Essen. .
Der Himmel fährt Achterbahn: Schwüle Hitze und heftige Unwetter liefern sich ein Duell. Kaum eine Behörde ist in diesen Tagen so gefragt wie der Deutsche Wetterdienst in Essen. DerWesten schaute hinter die Kulissen.
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Die Rotorenblätter des kleinen Ventilators in der Ecke schaffen kaum Abkühlung im Büro von Franz Josef Molé. Doch auch ein Diplom-Meteorologe ist nicht vor der sommerlichen Hitze gefeit. Einen Unterschied zum normal schwitzenden Mensch gibt es aber – Molé weiß schon Tage vorher, wann er sich auf die nächste Hitzewelle einstellen kann.
Seit Ende des Zweiten Weltkrieges ist Essen die „Wetterküche“ für NRW. Neben der Vorhersage macht die Klima- und Umweltberatung ein Gros der Arbeit aus. Versteckt in den Feldern hinter Bredeney sind rund 70 Mitarbeiter täglich damit beschäftigt, den Himmel der nächsten Tage zu entschlüsseln. Rund um die Uhr laufen in den Hochleistungsrechnern Messdaten aus aller Welt ein, um eine möglichst genaue Wetter-Prognose für die Region liefern zu können. Zwei Mal am Tag steigt der mit Sensoren ausgestattete Wetterballon von Essen aus in bis zu 30 Kilometer Höhe. Die Prognose wird dank modernster Technik und immer leistungsfähigeren Rechnern zwar immer präziser. „Wir haben zwar mittlerweile eine Trefferquote von 90 Prozent für den Folgetag. Eine exakte Vorhersage wird es aber niemals geben“, räumt Molé ein. Grund ist die Chaostheorie. Wie der berühmte Flügelschlag eines Schmetterlings beeinflussen schlichtweg zu viele Faktoren das Wetter.
„Ich liebe knackig kalte Januar- oder richtig heiße Juli-Tage“
Dennoch ein Muster aus den Zahlen und Daten zu erkennen, macht für Molé die Faszination seines Jobs aus. „Ich liebe knackig kalte Januar- oder richtig heiße Juli-Tage“, sagt er fast mit der Begeisterung eines Kindes. Ähnlich geht es Guido Halbig, Leiter der regionalen Klima- und Umweltberatung. „Das Wetter interessiert einen immer. Wenn ich Bekannte treffe ist das wie bei einem Arzt, der mal kurz nach dem Rechten schauen soll. Natürlich werde ich immer gefragt, wie das Wetter wird“, sagt Halbig. Dabei ist der DWD nur begrenzt für Privatleute da, die wissen wollen, ob sie den Grill aufstellen können.
Haupt-Abnehmer der Niederlassung in Essen, die eine von bundesweit sechs Einrichtungen des DWD ist, sind vielmehr Katastrophenstäbe wie die Feuerwehr. „Beim Public Viewing am Baldeneysee zum Beispiel haben wir eng kooperiert. Die Feuerwehrleute erfahren immer als erstes, wo die Welt untergeht“, sagt Molé.
Das für ihn und seinen Kollegen Halbig denkwürdigste Erlebnis war die Kyrill-Nacht 2007. „Ich hatte Nachtdienst. Schon auf dem Weg zur Arbeit lagen die Bäume auf der A52. Das gibt einem schon zu denken. Am Ende war die Feuerwehr dankbar, als wir Entwarnung gaben und die Einsatzkräfte gefahrenfrei mit den Räumungsarbeiten beginnen konnten“, erinnert sich Molé.
„Kyrill ist ein Anzeichen dafür, wie sich unser Klima verändert“
„Kyrill ist ein Anzeichen dafür, wie sich unser Klima verändert. In hundert Jahren ist die Durchschnittstemperatur um ein Grad gestiegen. Und die Erwärmung geht weiter“, sagt Halbig. Er und seine Abteilung sind auch dafür zuständig, die Städte klimatechnisch zu beraten. In einem Pilotprojekt mit der Stadt Köln etwa wird in Kooperation mit dem Gesundheitsamt nach idealen Standorten für Altenheime gesucht. Außerdem berät Halbig Land- und Forstwirte, welche Pflanzen auch in Zukunft angebaut werden können.
Auch große Konzerne setzen auf die Dienste der Essener. „Unternehmen können Millionen versenken, wenn bei bestimmten Investitionsvorhaben das Wetter nicht passt, etwa, wenn ein Baukran bestellt wurde“, sagt Molé. Sogar ein Dankesschreiben des Bundespräsidialamtes flatterte bereits in den Briefkasten des DWD – weil die Meteorologen den Sonnenschein beim Sommerfest des Bundespräsidenten in Bonn so präzise vorausgesagt hatten. „Den kuriosesten Anruf habe ich aber von einem Veranstalter bekommen, der einen Papstbesuch organisiert hat und wissen wollte, an welcher Stelle ein Blitzeinschlag am unwahrscheinlichsten ist“, sagt Molé und lacht.