Essen. Der Ärger über die Leistungen des Essener Jobcenters für Hartz-IV-Empfänger schwillt zum Jahresende an: Langzeitarbeitslose, die sich neu beim Jobcenter melden müssen, warten derzeit bis zu zwei Monate auf ihr Geld.

Einige müssen sogar mit speziellen Lebensmittelgutscheinen der Behörde die Zeit bis zur Geldauszahlung überbrücken, um nicht plötzlich ohne Essen da zu stehen.

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Von DerWesten

Schuld daran haben nach Angaben der Job-Center-Leitung eine kürzlich gestartete Neuorganisation der Jobcenter und die deutliche Zunahme an neuen Langzeitarbeitslosen durch die anhaltende Wirtschaftskrise. Zähneknirschend räumt der 59-jährige Noch-Geschäftsführer Udo Müller, der im Januar zur Arbeitsagentur Duisburg wechseln wird, ein: „Nicht nur in Einzelfällen müssen Neukunden seit unserer Umstrukturierung leider länger als die von uns als Zielmarke vorgesehenen drei Wochen warten, bis ihr Antrag bewilligt ist.“

Dabei sollte die zum 1. Oktober verwirklichte Zentralisierung von allen Dienstleistungen für neue Langzeitarbeitslose im Jobcenter Berliner Platz alles besser machen: Wer nach einem Jahr Arbeitslosigkeit von der Arbeitsagentur ins Jobcenter wechseln muss, sollte eigentlich schneller als bei der früheren dezentralen Antragsaufnahme in den Jobcenter-Filialen sein Geld erhalten und eine neue Arbeitsmöglichkeit angeboten bekommen.

Diese Reform ging nach hinten los, dies zeigt beispielsweise ein herausgegriffener Fall aus der Essener Praxis: Ein Langzeitarbeitsloser stellte am 3. Dezember seinen Antrag; bei einem Termin eine Woche später wurde von einem Sachbearbeiter festgestellt, dass dieser Antrag vollständig ist.

„Wir haben zu wenige Leute“

Dies bedeutet allerdings nicht, dass Geld gezahlt wird: Erst gibt es ein Jobvermittlungsgespräch, das am gestrigen 17. Dezember terminiert war. Der Teamleiter schätzt, dass der Antrag dann am 11. Januar 2010 bewilligt werden kann. Bis zur Auszahlung des Geldes vergeht nach Erfahrung von Arbeitslosen dann noch einmal eine Woche. „Das ist hier so normal“, beschied ein Teamleiter einen Hartz-IV-Empfänger kurz und bündig. „Wir haben zu wenige Leute.“

Das hat auch die Jobcenter-Führung nach den ersten Wochen der Neuerung erkannt. Aufgrund früherer Erfahrungen waren dem zentralen Jobcenter Berliner Platz zur Bewilligung der Geldleistungen nach Angaben von Müller 13 Stellen zugewiesen.

Obwohl sich schnell herausgestellt habe, dass dieser Personalschlüssel für eine zeitnahe Antragsbearbeitung zu gering sei, könnten durch Personal-Vorschriften erst ab 6. Januar vier zusätzliche Vollzeitkräfte eingesetzt werden, erklärt Müller. Damit hofft der Geschäftsführer das amtsinterne Ziel, bei Vorliegen eines kompletten Antrags bis zu dessen Bewilligung nur 15 Arbeitstage vergehen zu lassen, erfüllen zu können.

Trotz der derzeitigen erheblichen Alltagsprobleme für die betroffenen Langzeitarbeitslosen, die viele Wochen ohne Geld überbrücken müssen, hat das Jobcenter nach Auskunft von Müller keine Möglichkeit, schon einmal vorab einen Abschlag auszuzahlen.

Denn erst nach der genauen Prüfung des Antrags auf Bedürftigkeit des Betroffenen sei klar, ob derjenige ein paar hundert Euro im Monat oder nur 5 Euro erhalte. In Notfällen könnten aber Lebensmittelgutscheine herausgegeben werden. Betroffene kritisieren, dass es für sie sehr peinlich sei, beim Einkauf in der Öffentlichkeit als bedürftiger Arbeitsloser da zu stehen.