Essen. . Viele Mädchen hauen immer wieder von zu Hause ab, obwohl sie mit ihren Familien leben wollen - wie die 15-Jährige Kim, die Deutschland in Atem hielt. Mit einem Angebot namens „HomeRun“ will ihnen der Sozialdienst katholischer Frauen helfen.

Ein paar Tage hielt die 15-Jährige Kim die Öffentlichkeit in Atem: Das Mädchen war von zu Hause abgehauen - und wurde vom Vater per Facebook gesucht. Dank der digitalen Vermisstenanzeige erregte dieser Fall großes Aufsehen; doch Mädchen wie Kim, die immer wieder ausreißen, gibt es häufiger. Nun wendet sich der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) mit einem neuen Angebot an sie und die Eltern.

Es fehle in Essen nicht an Heimen oder Notschlafstellen für Ausreißerinnen, stellt SkF-Geschäftsführer Björn Enno Hermans klar. Bloß gebe es Mädchen, die schon in zig Einrichtungen waren, die mal bei der Freundin, mal bei zwielichtigen Lovern unterkämen, Stopps bei den Eltern machten - nur um beim nächsten Zoff wieder zu verschwinden. „Diesen Drehtür-Effekt wollen wir beenden. Mit einer intensiven Begleitung wollen wir Mädchen dauerhaft zurück in ihre Familie bringen“, so Hermans.

Den Drehtür-Effekt beenden

Voraussetzung sei, dass es keine Hinweise auf eine akute Kindeswohlgefährdung gebe und die Eltern keine schweren Suchtprobleme haben. Auch müssten beide Seiten die Wiedervereinigung wirklich wollen, betont Sozialpädagogin Birgit Rosenfeld, die die Rückführungsgruppe mit Namen „HomeRun“ leitet. Mit einem gelegentlichen Elterngespräch seien wiederkehrende heimische Konflikte nicht zu lösen. Darum müssen die Eltern bei HomeRun bereit sein, mindestens einmal pro Woche zur Gruppensitzung zu kommen. Angelegt ist diese Familientherapie auf ein Jahr; in dieser Zeit leben maximal fünf Mädchen von 12 bis 16 in der Gruppe. Betreut werden sie von Birgit Rosenfeld, die systemische Familientherapeutin ist, und von einer Psychologin.

Therapie für die Familie

Weil die Teenager oft ein Bündel an Problemen mitbringen, in der Schule scheitern oder keine fest Tagesstruktur mehr kennen, herrscht bei den Eltern Resignation. „Da gibt es schon länger keine elterliche Präsenz, keine Regeln mehr“, sagt Birgit Rosenfeld. Mütter und Väter neigten dann zu der Haltung: „Jetzt ist die im Heim, sollen die mal sehen.“ Bei HomeRun gehe es indes darum, die Eltern von Anfang an mit einzubeziehen, ihnen zu zeigen, dass sie gebraucht werden. Darum dürfen sie jederzeit vorbeikommen und sind aufgefordert, die Regeln für ihr Kind mit aufzustellen. „Wir brauchen ein Vertrauensverhältnis zu einander.“

Seit Ende 2010 leben die ersten beiden Mädchen (14, 16) bei HomeRun; über sie und ihre Perspektive, nach Hause zurückzukehren, mag Birgit Rosenfeld natürlich nichts verraten. Klar sei aber, dass sich die so individuelle wie intensive Arbeit positiv bemerkbar mache: „Das wirkt sofort: Das Verhalten ändert sich schon.“