Essen. Noch ist die „Giftliste” des neuen Essener Stadtkämmerers Lars Martin Klieve für den notwendigen Sparkurs der Stadt öffentlich nicht bekannt, doch Wirtschaftskreise und Finanzexperten befürchten bereits deutliche Steuererhöhungen zu Lasten aller Bürger und Unternehmen in der Stadt.
Das für 2010 prognostizierte Finanzloch von rund 20 Prozent der jährlichen Zwei-Milliarden-Ausgaben der Stadt, rund 400 Millionen Euro, ist nach Auffassung von kommunalpolitischen Fachleuten nicht allein durch massive Ausgabenkürzungen zu verringern. Man müsse dafür auch die Einnahmen für die Stadt erhöhen, heißt es.
Dabei gerät neben der Preisanhebung für Dienstleistungen der Stadt, wie etwa die Verteuerung von Opern- und Theaterkarten, auch eine Erhöhung der Gemeindesteuern in den Blick. Und davon gibt es im Grund nur vier: Die Gewerbesteuern für Unternehmer, die Grundsteuer für Hauseigentümer, die Vergnügungssteuer für Discos und Spielhallen sowie die Hundesteuer.
Der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Essen, Gerald Püchel, wendet sich schon einmal vorsorglich gegen jede Erhöhung der Gewerbesteuern. „Die Stadt Essen liegt mit ihren Hebesätzen schon an der Spitze; wenn man die Gewerbesteuern erhöht, dann drohen Unternehmen abzuwandern”, sagt Püchel.
Dies sei heutzutage für viele Unternehmen recht einfach, da sie für ihre Zentralen in Essen oft nur Gebäude angemietet und nicht gekauft hätten. In dieser Lage sei ein Mietvertrag in einer anderen Stadt schnell neu abgeschlossen - und Essen hätte dann wieder einen Gewerbesteuerzahler weniger.
Die Grundsteuer für Hauseigentümer hat die Stadt zwar seit 2002 nicht mehr angehoben, aber der Hauseigentümer-Verband „Haus&Grund” weist daraufhin, dass Essen mit einem Satz von 510 Prozent am oberen Ende der Nachbarstädte liege. Nur Oberhausen ist mit 530 Prozent teurer, Düsseldorf mit 440 Prozent deutlich billiger.
„Eine Anhebung der Grundsteuer würde alle Essener finanziell treffen, denn die Grundsteuer kann als Betriebskosten auf die Miete umgelegt werden”, wendet sich Werner Weskamp, Geschäftsführer des Essener Hauseigentümervereins, gegen eine Erhöhung. Die Belastung von Eigentümern durch neue Gesetze, wie die Dichtigkeitsprüfung von Rohren sowie die Erhöhung der Energie-Effizienz, sei bereits enorm hoch.
In den aktuellen Koalitionsgesprächen mit der SPD dringen die Grünen jedenfalls darauf, konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung der erheblichen Finanznot festzulegen.