Essen. . 2000 Tauben nisten in der Essener Innenstadt. Mit Taubenhäusern und dem Austausch von Eiern will die Stadt die Zahl verringern. Vier Taubenhäuser müssten her, mehr als 44.000 Euro sind veranschlagt. Wer soll das bezahlen? Essen setzt auf Spender.

Essen ist nicht Venedig und der Kennedyplatz ist nicht der Markusplatz. Dennoch setzen auch in dieser Stadt wilde Tauben den Gemäuern mächtig zu. Nicht weniger als 2000 Tiere nisten inzwischen in der Innenstadt zwischen Hauptbahnhof und Limbecker Platz, wie eine Zählung im Auftrag des Veterinäramtes im August vergangenen Jahres ergab. Bei aller methodischen Ungenauigkeit - (wie zählt man fliegende Tauben?) - sind dies weniger Vögel als geschätzt, aber immer noch genug, so dass die Stadt akuten Handlungsbedarf erkennen lässt und die Tauben ins Visier nimmt.

Nein, nein, Tierschützer müssen sich nicht grämen. Niemand legt mit einer Schrotflinte an. Davor steht schon das Tierschutzgesetz. Und eine „akute Gesundheitsgefährdung“ durch wilde Tauben, was wohl allein einen Abschuss rechtfertigen würde, vermag Dr. Hendrik van Straaten, Tierarzt beim Veterinäramt, nicht zu erkennen. Die Stadt setzt bei der Bekämpfung der Taubenpopulation vielmehr auf eine „biologische Waffe“: Nicht etwa auf Gift, sondern auf die Erfahrungen, die in einem von der Jugendhilfe Essen betriebenen Taubenhaus am Kopstadtplatz gewonnen werden.

Taubeneier gegen Attrappen getauscht

Seit 2008 stibitzen dort Jugendliche den Tauben Eier aus den Nestern und tauschen sie gegen Attrappen aus Gips aus. Der Bestand sei seitdem leicht rückläufig, heißt es. Rund 700 Tiere wurden 2010 gezählt, zwei Jahre waren es noch mehr als 1000 Tierchen.

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Ein Taubenhaus sei aber nicht genug, um den Stadttauben Herr zu werden. Bevor die Population zu einer Plage auswächst, sollen weitere Schläge her. Vier Taubenhäuser und eine Krankenstation hält der „Arbeitskreis Stadttauben“ in der Innenstadt für ausreichend, um die Tiere „zu versorgen“ und ihr Brutverhalten zu beeinflussen, wie es in einem Bericht an den städtischen Ordnungsausschuss heißt. Auch das gehört zum „integrativen Gesamtkonzept“: Wilde Nistplätze seien zu entfernen, und selbstredend müsse es weiterhin heißen: „Tauben füttern verboten.“

Standort für Taubenhaus gesucht

Die Suche nach geeigneten Standorten gestaltet sich allerdings als schwierig. Drei blieben übrig: das Jobcenter im ehemaligen Gesundheitsamt an der Bernestraße, ein von der städtischen Immobilienwirtschaft angemietetes Haus an der Lindenallee/Ecke Vereinsstraße und das Unperfekthaus an der Friedrich-Ebert-Straße.

Ein Dutzend weiterer potenzieller Standorte wurden ebenfalls geprüft und wieder verworfen, darunter das Rathaus (zu hoch), das Gesundheitszentrum an der Hindenburgstraße (aus hygienischen Gründen) und der Hauptbahnhof, wo man mit Tauben bereits leidige Erfahrungen gemacht hat.

Gesamtkosten von 44.400 Euro für die Stadt

Mit einem geeigneten Standort ist es nicht getan. 7000 Euro veranschlagt die Stadt für die Errichtung eines Taubenhauses, hinzu kommen laufende Kosten pro Jahr von bis zu 3500 Euro. Denn die Tiere wollen gefüttert, ihre Hinterlassenschaft wollen entsorgt werden. Mit 960 Euro pro Jahr schlägt allein die Abfuhr des Taubenkots zu Buche. Unterm Strich kalkuliert die Verwaltung mit Gesamtkosten in Höhe von 44 400 Euro. Aber wer soll das bezahlen? Die Stadt setzt darauf, die finanziellen Mittel durch Spenden zusammentragen zu können. Auch hier gilt das Taubenhaus am Kopstadtplatz als beispielhaft, betrieben wird es mit Unterstützung des Allbau.

Die Jugendhilfe Essen hat sich bereit erklärt, weitere Taubenhäuser zu betreuen, Personal müsse dafür allerdings gegebenenfalls eingestellt werden. Es sei denn, ehrenamtliche Helfer schließen die Lücke. Also: Freiwillige vor. Ach so: Eines vergisst die Verwaltung in ihrem Berichten nicht zu erwähnen: Die Errichtung von Taubenhäusern zählt nicht zu den Pflichtaufgaben einer Stadt.