Essen.

Angesichts der Betreuungs-Unterversorgung ist die Stadt auf private Kita-Träger angewiesen. Doch die fühlen sich ausgebremst - zwei Erzieherinnen wurde eine Neugründung verwehrt, weil die Stadt ein leer stehendes Gebäude nicht vermieten will.

Angesichts der dramatischen Unterversorgung mit Kindergartenplätzen ist die Stadt auf das Engagement privater Träger angewiesen. Doch bisweilen fühlen sich die von städtischer Seite ausgebremst.

Nehmen wir Silke Baumert und Sibylle Becker, beide Erzieherinnen und Bewegungspädagoginnen. Jahrelang haben sie in Kindergärten zusammengearbeitet, auch in Leitungsfunktionen. Die Idee zur Gründung einer eigenen Kita hatte Silke Baumert: „Ich wollte ein Angebot für Kinder aus Kupferdreh, Heisingen und Byfang und dabei einen Schwerpunkt auf Bewegung setzen”. Sie lebt selbst in Kupferdreh, kennt die Nöte der Eltern und die amtlichen Zahlen: Bei den über Dreijährigen ist der Betreuungsbedarf dort laut Jugendamt zu 70,6 Prozent gedeckt, bei den unter Dreijährigen nur zu mageren 4,7 Prozent.

„Wir wollen bezahlbar bleiben“

Also erstellten Baumert und Becker einen Business-Plan, beantragten einen Förderkredit, kalkulierten Kosten und Beitragssätze. „Wir müssen teurer sein als ein öffentlicher Träger, wollen aber bezahlbar bleiben”, sagt Becker. Nach gründlicher Vorarbeit, verteilten sie im März erste Flyer. „Die Resonanz war riesig, und obwohl wir noch keine festen Verträge vergeben, sind schon 22 Kinder angemeldet.

Im Oktober sollte es losgehen, doch die Raum-Suche gestaltete sich schwierig. Zum ersten Objekt gab das Landesjugendamt sein Okay, das Essener Bauamt jedoch legte ein Veto gegen die Umnutzung der gewerblichen Räume ein. Immerhin wies das Amt auf ein Gebäude an der Anstockstraße 11, das leerstehe und von der städtischen Immobilienwirtschaft verwaltet werde. Becker und Baumert machten eine Begehung und waren begeistert: „Räume und Außenfläche sind großzügig; nebenan liegen Grundschule, Turnhalle und Schwimmbad!”

„Essen ist auf engagierte Träger angewiesen“

Ein Mietvertrag schien nah, doch dann erhielten sie eine Absage von Barbara Wolf von der Immobilienwirtschaft: „Eine Vermietung des Gebäudes kommt leider nicht infrage. Aufgrund der finanziellen Situation der Kommune werden leerstehende Objekte [...] ausschließlich zum Verkauf angeboten.” Fast wie Hohn klingt, dass in dem Brief vom 13. Juli auch steht: „Die Stadt ist beim Ausbau des Betreuungsangebotes [...] auf engagierte Träger angewiesen.”

Tatsächlich betont Jugendamtsleiterin Christina Bäuerle: „Wir haben ein dringendes Interesse an der Initiative und bauen auf eine Lösung.” Barbara Wolf von der Immobilienwirtschaft bleibt indes hart: „Unsere Maxime ist: nicht verpachten, sondern verkaufen.” Das gelte auch nach zwei Jahren Leerstand. Wie zwei Erzieherinnen den Preis (von offenbar über 500 000 Euro) stemmen sollten, bleibt rätselhaft. Sie könnten höchstens anbieten, als Mieter die Instandhaltungskosten zu tragen, sagen Baumert und Becker. Nun hoffen sie auf ein Signal der Stadt: „Wir müssen den Eltern ja sagen, wie’s weitergeht.“