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Der neue Hingucker auf Zollverein ist sechs Meter hoch und 39 Meter breit. Die Architekten Uli, Ben und David Dratz haben ein Haus aus 550 Altpapierballen gebaut, um zu beweisen, dass Papier als Baustoff taugt.

Ein Gebäude aus Altpapierballen steht jetzt auf Zollverein. Ein Recyclinghof in Oberhausen-Buschhausen hat die Architekten auf die Idee gebracht. „Wir waren beeindruckt von der Ästhetik der Papierballen“, berichtet Ben Dratz. „Dieses Patchwork an verschiedenen Farben hat uns unglaublich fasziniert. Da haben wir angefangen, darüber nachzudenken, wie daraus Häuser entstehen könnten.“

Allein mit der Vision haben Vater und Söhne Dratz 2007 einen Architektenwettbewerb gewonnen und 2008 einen Preis im Wettbewerb „Essens kreative Klasse“ geholt. Kein Wunder, dass die Idee faszinierte, sagt Ben Dratz: „Papier ist der emotionalste Baustoff überhaupt, weil jeder es kennt und benutzt.“

Forschungsarbeit

Doch vor der Umsetzung stand jede Menge Forschungsarbeit. Wieviel Druck halten Papierballen aus? Mehr als Steine, haben die Architekten festgestellt: „Theoretisch könnte man so 30 Meter hohe Gebäude errichten.“ Welche Ballengröße ist optimal? Auf Zollverein sind sie 1,40 Meter lang, 1,10 Meter breit und 80 Zentimeter hoch. Und vor allem: Wie schützt man den Bau vor Feuchtigkeit?

Den ersten Plan, eine doppelte Wachsschicht, haben die Architekten verworfen. „Wir wollten, dass man die verwendeten Zeitungen wirklich noch lesen kann.“ Der Chemiekonzern Henkel lieferte schließlich im Wortsinne die Lösung für eine klare Imprägnierung.

Überraschend: Der Brandschutz war das kleinste Problem. Papier brennt zwar leicht, sagt Ben Dratz. Aber: „Aufgrund des hohen Komprimierungsgrads und der Dichte besitzt das Material jedoch die Brandschutzqualität ,schwer entflammbar’.“

Mit Unterstützung durch den Baukonzern Hochtief, dessen Auszubildenden für den Bau ein Betonfundament gossen, und der RAG Montan Immobilien haben die Architekten das rund 200 000 Euro teure Experiment gestemmt - mit erheblicher Verspätung durch den harten Winter. Am 9. September wollen die Architekten die Eröffnung feiern. Danach soll die Pyramide zwei Jahre lang als Multifunktionsgebäude dienen, in der Veranstaltungen von der Produktpräsentation bis zur Geburtstagsfeier stattfinden können.

Und dann? Nach dem Abriss kehren die Ballen zurück in den Recycling-Kreislauf. „Die Kohlendioxid-Bilanz läuft dabei fast gegen null“, sagt Ben Dratz: „Das Gas entsteht nur beim LKW-Transport.“

Mit der Papier-Pyramide wollen die Architekten einen „Denkanstoß“ geben dafür, was mit Altpapier alles möglich ist. Nach dem „absolut beeindruckenden Gebäude“ denkt Dratz schon an weitere Verwendungszwecke. „Schallschutzwände zum Beispiel. Dreidimensionale Werbeflächen. Und Möbel.“