Essen. .
Das 110-Millionen-Euro-Sparpaket der Stadtspitze zieht für Oper, Philharmonie, Philharmoniker, Schauspiel und Ballett nach einer externen Analyse unabhängiger Berater drastische Folgen nach sich. Die Berater schlagen weit gehende Kooperationen mit Nachbarstädten vor.
Auch interessant
„Um bis 2013 Einsparungen in der vorgesehenen Höhe realisieren zu können, wären voraussichtlich kurzfristig wesentliche Strukturveränderungen erforderlich“, notieren Fachleute der Essener Wirtschaftsprüfungsfirma „Märkische Revision“ in ihrem bisher unveröffentlichten Zwischenbericht an den Rat der Stadt.
Die Schließung einer ganzen Sparte erwähnen die Berater zwar nicht, schlagen aber weit gehende Kooperationen mit Nachbarstädten vor. Dabei sollen nicht nur gleiche Inszenierungen mal in der einen oder anderen Stadt aufgeführt werden, sondern die Städte sollen sich auf einen „gemeinsamen Betrieb gesamter Sparten einschließlich zugehörigem standortbezogenem Technikbetrieb“ einigen.
Lieber Stärken bündeln
Im Klartext: Gemeint könnte beispielsweise sein, dass Oberhausen Schauspiel für sich und Essen produziert; Essens Opernhaus und Philharmonie als zentraler Musiktempel für Mülheim, Oberhausen und Bochum fungiert, sowie Gelsenkirchen oder Dortmund mit einer Ballettsparte für alle Städte im zentralen Ruhrgebiet.
Dies böte die Chance, Stärken zu bündeln und bei reduziertem Gesamtbudget die Qualität des Angebots zu erhalten, schreiben die Experten. Ob an solchen weit gehenden Kooperationen Essen und die Nachbarkommunen überhaupt interessiert seien, sei bisher allerdings noch unklar.
Auf keinen Fall dürfe der Sparkurs aber die jetzt „exzellente Qualität“ des Kulturprogramms in Essen verringern, denn dann könnte man zur Ertragssteigerung keine „deutlichen Preiserhöhungen realisieren“, da diese nicht „am Markt gerechtfertigt“ werden könnten, meinen die Berater.
Mit anderen Worten: Werden die Eintrittspreise bei schlechter werdenden Konzerten und Opern erhöht, besteht die Gefahr des Zuschauer-Schwunds und der Verlust von Einnahmen. Um die Folgen von Preiserhöhungen abzuschätzen, soll Essen erst „Versuche“ machen.
Beim größten Kostenblock des Essener Kulturbetriebs „Theater und Philharmonie GmbH (TuP)“, dem Personal, also der Schauspieler, Musiker, Tänzer und Techniker, sind laut Bericht nur mittelfristig Einsparungen möglich: Bis 2012 scheiden aus Altersgründen nur 28 von 665 Mitarbeiter aus; nur noch die Hälfte dieser Stellen soll wieder besetzt werden. Bei den für Künstler üblichen Verträgen mit kurzer Laufzeit sei es möglich, diese auslaufen zu lassen.
Potenzial bei Opernstars
Die Ausgaben für den Personalstamm machen 70 Prozent der 60 Millionen Euro Gesamtaufwendungen der TuP aus, die die Stadt mit 43 Millionen Euro bezuschusst. Auch beim Engagement teurer Gäste, also Opernstars oder auswärtiger Orchestermusiker, sei noch Sparpotenzial vorhanden, so die Gutachter.
Nach Vorgaben des neuen Sparpakets muss die TuP in der Saison 2010/11 rund 4,4 Millionen Euro sparen. Davon seien erst 1,3 Millionen erreicht worden. Schon 2008/2009 hatte die TuP im Vergleich zur Vorsaison strukturell 2 Millionen Euro eingespart. Allerdings hatte man in den Jahren zuvor vor allem auch in der Philharmonie den Etat drastisch überzogen.
Selbst wenn die TuP den Kraftakt schaffen und die 4,4 Millionen dauerhaften Einsparungen für 2010/11 erreichen würde, ist dies nicht das Ende: Laut Sparpaket müsste die TuP 2011/12 noch einmal eine Million und 2012/13 nochmals 1,2 Millionen Euro netto sparen – und das bei stetig steigenden Löhnen. Daher halten die Gutachter eben „wesentliche Strukturveränderungen“ für unabänderlich.