Stadtmitte genehmigt? Auch diese Gretchenfrage hat der Rechtsstreit aufgeworfen.

Denn nicht nur an der Porschekanzel bauen Marktbeschicker ihre Stände auf. Vor dem Dom bietet ein Blumenhändler seit 1994 seine Waren feil, ebenfalls auf der Kettwiger Straße, unweit des Willy-Brandt-Platzes, macht ein Obsthändler seit 1971 seine Geschäfte. Das Angebot sei „historisch gewachsen“, heißt es bei der Stadt. Politisch ist es ein Kompromiss. Weil sich in den 70er Jahren in der Innenstadt reihenweise Stände breit gemacht hatte, bemühte die Stadt sich, diesen „basarähnlichen Charakter“ einzudämmen. Übrig blieben besagte zwei Platzhirsche. Sondernutzungsgenehmigungen gingen laut Verwaltung an die Arbeitsgemeinschaft der Markt- und Schausteller.

Mehr Stände sind offensichtlich nicht erwünscht. Nicht zuletzt mit Rücksicht auf jene Einzelhändler, die für ihre Ladenlokale in bester City-Lage saftige Mieten zahlen. Ob es die Stadt dabei belassen kann? Auch das werde rechtlich geprüft. Gertrud Maetz-Winterscheidt will für die Bürgerschaft jedenfalls eine Sondernutzung für weitere Stände beantragen. Sollte die Verwaltung dies ablehnen, sehe man sich eben wieder - vor Gericht.