Essen.
Essener Krankenhäuser und Rettungsdienste müssen sich auf XXL-Körper-Umfänge und -Gewichte einstellen. Die Zahl extrem schwergewichtiger Patienten im Ruhrgebiet ist drastisch gestiegen. Der Trend zur Fettleibigkeit kommt teuer zu stehen.
Essener Krankenhäuser und Rettungsdienste sehen sich gezwungen, ihre Geräte und Zimmer teuer nachzurüsten, weil die Zahl extrem schwergewichtiger Patienten im Ruhrgebiet drastisch gestiegen ist: Krankenbetten, OP-Tische, Rettungswagen, Toiletten, Stühle oder Diagnose-Maschinen müssen nun für XXL-Körper-Umfänge und -Gewichte ausgelegt werden.
„Das Gewicht der Deutschen steigt im Schnitt zwar nur leicht an, doch die Zahl der Super-Super-Adipösen nimmt überproportional zu“, beobachtet Chirurg Dr. Matthias Schlensak, der die im Krupp-Krankenhaus extra eingerichtete Spezialklinik für korpulente Kranke leitet - und mehr als 200 Magenverkleinerungen jährlich durchführt.
Steigender Bedarf an belastbarem Mobiliar
Steigenden Bedarf an belastbarem Mobiliar konstatiert auch Horst Defren, Geschäftsführer der Kliniken-Mitte. „Wir haben eigene Toiletten für Schwergewichtige. Die Standard-Toiletten brechen sonst ab.“
Der Trend zur Fettleibigkeit kommt aber teuer zu stehen: 120 000 Euro kostet ein Krankenzimmer für Schwergewichtige - für die Hänge-Toiletten müssen neue Betonwände eingezogen werden, Krankenbetten müssen statt 150 Kilo bis zu 300 Kilo aushalten.
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Die Essener Feuerwehr hatte bereits 2007 Spezial-Autos angeschafft, die über Rampen doppelt so breite Tragen mit Lasten von 300 Kilo heben können - und mit 175 000 Euro ein Drittel teurer sind als normale Rettungswagen.
Doch auch Diagnosen sind schwierig: In die Röhren normaler Kernspin- oder Magnetresonanz-Tomographen (MRT) kann man keine Super-Dicken hineinschieben. „Bei uns rufen regelmäßig Leute an und fragen, ob die Größe unserer Röhren ausreicht, weil sie so dick sind“, heißt es im von Prof. Michael Forsting geleiteten Röntgeninstitut des Uniklinikums. Das kann Fettleibigen bald besser helfen: In diesen Tagen verhandelt das Krankenhaus über die Lieferung eines MRT-Geräts für Patienten über 225 Kilo Gewicht. Die Kosten laut Ausschreibung: Über zwei Millionen Euro.
Refinanzierung der Zusatzkosten
Ob Krücken, Kanülen, Nadeln, Rollatoren - „die ganze Versorgungskette muss auf Schwergewichtige eingestellt sein“, meint Irene Maier, Pflegedirektorin des Uniklinikums. Selbst Zubehör koste aber mindestens 10 bis 20 Prozent mehr. Eine hohe Belastung seien Schwergewichtige auch für die Pfleger. „Wir haben Spezial-Hebelifter, aber ohne diese müssen mehrere Kräfte ran, um den Patienten umzubetten“, sagt Maier.
Die Refinanzierung der Zusatzkosten für ihre speziellen Patienten ist für die Krankenhäuser schwierig. Die Kassen zahlen im Normalfall nur einen kleinen Aufschlag. „Nicht nur die Kliniken, sondern unsere Gesellschaft muss sich dem Problem stellen: Wer soll das alles bezahlen?“, sagt Lothar Kratz von Krankenhausgesellschaft NRW. Er geht davon aus, dass etliche Menschen auch deshalb dick sind, weil sie sich ein falsches Verhalten antrainiert haben.
Die meisten Krankenhäuser allerdings müssen bei Anruf eines Schwergewichtigen heute noch passen - und den Kranken überweisen. In Köln, so erzählt Kratz, hat man Dicke in der Pferdeklinik röntgen und behandeln lassen.