Essen. .
Immer mehr Essener verunglücken auf glatten Straßen. Fast alle Kliniken der Stadt melden einen Ansturm auf die Ambulanzen. Die Stadt mahnt Grundstückseigentümer, ihrer Räumpflicht auf Gehwegen nachzukommen, und denkt über eine Intensivierung des Winterdienstes nach.
„Der schlimmste Tag war der Mittwoch“, sagt Anette Ehrke-Schön, Sprecherin der beiden Krupp-Krankenhäuser in Rüttenscheid und Steele. „Da war in beiden Ambulanzen dreimal soviel los wie im Normalfall. Die Leute rutschen auf Glatteis aus, fallen hin und brechen sich meistens den Arm.“ In den Krankenhäusern haben die Chirurgen inzwischen die geplanten Operationen verschoben, um Kapazitäten für die Unfallopfer zu schaffen. „Das ist nicht schön für die Patienten, die warten müssen, aber Notfälle gehen vor“, sagt Anette Ehrke-Schön und vergleicht die Operations-Statistiken. Im Januar 2009 wurden im ehemaligen Lutherhaus 100 Unfallverletzte behandelt, bis gestern waren es schon 300.
„Wir operieren die Nacht durch. Die Ambulanz quillt über“, sagt der Leitende Oberarzt Claus-Adrian Schlegtendal von den Kliniken Essen-Süd. „Die Leute steigen aus ihren Autos und legen sich auf die Nase. Deshalb haben wir hier Frakturen ohne Ende.“ Wegen der überfüllten Wartezimmer schicken die Chirurgen in St. Josef Werden die Patienten zum Warten in die Cafeteria.
Viele Unterkühlungen und Erfrierungen
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Ein ähnliches Bild bietet sich derzeit in den Unfallchirurgien von St. Vincenzkrankenhaus Stoppenberg und Philippusstift Borbeck. „Spürbar mehr Sturzverletzungen in den Ambulanzen“ registriert Thomas Kipp, Sprecher der Kliniken Nord-West. Die Opfer seien vor allem ältere Menschen, sagen die Chirurgen in beiden Ambulanzen. Die seien oft nicht mehr gut zu Fuß - und erlitten bei Stürzen auch schwerere Verletzungen als junge Menschen.
Nicht nur Sturzverletzungen häufen sich in diesem Winter. Andreas Grundmeier, Leiter der zentralen Notaufnahme der Kliniken Essen-Mitte, berichtet von „unglaublich vielen Unterkühlungen bis hin zu Erfrierungen. Wir haben die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen“. Es handele sich dabei nicht um Obdachlose, sondern um ältere Menschen, die etwa nach einem Sturz Tage hilflos in der Wohnung gelegen hatten, ohne sich bemerkbar machen zu können. Grundmeier: „Überraschend viele Menschen fallen durchs soziale Netz.“
Wegen der vielen Glatteisunfälle erinnert die Stadt die Grundstückseigentümer an ihre Pflicht zur Winterwartung von Gehwegen „unverzüglich nach Entstehen der Glätte“. Auch über eine Ausweitung des EBE-Winterdienstes wird nachgedacht. Aber: „Wenn die Stadt mehr als das Notwendigste leisten wollte, wäre das eine freiwillige Leistung und müsste aus allgemeinen Haushaltsmitteln finanziert werden“, heißt es im Rathaus.