Essen. .
Andächtige Stille bei den Philharmonikern auf dem Kennedyplatz, Gothic-Jünger auf der Viehofer Straße und Metalbands aller Herren Länder auf der Turock-Bühne: „Essen Original“ vereinte Musikfans aller Sparten und Altersklassen.
Schon eine halbe Stunde vor Konzertbeginn ist auf dem Kennedyplatz kaum noch ein Stuhl frei, rings um die Sitzreihen stehen die Menschen sogar noch dichter gedrängt. Um viertel vor neun füllt sich langsam auch die Bühne: Die Philharmoniker, der letzte Programmpunkt des Klassik-Tages beim Stadtfest Essen Original, nehmen Platz und ihre Instrumente in die Hand. Unter der Leitung von Generalmusikdirektor Stefan Soltesz interpretiert das Ensemble Auszüge aus der Operette „Die Csárdásfürstin“ von Emmerich Kálmán.
Während das Orchester spielt, ist es andächtig still auf dem Platz. Doch kaum ist der letzte Ton eines Stückes verklungen, applaudieren und pfeifen die Zuschauer begeistert. Zu dem kostenlosen Konzert der professionellsten Musiker der Stadt sind am Samstagabend vor allem viele ältere Menschen gekommen. Es ist gemütlich auf dem Kennedyplatz, die Besucher sitzen mit ihren Freunden und Bekannten zusammen und genießen die Musik in der warmen Abendluft.
Von Gemütlichkeit kann immer weniger die Rede sein, je weiter man an diesem Tag in Richtung Viehofer Platz vordringt. Auf dem Weg in die Nordstadt wird das Publikum jünger, die Kleidung dunkler und das Haar länger. Vor der „Schwarzen Bühne“ am Pferdemarkt tanzen Jugendliche zur Dark-Wave-, Gothic- und Elektromusik.
Gastrocker aus den USA und Skandinavien auf der Turock-Bühne
Auf der Turock-Bühne am Viehofer Platz schließlich ist auch in diesem Jahr wieder die lauteste Musik des Festivals zu Hause. Hier geben sich Hardrock- und Metalbands zwei Tage lang die Klinke in die Hand, viele von ihnen kommen aus Essen und der Umgebung. Mit Skeletonwitch und Unleashed sind aber auch Gastrocker aus den USA und Skandinavien dabei.
Das Programm der beiden größten Bühnen des Stadtfestes könnte unterschiedlicher nicht sein: Während auf der Hauptbühne die Philharmoniker konzentriert die Geigen streichen, steht am Viehofer Platz kaum noch ein Stein auf dem anderen. Auf der Bühne prügeln die Musiker auf ihre E-Gitarren ein, davor springt das Publikum wild durcheinander und brüllt begeistert bekannte Textpassagen mit. Die Metal-Fans lieben das Chaos, aber sie geben auch aufeinander Acht: Stolpert jemand in der Menge, helfen ihm die Umstehenden sofort wieder auf die Beine. Besonders für die internationalen Bands sind viele Jugendliche aus anderen Städten gekommen. Ein paar ganz Harte zelten sogar übers Wochenende auf dem kleinen Rasenstück am Pferdemarkt, gerade wie bei den großen Rockfestivals.
Wiederum zur gleichen Zeit ereignet sich am Willy-Brandt-Platz ein Spektakel der ganz anderen Art: Das Forum Essener Lesben und Schwule (FELS) präsentiert eine unterhaltsame und selbstironische Travestie-Revue. In bunte Glitzerkostüme gehüllt und mit überdimensionalen Perücken auf dem Kopf singen FELS-Mitglieder zum Playback ihre Lieblingslieder und erzählen Anekdoten aus dem homosexuellen Eheleben.
Das breite Programm mache Essen Original als Stadtfest einzigartig, betonte Oberbürgermeister Reinhard Paß bei seinem Grußwort vor dem Auftritt der Philharmoniker. „Hier findet jeder seinen Musikgeschmack. 1000 Künstler zeigen die Vielfalt der Stadt und bieten 125 Stunden Unterhaltung und Abwechslung, das ist eben Essen original.“
Polizei: „Auffällig viele betrunkene Jugendliche“
Auch die Polizei zog ein erstes Fazit. Während der erste Festivaltag sehr ruhig über die Bühne gegangen sei, hatten die Beamten am Samstag weitaus mehr zu tun: Neben einem starken Besucherstrom machten der Polizei auffallend viele betrunkene Jugendliche zu schaffen. Eine Gruppe von etwa 20 libanesischen Jugendlichen sorgte an mehreren Orten für Unruhe, fünf junge Männer konnten schließlich gestellt werden. Insgesamt wurden 17 Platzverweise ausgesprochen.