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Die Durchfallquote bei der Medizinisch Psychologischen Untersuchung (MPU) nach dem Verlust des Führerscheins ist hoch. Es reicht nicht, einfach Besserung zu geloben, um die Prüfung zu bestehen. Im Institut "Impuls" finden Betroffene Hilfe.

Bei der Medizinisch Psychologischen Untersuchung ist die Durchfallquote hoch. Denn die landläufig als „Idiotentest“ bekannte Prüfung lässt sich nicht mit einem netten Augenaufschlag bestehen.

Wählen wir den Einstieg über ein Fallbeispiel: Ein 22-jähriger Essener fährt sturzbetrunken Auto, fällt dabei auf, der Führerschein ist weg, der Gang zur Medizinisch Psychologischen Untersuchung (kurz: MPU) wird zur Pflicht, will er die Fahrerlaubnis zurück bekommen.

Geläutert fühlen?

Nun könnte der Mann bei der MPU schlicht sagen, er fühle sich geläutert und trinke nicht mehr. „Aber wenn man dem Gutachter nicht darlegen kann, dass man wirklich etwas verstanden hat, fällt man durch“, sagt die Verkehrspsychologin Katrin Aydeniz, die im Essener Institut „Impuls“ Fahrsünder auf die MPU vorbereitet.

Denn die landläufig als „Idiotentest“ bekannte Prüfung lässt sich nicht mit einem netten Augenaufschlag bestehen. Um Glaubwürdigkeit gehe es, um den Willen, Fehlverhalten ernsthaft und nachhaltig zu korrigieren. Der junge Mann also besuchte das Institut im Deutschlandhaus und staunte. Nicht etwa eine Verkehrsschulung, sondern die Arbeit an seinen Problemen, an seiner Persönlichkeit waren gefragt. „Meist wird ein Vergehen geahndet, aber niemand fragt nach dem Grund.“ Was zu kurz greife: „Wenn ich die Ursache nicht kenne, kann ich auch nichts gegen das daraus resultierende Verhalten tun.“

Relativ rasch habe sich in den Gesprächen mit dem 22-Jährigen gezeigt, warum er trinke: Mangelnde Sozialkontakte. Nur alkoholisiert konnte er locker auf andere zugehen. Welche Strategien also ließen sich finden, um Abhilfe zu schaffen, Kontakte zu knüpfen, ohne vorher zu trinken? „Eingangs suchen wir in Einzelgesprächen die Gründe für das Problem“, sagt Aydeniz. Dann gehe es an die Gruppensitzungen. „In Einzelgesprächen reagiert man rein kognitiv und kann sich gut präsentieren. In der Gruppe zeigt sich, wie man mit Stress umgeht.“

Drohender Entzug

Das herauszufinden, sei wichtiger Bestandteil der Vorbereitung auf die MPU. „Wir alle haben manchmal Stress. Die Frage ist doch, warum die einen sich nicht an Regeln halten können und straffällig werden während andere damit umgehen können.“ Erst wenn man dem Gutachter bei der MPU darlegen könne, dass die Ursache gefunden und ein Ausweg gefunden seien, bekomme man ein positives Gutachten.

Drogenfahrten, Alkoholfahrten und Verkehrsteilnehmer, die zu hoch in die Punkte-Ränge der Flensburger Kartei aufgestiegen sind, müssen sich dem Prozedere unterziehen. Dabei sind die Verkehrssünder mit 18 und mehr Punkten die hartnäckigsten. Viele kleine „Warnschüsse“ haben sie bekommen, während die Punkte nach und nach in die Kartei tröpfelten – und dennoch keine Gelegenheit genutzt, zu reagieren. „Normalerweise denkt man sich, das Handy packe ich in den Kofferraum oder ich kaufe mir ein Headset.“ Doch nur rund 0,01 Prozent aller Führerscheininhaber ignoriere konsequent den drohenden Führerscheinentzug und mache weiter wie gehabt.

So registrierte die Stelle für Kfz-Zulassungen und Fahrerlaubnisse im vergangenen Jahr 128 Fälle von Führerscheinentzug aufgrund der zu hohen Punktezahl, während 340 Entzüge nach Alkoholfahrten und weitere 256 nach Drogenfahrten registriert wurden. Zahlen, die in Essen seit Jahren konstant seien, sagt Karl-Heinz Vollmer, Abteilungsleiter in der Behörde.

„Man kann nicht von jetzt auf gleich mit zwei Promille erwischt werden“

Delikte, die für die Verkehrssünder mit hohen Kosten verbunden sind. Punktesünder zahlen allein für die MPU beim Gutachter 357 Euro, nach Alkoholfahrten kostet das Gutachten 412 Euro, „denn dann wird auch eine Blutprobe verlangt, wofür Laborkosten fällig werden“, sagt Aydeniz. Bei Drogenfahrten ist ein zusätzliches Urin-Screening vorgeschrieben, so dass die Kosten hierbei mit 564 Euro am höchsten liegen. Hinzu kommt die Vorbereitung auf die MPU beim Verkehrspsychologen. Ausgaben, die nicht nur angesichts der hohen Durchfallquote Sinn machen. Schließlich umfasst die Vorbereitung eine qualifizierte psychologische Betreuung, die je nach Schweregrad über Wochen bis hin zu einem halben Jahr läuft. „Wenn nach einer Alkoholfahrt ein einjähriger Abstinenznachweis gefordert ist, begleiten wir die Kunden auch über diesen Zeitraum.“

Die Treffen bei der Verkehrspsychologin finden in regelmäßigem Rhythmus statt. „Wir treffen uns zu den Einzelgesprächen alle 14 Tage zu einem dreistündigen Termin.“ Zeit genug hätten die Klienten hiernach, das Gehörte sacken zu lassen, es umzusetzen. Die Gruppensitzungen hingegen finden in wöchentlichem Rhythmus statt.

Wer sich gut genug vorbereitet fühlt, tritt vor den Gutachter. Bei Punktesündern frage dieser nach den Gründen für jedes einzelne Delikt. Bei Alkoholfahrten sehe man genau auf den Promillewert oder achte auf Wiederholungsfälle. „Man kann nicht von jetzt auf gleich mit zwei Promille Blutalkoholgehalt im Straßenverkehr erwischt werden. Da ist klar, dass es vorher eine Gewöhnungsphase gab.“ Also wird nach der Zeit des Alkoholmissbrauchs nach den Motiven gefragt: Welche Veränderungen gibt es? Im besten Fall lasse sich für den Gutachter schlüssig darlegen, dass man verstanden und sich verändert habe. Ist das nicht der Fall, gibt es jederzeit Gelegenheit, die Medizinisch Psychologische Untersuchung zu wiederholen. Solange man es eben bezahlen kann.