Essen. .
Die sinkende Zahl der Schulabgänger macht den Unternehmen Sorge. Ulrich Kanders, Geschäftsführer des Unternehmerverbands fordert auf, darüber nachdenken, die Zuwanderungsbestimmungen für Facharbeiter zu lockern.
Die Wirtschaftskrise haben viele Essener Unternehmen abgehakt. Die Beschäftigungszahlen steigen, lediglich 10 Prozent der Firmen, die der Unternehmerverband (EUV) jetzt im Rahmen seines Konjunktur-Barometers befragte, fahren noch Kurzarbeit. Im Gegenteil sind Fachkräfte gesucht, sind Mangelware. „Darunter leiden bereits 10 Prozent der 30 Essener Unternehmen, die wir befragt haben. Der Anteil hat sich damit gegenüber dem Frühjahr fast verdoppelt“, erklärt EUV-Hauptgeschäftsführer Ulrich Kanders.
Qualifizierung eigener Mitarbeiter verpasst
Doch vor einigen Wochen erst spielten Arbeitsmarktexperten den Ball zurück: Hätten Arbeitgeber vorausschauend Nachwuchs ausgebildet, Angestellte den Anforderungen ihres Betriebes entsprechend qualifiziert, wäre nie ein Mangel entstanden.
Kanders relativiert: „Wir haben hier in Essen einen stabilen Ausbildungsmarkt.“ Vergessen dürfe man jedoch nicht, dass es Betriebe gebe, die aufgrund ihrer Größe nicht ausbilden könnten und solche, die einen Fachkräfte-Bedarf hätten, der die eigenen Ausbildungskapazitäten überschreite. „Das führt natürlich zwischen den Unternehmen zu Konkurrenz am Arbeitsmarkt.“ Branchenübergreifend weite sich der Mangel, der Wettbewerb um gut qualifizierte Kräfte aus.
Weniger Beschwerden über „nicht ausbildungsfähige“ Schulabgänger
Bedarf meldeten in Essen mittlerweile Betriebe aus mehr als 40 Branchen an. „Und dieser Mangel wird sich weiter verstärken.“ In diesem Jahr würden zu wenig Schulabgänger in den Beruf starten, eine Entspannung sei einzig für das Jahr 2012 in Sicht, wenn erstmals Abiturienten nach Klasse 12 die Schule verlassen zusätzlich zu den Abgängern nach Klasse 13. „Im Jahr 2013 wird es dann wieder weniger Bewerber geben.“ Ein Niveau, auf das man sich dauerhaft einstellen müsse. „Darum raten wir unseren Mitgliedsfirmen, noch in diesem Jahr einzustellen. 2013 sind die Auszubildenden dann bereits zwei Jahre im Betrieb und können produktiv tätig werden.“
Beschwerden über Schulabgänger, die nicht mehr „ausbildungsfähig“ seien, hätten hingegen merklich abgenommen. Kanders führt das darauf zurück, dass Chefs versuchten, das Beste aus der Situation zu machen und nach Alternativen suchten. So seien die „Etikette-Kurse“, die der EUV Azubis seiner Mitgliedsfirmen anbietet, zunehmend gut nachgefragt. Was ziehe ich im Betrieb an? Welche Rechte aber auch Pflichten hat ein Auszubildender und wie trifft man den richtigen Ton? Fragen, auf die Jugendliche im Kurs eine Antwort bekommen. Im vergangenen Jahr nahmen 250 Essener Lehrlinge daran teil, mit 300 angehenden Fachkräften rechnet der EUV in diesem Jahr.
Gleichzeitig, so argumentiert Kanders, müsse man darüber nachdenken, die Zuwanderungsbestimmungen für Facharbeiter zu lockern. Derzeit müssten diese ein jährliches Einkommen von 66 000 Euro nachweisen, „das entspricht aber in der Realität nicht dem, was ein Facharbeiter verdient.“ Kanada etwa habe eine praktikablere Lösung. Dort erfasse man genau, für welchen Bereich ein Mitarbeiter gesucht werde und passe entsprechend die Bedingungen für die Einwanderung an, um dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken.