Essen-Werden. .

Die nach wie vor viel befahrene B 224 in Werden sorgt nicht nur für viel Lärm, sondern zudem für eine erhöhte Schadstoffbelastung. Entlastung ist ab Juli in Sicht: Nach Plänen des Essener Umweltamts könnte die Abteistadt zur Umweltzone werden.

Wohnen in Werden kann zumindest in einigen Bereichen ziemlich ungesund sein, denn die nach wie vor viel befahrene B 224 sorgt nicht nur für viel Lärm, sondern zudem für eine erhöhte Schadstoffbelastung. Entlastung ist ab Juli in Sicht, denn nach Plänen des Essener Umweltamts könnte die Abteistadt zur Umweltzone werden – so wie das gesamte Essener Stadtgebiet. So erläuterte es Hartwig Steinbrink vor dem Arbeitskreis B224, der in den Werdener Domstuben tagte.

Mehr als 10 Mykrogramm über dem Grenzwert

Der Leiter des Essener Umweltamtes zog zunächst allerdings eine erschreckende Bilanz in Sachen Luftbelastung. So haben die Experten ermittelt, dass es insbesondere eine starke Überschreitung der Stickstoffdioxid-Werte in Werden gibt. Zugelassen sind 40 Mykrogramm des NO2. Die durch so genannte Passivsammler in Werden gewonnenen Daten ergeben, dass die Werte aktuell bei über 50 Mykrogramm liegen.

Das Gas steht in Verdacht, krebserregend zu sein und kann beim Einatmen Kopfschmerzen und Schwindel auslösen. In Konzentrationen über 40 Mykrogramm erzeugt es beim Einatmen über längere Zeit gravierende gesundheitliche Schäden.

"Wir stagnieren auf einem hohen Niveau"

Die nach wie vor viel befahrene B 224 in Werden sorgt nicht nur für viel Lärm, sondern zudem für eine erhöhte Schadstoffbelastung.
Die nach wie vor viel befahrene B 224 in Werden sorgt nicht nur für viel Lärm, sondern zudem für eine erhöhte Schadstoffbelastung. © imago stock&people

„Wir stagnieren im gesamten Stadtgebiet auf einem hohen Niveau“, fasste Steinbrink die Gefahrenlage zusammen. „Sie alle wissen, dass wir auch hier in Werden neuralgische Punkte haben, darunter Brück- und Abteistraße, Teile der B224 Richtung Velbert sowie Teile der Ruhrtalstraße.“

Nur eine Teilentwarnung konnte Steinbrink in Sachen Feinstaub (PM10) aussprechen. Immerhin habe die Einrichtung der Umweltzone im Essener Norden eine messbare Entlastung gebracht. So sind die Grenzwerte laut Messstation an der Gladbecker Straße im vergangenen Jahr an 26 Tagen überschritten worden, und zwar über die noch zulässige Anzahl von 35 Überschreitungstagen hinaus. An insgesamt 61 Tagen wurde demnach der Wert der gerade noch erlaubten 35 Mykrogramm PM10 überschritten. Das, so Steinbrink, seien immerhin 19 Tage weniger als vor dem Inkrafttreten des Regionalen Luftreinhalteplans, erfülle aber die EU-Vorgaben längst noch nicht, weshalb man sich darum bemühen müsse, ein Vertragsverletzungsverfahren auf EU-Ebene abzuwenden.

"Bis heute halten wir Grenzwete nicht ein"

Schon seit dem Jahr 2002 existiert eine EU-Rahmenrichtlinie, nach der alle Mitgliedstaaten bestimmte Vorgaben für die Luftreinhaltung einhalten müssen, seit August 2008 gibt es auf ihrer Basis einen Regionalen Luftreinhaltungsplan für das Ruhrgebiet. „Bis heute halten wir nicht sämtliche Grenzwerte ein“, so Steinbrink weiter. Langfristig Abhilfe schaffen könnten hier politische Maßnahmen wie verschärfte Abgasstandards für Autos, wirtschaftliche Anreize für die Beschaffung emissionsarmer PkW, entsprechende Filtersysteme für LkW sowie emissionsabhängige Mautgebühren, aber auch der Ausbau des ÖPNV.“

Eine stadtweite Umweltzone würde für Werden bedeuten, dass den Fahrzeugen mit roten Plaketten ab dem 1. Januar 2012 keine Fahrerlaubnis mehr zugebilligt würde, ein Jahr später dürften auch jene mit gelben Plaketten nicht mehr durch den Ort fahren.

"Wir haben eine verlärmte Trasse"

Aus den Reihen der Bürgerschaft in den Domstuben nahm Hartwig Steinbrink die Anregung mit, eine Feinstaub-Messstation in Werden aufzustellen - zumindest für einen Zeitraum von einem oder anderthalb Jahren. „Das wäre sehr wünschenswert“, findet Steinbrink. Allerdings gebe es für NRW nur 20 solcher Stationen, weshalb die Beschaffung schwierig sei. Zum 1. Februar wird das Umweltamt die Pläne zur Einrichtung einer stadtweiten Umweltzone mit den übrigen betroffenen Stadtämtern absprechen, damit die Initiative sodann zwecks Entscheids durch das Land NRW weitergegeben werden könne.

„Wir haben konkret eine verlärmte Trasse.“ Bürger und Bezirksvertreter erhielten in der jüngsten Sitzung des Arbeitskreises B224 auch zahlreiche Detailinformationen rund um das Thema Lärmbelastung in Werden. Umweltsamtleiter Hartwig Steinbrink verteilte nicht nur die aktuelle Lärmkarte, die entlang der Werdener Hauptstraßen von Ruhrtal- über Brück- und Abteistraße bis hin zur Velberter Straße extrem hohe Werte in flammendem Rot und Orange auswies, sondern hielt auch zahlreiche Informationen rund um Möglichkeiten einer Lärmminderung bereit.

Allem voran vermeldete Steinbrink die aktuellen Trassendaten, getrennt nach Messwerten bei Tag und bei Nacht: Jüngst ermittelt wurden an der Brückstraße 82,8/73,7 dB(A), an der Abteistraße 75,6/66,5 dB(A), an der Velberter Straße auf Höhe Hausnummer 69 volle 82/72,9 dB(A), an der Heidhauser Straße 77,8/68,7 sowie an der Ruhrtalstraße 79,8/66,2 dB(A).

Laut ist es auch in der Nacht

Zum Vergleich: Bereits eine „Dauerbeschallung“ mit 40 Dezibel kann zu Lern- und Konzentrationsstörungen führen, und 75 dB/(A) entsprechen einem nicht Lärm geminderten Gartenhäcksler aus zehn Metern Entfernung.

Bei 12 400 Fahrzeugen, die Tag für Tag die Werdener Brücke, Brück- und Abteistraße passierten, allein 9000 auf der Ruhrtal- und 8250 auf der Heidhauser Straße, könne man von einer ständigen Geräuschkulisse ausgehen. In Essen litten rund 32 000 Menschen unter dem Lärm von Straße und Schiene, weshalb der am 24. November 2010 im Rat beschlossene Lärmaktionsplan I ein Bündel aus insgesamt 18 Maßnahmen geschnürt habe, die die Kommune als selbstständiger Planungsträger nun umzusetzen gedenke (wir berichteten).

In den Fokus der Diskussion rückte dabei im Arbeitskreis der lärmoptimierte Asphalt. „Dadurch ist ein Lösungsansatz gegeben“, fasste CDU-Fraktionssprecher und Moderator Patrick Widmaier das Ergebnis der Diskussion mit Bürgern zusammen.

Einrichtung von Tempo 30 ist weitgehende Forderung

So könnte das erste Teilstück der B224 zwischen Brücke und Ludgerusbrunnen mit dem speziellen Straßenbelag, der mit drei bis fünf Dezibel/A nach Meinung der Experten bereits eine spürbare Lärmminderung verspreche, im Zuge der ohnehin fälligen Straßendeckenarbeiten während der Kanalsanierung durchgeführt werden. Laut Hartwig Steinbrink ließe sich dies kostenneutral realisieren, da der lärmmindernde Oberflächenauftrag nicht teurer sei als der herkömmliche.

Die weitergehenden Forderungen wie die Einrichtung von Tempo 30 auf der Brückstraße, die Umleitung des Fernverkehrs über die B227 mittels einer entsprechenden Beschilderung wie auch die Einrichtung einer Pförtnerampel auf Höhe der Flora in Bredeney zwecks Vermeidung von Staus in Werden fanden dagegen keine Zustimmung.

So wurden sie auch nicht in den umfangreichen Katalog der Maßnahmen aufgenommen, die der Arbeitskreis B224 als Ergebnis seiner Tätigkeit präsentieren will - und das wird voraussichtlich am Ende seiner Sitzungsperiode der Fall sein.